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Management
A. WitteKann der Versandhandel die Ertragskraft Ihre
Weniger attraktiv als erhofft
Beim Aufbau neuer Geschäftsfelder sollten prinzipiell Wirtschaftlichkeitsüberlegungen im Vordergrund stehen, auch für Apotheken. Diese verfügen aufgrund ihrer Unternehmensstruktur und der gegenwärtigen Preisspannen kaum über finanzielle Reserven, um sich für längere Zeit unrentable Geschäftsfelder zu leisten.
Das heißt, wenn Sie als Apotheker in den Versandhandel einsteigen wollen, dann muss er relativ schnell die Kosten decken und einen entsprechenden Ertrag einbringen. Das Ziel sollte sein, den Versandhandel als rentables Profitcenter innerhalb der Unternehmung Apotheke zu betreiben.
Wer das Neuland Versandhandel betritt, muss neben den direkten Vorschriften zum Versand vor allem die Preisbildung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln beachten. Die Erträge bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wurden durch das Kombimodell weitgehend vom Einkaufspreis abgekoppelt.
Dadurch dürfte der Versandhandel für den Apotheker weniger attraktiv sein, als vom Gesetzgeber erhofft. Mit drei Prozent Aufschlag auf den Taxeinkaufspreis und einem Festzuschlag im GKV-Bereich von effektiv Euro 6,38 (netto) dürfte die zwingend notwendige Rentabilität nur mit großen Mengen zu erreichen sein.
Nachfolgend werden wir exemplarisch wesentliche betriebswirtschaftliche Kriterien des neuen Vertriebsweges beleuchten. Bitte beachten Sie, dass einige Detailanforderungen an den Versandhandel noch nicht bekannt sind und sich noch auf die Kalkulation auswirken könnten.
Hohes Investitionsvolumen
Grundsätzlich kann die Wirtschaftlichkeit des Versandhandels nur aufgrund einer komplexen Rechnung beurteilt werden. Es geht hier nicht nur um die Mehrkosten für das Verpacken, Versenden und Zustellen der Arzneimittel. In die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind also nicht nur Porto- und Verpackungskosten einzubeziehen. Aus diversen Untersuchungen geht aber hervor, dass diese beiden Kostenarten etwa die Hälfte der durch den Versandhandel entstehenden Gesamtkosten ausmachen. Das soll für die überschlägige Kalkulation eine Orientierungsgröße sein. Apotheken haben wegen der Vorschriften des Arzneimittel- und Apothekenrechts vergleichsweise hohe laufende Kosten, insbesondere Personalkosten. Auch bei Neugründungen ist das Investitionsvolumen überdurchschnittlich hoch. Das dürfte auch für den Versandhandel relevant sein, sodass Mindestumsatz, Aufwand und Ertrag mitbestimmt werden von den konkreten Versandvorschriften, die teilweise allerdings noch per Rechtsverordnung vom Gesetzgeber definiert werden müssen.
Sicher ist, dass der mit dem Pharmaversand befasste Apotheker ein Qualitätssicherungssystem und weitere vom Gesetzgeber definierte Voraussetzungen schaffen muss, die auch für diesen Vertriebsweg Arzneimittelsicherheit, Verbraucherschutz und schnelle Verfügbarkeit der Arzneimittel gewährleisten. Unter anderem gehören dazu:
- die Beratung durch pharmazeutisches Personal,
- die Gewährleistung der Information über Risiken und Nebenwirkungen,
- die Zustellung innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Bestellung,
- die Fähigkeit zur kostenfreien Zweitzustellung,
- die Schaffung eines Systems der Sendungsverfolgung (Tracking).
Definieren Sie Ihre Zielgruppe
Kern Ihrer Kalkulation sollte die Gegenüberstellung des notwendigen und des realistisch erreichbaren Umsatzes sein. Der Versandhandel wird nach derzeitigem Stand nur mit einer konsequenten Mengenstrategie erfolgreich sein: Wegen des Festzuschlages müssen Sie eine große Menge an Arzneimitteln verschicken und können sich nicht auf wenige hochpreisige Produkte konzentrieren. Um Ihren zu erwartenden Umsatz planen zu können, sollten Sie zunächst Ihr Zielsegment, also die Kunden, die Sie erreichen wollen, definieren. Voraussetzung dafür ist die intensive Auseinandersetzung mit den Mechanismen des Pharmamarktes. Diese beginnt mit der Analyse der Indikationsgruppen nach ihrer so genannten Versandfähigkeit. Zunächst sollten Sie also analysieren, welche Indikationen sich für den Versand eignen und wie groß das jeweilige Marktsegment ist. Danach können Sie Zielgruppen und damit Umsatzpotenziale ableiten.
Welche Kunden eignen sich?
Erfahrungen im Ausland zeigen, dass sich vor allem mittel- und langfristige Medikationen für den Versand anbieten. Das sind zum Beispiel Antidiabetika, Antihypertonika, Antiepileptika oder verschiedene Hormone. Bei Medikationen, die keiner akuten Dringlichkeit unterliegen, ist die Nachfrage leichter planbar und meist haben Sie es mit gut informierten Kunden zu tun. Speziell für Menschen in ländlichen Gebieten ist der Versand wegen der gesparten Wege eine interessante Bezugsquelle.
In der Vergangenheit entfiel etwa die Hälfte des GKV-Umsatzes auf die Verordnung langfristiger Medikationen. Dieser Teil ist als grundsätzlich versandfähig einzustufen. Der Versandhandel sollte also auf Dauermedikationen und auf den Chronikermarkt zugeschnitten werden, idealerweise in eher ländlichen Gegenden. Patienten mit Akuterkrankungen können über den Versandhandel meist nicht schnell und zu vertretbaren Kosten versorgt werden.
Für die Tragfähigkeit des Versandhandels sind neben der Umsatzseite vor allem die Kosten entscheidend. Der Rohertrag muss die entstehenden Kosten decken und darüber hinaus einen Ertrag sichern. Diese Forderung gilt bereits für den Versand jeder einzelnen Packung. Welche Kosten fallen in Verbindung mit dem Versandhandel an? Das beginnt bei den Aufwendungen für den Internetauftritt und geht über die zuzuordnenden Investitionen (Einrichtung, Computer, Telefon, Internet) und die Raum-, Personal- und Werbekosten bis hin zu den Verpackungs- und Versandkosten.
Hochpreisige Medikamente bleiben interessant
Das größte Potenzial für den Versandhandel liegt, wie oben erklärt, bei den Dauermedikationen, also im Verordnungsmarkt bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Bedingt durch das Kombimodell steht im Wesentlichen der Festzuschlag als Rohertrag zur Verfügung. Im GKV-Bereich sind das 6,38 Euro und im PKV-Bereich 8,10 Euro. Nach wie vor besteht aber, auch wenn das oft bestritten wird, ein Interesse an hochpreisigen Verordnungen. Bei einem Artikel mit einem Taxeinkaufspreis in Höhe von 10 Euro wird aufgrund des dreiprozentigen Aufschlages zusätzlich zu dem o. g. Rohertrag aus dem Festzuschlag ein weiterer Rohertrag in Höhe von 0,30 Euro realisiert.
Bei einem Artikel mit einem Einkaufspreis von 50 Euro sind es 1,50 Euro, bei 100 Euro ergeben sich 3,00 Euro und bei 500 Euro beträgt der Rohertragzuwachs bereits 15 Euro. Dadurch werden bei einem Artikel mit einem Einkaufspreis von 120 Euro die Versandkosten durch den banal klingenden Aufschlag i. H. von 3% abgedeckt. Noch interessanter wird die Konstellation, wenn in einer Warensendung mehrere Artikel/Packungen verschickt werden. Durch diese Überlegungen wird klar, dass vor allem das Zielsegment der Chroniker für den Versand interessant ist, denn in der Regel liegen dort Hochpreisigkeit und Mehrfachverordnungen vor. Hinzu kommt bei der Betrachtung des Rohertrags, dass alle bisherigen Überlegungen von den Taxeinkaufspreisen ausgingen. Eine Apotheke generiert ihren Rohertrag aber nicht nur aus der Differenz von Taxein- und -verkaufspreisen. Schon in der Vergangenheit waren Einkaufsvorteile (Rabatte, Boni, Skonti) für Apotheken zwingend notwendig.
Zwar ist der Spielraum für Einkaufsvorteile wegen der durch den Gesetzgeber erheblich reduzierten Großhandelsspannen wesentlich geringer geworden. Individuelle Rabatte und Einkaufskonditionen wird es aber, wenn auch auf niedrigerem Niveau, immer geben, sie gehören zum Instrumentarium der Kundenbindung und des Wettbewerbs. Ein auf Mengenstrategie setzender erfolgreicher Versandhandel verfügt aufgrund seiner Größenordnung über sehr gute Voraussetzungen für optimale Einkaufskonditionen (meist im Skontobereich), sodass dadurch weitere Potenziale für einen höheren Rohertrag erschlossen werden. Außerdem ist das auf Quantität orientierte Konzept des Versandhandels eine gute Ausgangsbasis, um insbesondere im Bereich der Generika weitere Rohertragspotenziale durch Naturalrabatte von Herstellern zu erschließen.
Vorteil bei Personalkosten
Um festzustellen, welche Einnahmen nötig sind, um eine Versandapotheke rentabel zu gestalten, wollen wir nun die anfallenden Kosten betrachten. Über die Höhe der zu kalkulierenden Personalkosten entscheiden die gesetzlich bestimmten personellen Voraussetzungen. Hierzu gehört qualifiziertes Fachpersonal für Informations- und Beratungsangebote und ein approbierter Apotheker, um die Endkontrolle zu gewährleisten.
Der Vorteil beim Versandhandel ist, dass mit dem Wegfall der face-to-face-Interaktion zwischen Apotheke und Patient veränderte Ablaufstrukturen entstehen, die die personelle Trennung der Warenbewegung (wie Verpacken und Verschicken der Warensendungen) und der Nebenprozesse (wie Tracking, Rechnungslegung und Debitorenbuchhaltung) von den pharmazeutischen Tätigkeiten (Prüfung der Verordnung, Endkontrolle) ermöglichen.
Das führt gegenüber der öffentlichen Apotheke zu günstigeren Personalstrukturen, zu höherer Arbeitsintensität und damit zu niedrigeren Personalkosten. Erfahrungen von Versandapotheken aus dem Ausland belegen, dass im Versandhandelsbereich eine Mitarbeiterstruktur im Verhältnis etwa eins zu drei möglich ist. Das heißt: Auf eine Apothekerstunde entfallen etwa drei Stunden Arbeitszeit anderer Mitarbeiter (PTA, PKA, Lagerarbeiter usw.).
Handlingkosten im Personalbereich: Mehr Inhalt ist günstiger
Für die Quantifizierung der Handlingkosten, die man zu den so genannten Logistikkosten zählt, liegen erste Arbeitszeitstudien vor. Sie haben ergeben, dass für eine Warensendung mit einem Arzneimittel etwa zwei Minuten benötigt werden. Dabei hängt der konkrete Zeitbedarf im Einzelnen von den räumlichen Bedingungen, von den zur Verfügung stehenden Arbeitsmitteln und vom Niveau der Arbeitsorganisation ab.
Da die Handlingkosten nicht proportional ansteigen, sollte Ihr Interesse an Warensendungen mit Vielfachverordnungen etwa an Chroniker groß sein. Eine Reduzierung der Aufwendungen für das Zusammenstellen der Warensendung und das Verpacken ist möglich, wenn arbeitsteilig PKA und Hilfskräfte zum Einsatz kommen. Standardisierte wiederkehrende Arbeitsabläufe ermöglichen eine höhere Produktivität.
Dadurch sind zum Teil um 10% niedrigere Handlingkosten je Warensendung möglich. Bestenfalls fallen demnach beispielsweise bei einer Warensendung mit zwei Arzneimitteln Handlingkosten in Höhe von nur 0,46 Euro an.
Weitere Aufwendungen für pharmazeutisches Personal
Beim Arzneimittelversand entstehen weitere Aufwendungen für nichtpharmazeutisches Personal im Zusammenhang mit der Datenerfassung, der Warenwirtschaft, der Versandvorbereitung, mit der Umsetzung des Trackings und vor allem im Zusammenhang mit der Rechnungslegung und der Überwachung des Zahlungsverkehrs (der so genannten Debitorenbuchhaltung).
Außerdem wird pharmazeutisches Personal für die Rezeptkontrolle, die Überprüfung der Verordnung, für die Kontrolle der zusammengestellten Warensendung und für die Telefonberatung benötigt. Da der Versandhandel aus einer öffentlichen Apotheke heraus vorgenommen wird, gehen wir bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zu Beginn des Versandhandels davon aus, dass die Nutzung des pharmazeutischen Personals im Wesentlichen aus der Präsenzapotheke heraus erfolgt. Außerdem entsteht Arbeitszeitbedarf im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Reklamationen, mit der Pflege der Kundendatei, der Umsetzung der geforderten Information, der Telefonberatung außerhalb der üblichen Geschäftszeiten der Apotheke oder auch im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen wie beispielsweise Mailings oder Internet-Marketing.
Für die insgesamt zusätzlich anfallenden Tätigkeiten unterstellen wir, dass zunächst zwei "Minijobkräfte" (Apotheker, PTA) und damit weitere Personalkosten in Höhe von rd. 12 TEuro notwendig sind.
Preisaufschlag deckt Lieferkosten
Die Aufwendungen für Verpackung und Versand sind aufgrund ihrer Größenordnung sehr wesentlich. Erfahrungsgemäß machen sie etwa die Hälfte der Gesamtkosten des Versandhandels aus. Die Höhe der Verpackungs- und Versandkosten (Lieferkosten) ist abhängig vom ausliefernden Unternehmen.
In der Praxis wird anhand diverser Beispiele deutlich, dass Transportserviceunternehmen bei entsprechender Größenordnung des Versandhandels und vertraglicher Bindung die Auslieferung zum Teil erheblich günstiger als die Post realisieren. Hinzu kommt, dass die Versandkosten bei Transportserviceunternehmen - zumindest gegenwärtig - kostenfreie Mehrfachzustellungen einschließen. Im Durchschnitt liegen die Versandkosten je Paket zwischen 3,00 Euro und 3,40 Euro. In Einzelfällen sind sogar Beträge deutlich unter 3 Euro anzutreffen.
Für die Verpackung (Karton, Klebeband, Füllmaterial, Adressaufkleber usw.) sind je nach Größe der Warensendung im Durchschnitt 0,18 bis 0,25 Euro anzusetzen, sodass für Versand- und Verpackungskosten maximal 3,60 Euro einzukalkulieren sind. Damit deckt bei Arzneimitteln ab einem Einkaufspreis von 120 Euro der oben beschriebene Preisaufschlag in Höhe von 3% die Versandkosten voll.
Günstige Räume mieten
Vorteilhaft für den Versandhandel ist, dass einfache Räume mit niedrigerem Mietzins etwa im Hinterhaus, in Rand- oder Nebenlagen oder Gewerbegebieten genutzt werden können, da in den dafür vorgesehenen Räumen kein Kundenkontakt stattfindet. Das führt gegenüber den Räumen der öffentlichen Apotheke zu wesentlich günstigeren Raumkosten und niedrigeren Aufwendungen für die Einrichtung.
Diese Überlegungen spielen beim Aufbau eines professionellen Versandhandels in größerem Stil eine erhebliche Rolle. Im Einzelfall sind sie konkret zu bestimmen und in die Rentabilitätsplanung für das Profitcenter "Versand" einzustellen. Soll der Versandhandel aus den Räumen der eigenen Apotheke heraus erfolgen, werden die Raumkosten nicht separat in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen. Dieser Weg ist vor allem zu empfehlen, wenn die Räume ohnehin vorhanden und von der Apotheke nicht abtrennbar und vermietbar sind.
In der Anfangsphase des Versandhandels gehen wir davon aus, dass Ausgaben für einen separaten Computer- und Telefonberatungsplatz, für Regale und für Arbeitsmittel und innerbetriebliche Transportmittel anfallen. Diese Aufwendungen werden in Form von Abschreibungen in Höhe von 2 TEuro pro Jahr bei der Kalkulation des Versandhandels berücksichtigt. Im Zusammenhang mit Investitionen sind eventuell auch Finanzierungskosten anzusetzen. Hierauf wird zunächst aufgrund des geringen Umfanges verzichtet.
Sonstige Kosten
Bezieht man außerdem sonstige Kosten z. B. für den Aufbau des geforderten Qualitätssicherungssystems, für die Hompage, das Tracking (gesamt rd. 2 TEuro p.a.) die Pflege des eigenen Shops (rd. 1,8 TEuro p.a.), die Werbung (rd. 5 TEuro p.a.), das Büromaterial (rd. 1 TEuro p.a.), das Telefon (rd. 1,8 TEuro p.a.) ein, wird deutlich, welche Größenordnung ein rentabler Versandhandel annehmen muss.
In der Anfangsphase, in der der Versandhandel quasi "nebenbei" aus der öffentlichen Apotheke heraus erfolgt, dürften ausgehend von den oben angenommenen Größenordnungen als sonstige Kosten Aufwendungen in Höhe von etwa 12 TEuro jährlich anfallen.
Rohertrag und Zwischenergebnis
Ausgehend von den oben genannten Aufwendungen können wir nun feststellen, wie viel Warensendungen jährlich mindestens notwendig sind. Als guter Kaufmann will unser exemplarischer Apotheker einen zusätzlichen Ertrag in Höhe von 10 TEuro pro Jahr erwirtschaften. Damit stellt sich die Situation und die Vorgehensweise wie folgt dar:
Zunächst sind die je nach Umfang der Warensendung definierten Kosten (Logistikkosten: Handling-, Verpackungs- und Versandkosten) zu ermitteln. Da für den Versandhandel insbesondere der Chroniker- und Dauermedikationsmarkt interessant ist, wird die Rentabilitätsbetrachtung im Wesentlichen am Rohertrag festgemacht, der sich aus der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherungen generiert. Der Rohertrag in unten stehender Tabelle wurde ermittelt auf der Basis eines Apothekeneinkaufspreises je Arzneimittel in Höhe von 10 Euro.
Zwischenergebnis bei Apothekeneinkaufspreis von 10 Euro
In unserem Exempel entstünden für den "kleinen" Versandhandel direkt aus der öffentlichen Apotheke jährlich folgende zusätzliche Kosten:
Personalkosten (pharmazeutisches Personal): 12 000 Euro Abschreibungen: 2 000 Euro Sonstige Kosten: 12 000 Euro Summe: 26 000 Euro
Somit muss die Apotheke mindestens 2697 Warensendungen mit je zwei Arzneimittelpackungen zu je 10 Euro ausliefern, um kostendeckend zu arbeiten. Plant sie darüber hinaus noch einen Ertrag in Höhe von mindestens 10 TEuro, dann erhöht sich die Anzahl der notwendigen Warensendungen auf 3735 pro Jahr. Das sind im Durchschnitt bei 250 Arbeitstagen im Jahr etwa 15 Warensendungen täglich. Bei dem für die Arzneimittel oben angegebenen Preisniveau entspricht das einem GKV-Rezeptumsatz je Warensendung von 33,36 Euro (netto; brutto = 38,69 Euro) und einem GKV-Jahresumsatz aus Versandhandel in Höhe von rd. 125 TEuro (netto). Die Umsatzrendite läge bei etwa 8%.
Professionalisierung: Chancen und Risiken
Die Anforderungen an den Umfang des Versandhandels steigen erheblich, wenn Raumkosten, mehr Personal, höhere Werbekosten und andere Ausgaben zu berücksichtigen sind; das wird anhand nachfolgender Überlegungen deutlich. Die Einbeziehung von Aufwendungen (Miete und Nebenkosten) für separat angemietete Räume beispielsweise in Höhe von 15 TEuro, für weitere Personalkosten (eine Vollzeitkraft PTA) in Höhe von 28 TEuro, für um 3 TEuro höhere Abschreibungen und für 10 TEuro mehr sonstige Kosten erfordert einen weitaus höheren Versandhandelsumfang.
Außerdem geht man dann in diesem Falle auch von einer beispielsweise um 10 TEuro erhöhten Ertragserwartung aus. Das heißt, es ist ein um 66 TEuro erhöhter Rohertrag notwendig, der im Jahr rund 6850 Warensendungen mehr erfordert. Damit erhöht sich unter den oben getroffenen Annahmen die Zahl der durchschnittlich je Arbeitstag notwendigen Warensendungen um 27 auf insgesamt 42.
Durch die Professionalisierung des Versandhandels können Rationalisierungseffekte im Kostenbereich, z. B. bei den Logistikkosten freigesetzt werden, sodass aufgrund der Masse durch niedrigere Kosten je Packungseinheit ein höherer Rohertrag zur Verfügung steht. Außerdem kann man davon ausgehen, dass ein Versandkunde, wenn er den Vertriebsweg Versand einmal akzeptiert hat, zum Teil non Rx-Arzneimittel, also Produkte aus dem Apotheken-Shop, dazu bestellt, was ebenfalls zu einer Erhöhung des zur Verfügung stehenden Rohertrages führt. Hinzu kommt, dass Chroniker zum Teil diverse Sekundärerkrankungen haben.
Das spricht dafür, dass nicht nur ein Rezept mit einem Arzneimittel geordert wird. Vor allem in den letztgenannten Bereichen liegen die Erfolgschancen des professionellen Versandhandels, der als Profitcenter aus einer öffentlichen Apotheke heraus engagiert geführt wird. Der Apotheker muss es allerdings verstehen, die Erfolgschancen für sich zu erschließen. Die obigen Berechnungen sollen ein Anhaltspunkt für eigene individuelle Analysen sein, die im Ergebnis vom vorgestellten Zahlenmaterial abweichen können.
Das Gesundheitsreformgesetz (GMG) soll ein wahres Zauberwerk sein: Unsere Gesundheitsversorgung werde gesichert, während mehr Wettbewerb weniger Kosten und gleichzeitig mehr Qualität bringe, will man Ministerin Ulla Schmidt Glauben schenken. Für die Apotheken dürfte das neue Gesetz vor allem weniger Erträge bringen, wenn sie ihr Geschäft nicht an die neuen Gegebenheiten anpassen. Ob sich vor diesem Hintergrund der Einstieg in den Versandhandel für Sie als Apotheker lohnt, das zeigt dieser Artikel mit einer exemplarischen Kalkulation.
Europarecht und Versandhandel
Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil vom Dezember 2003 die Position vertreten, dass ein Versandhandels- und Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel mit geltendem Europarecht in Einklang steht.
In Deutschland war allerdings im Herbst 2003 mit der Änderung des Arzneimittelgesetzes durch das GMG der Versandhandel für Arzneimittel in Deutschland generell, das heißt für alle Arzneimittel, zugelassen worden, sodass obige Einschränkung in Deutschland nicht zum Tragen kommt.
Dem besonderen Charakter des Arzneimittels wurde im deutschen GMG insofern Rechnung getragen, dass der Versand von Arzneimitteln in Deutschland nur aus einer öffentlichen Apotheke heraus erfolgen darf. Dafür bedarf es einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung, die entsprechende qualitative Kriterien voraussetzt (vgl. § 11a und b ApoG; § 17 ApoBetrO).
Instrumente zur Absatzförderung
Erlaubt sind:
- Einbindung in Netzwerke oder Kooperationen
- Werbung (Flyer, Mailings, Anzeigen, Radio, TV)
- Internet-Marketing (Platzierung in Suchmaschinen, Bannerwerbung) Nicht erlaubt sind:
- Absprachen mit Ärzten oder anderen Heilberuflern (Rezeptzuführung)
- Absprachen mit bestimmten Krankenkassen
- Verzicht, auch anteilig, auf die Versicherten-Zuzahlungen
Achtung beim Botendienst
Versandhandel ist nicht nur gleichzusetzen mit dem Verschicken von Arzneimitteln via Paket. Ein permanent angebotener Botendienst wird vom Prinzip her wie Versandhandel betrachtet. Das heißt, auch diese "Botendienst-Apotheke" braucht eine Versanderlaubnis und muss demnach über die gleichen Voraussetzungen wie der reine Versandhandel verfügen.
Personalbedarf am Abend
Bei der Personalplanung sollten Sie davon ausgehen, dass Beratungs- und Informationsbedarf bei Versandkunden häufig erst zu späterer Tageszeit oder in den Abendstunden entsteht.
Ein hoher Preis bleibt wichtig
Bei einem höheren Einkaufspreis ergeben sich völlig andere Werte für das Zwischenergebnis. Hier könnten Sie beispielsweise mit einem Excel-Arbeitsblatt in Ihrem Computer feststellen, welche Auswirkungen welche Einkaufspreise haben. Aus der Differenz von Rohertrag und Logistikkosten je Warensendung ergibt sich das so genannte Zwischenergebnis, aus dem die weiteren durch den Versandhandel indizierten Kosten, wie z. B. die Aufwendungen für pharmazeutisches Personal, für Abschreibungen, für Gewerbesteuer, für Sonstiges usw. zu finanzieren sind. Dieses Zwischenergebnis sollte zugleich Quelle des Ertrages sein (vgl. Tabelle).
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