GMG und Apotheken

Die Freigabe des begrenzten Mehrbesitzes

Von H. J. Meyer: Am 1. Januar 2004 ist mit der Freigabe des begrenzten Mehrbesitzes für Apotheken eine weitere grundlegende Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die deutschen Apotheken eingetreten. Der Kern der neuen Regelung besteht darin, dass künftig der Inhaber einer Apothekenbetriebserlaubnis zusätzlich zu seiner Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten betreiben darf. Die Regelung durchbricht damit das bisher geltende so genannte "Mehrbesitzverbot", behält aber das "Fremdbesitzverbot" bei. In der heutigen Folge sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen der neuen "Mini-Ketten" erläutert und offene Abgrenzungs- und Interpretationsfragen Ų soweit derzeit möglich Ų aufgeklärt werden.

Die gesetzlichen Regelungen tragen deutliche Zeichen eines politischen Kompromisses. Dem Vernehmen nach wurden die "drei Filialen" als einer der beiden letzten offenen Punkte der Konsensgespräche in einer jener "schöneren Nächte" des Sommers 2003 telefonisch zwischen Bundeskanzler Schröder, Vizekanzler Fischer und CDU-Parteichefin Merkel ausgehandelt.

In den vereinbarten Eckpunkten wurde dementsprechend unter der Überschrift "4.13 Mehrbesitzverbot" festgehalten: "Künftig darf eine Apotheke bis zu drei Nebenstellen haben; das Fremdbesitzverbot bleibt bestehen."

Bisheriges Leitbild: "Der Apotheker in seiner Apotheke"

Allerdings war es nicht ganz einfach, die politisch ausgehandelten Eckpunkte in Gesetzesform zu gießen, weil weder das Mehrbesitz-, noch das Fremdbesitzverbot ausdrücklich im Gesetzestext genannt werden. Vielmehr ergeben sich sowohl das Verbot für Apotheker, mehr als eine Apotheke zu betreiben, als auch das Verbot des Betriebs einer Apotheke durch Nichtapotheker aus dem Zusammenspiel verschiedener Bestimmungen des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz – ApoG) unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung, der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung.

Das bisher geltende Mehrbesitzverbot, juristisch korrekt eigentlich ein "Mehrbetriebsverbot", wird hergeleitet aus

  • der Erlaubnispflicht für den Betrieb einer Apotheke (§ 1 Abs. 2 ApoG a.F.),
  • der höchstpersönlichen und raumgebundenen Natur der Betriebserlaubnis (§ 1 Abs. 3 ApoG),
  • dem Erlöschen der Betriebserlaubnis bei Erteilung einer weiteren Erlaubnis zum Betrieb einer Vollapotheke (§ 3 Nr. 5 ApoG a.F.) und
  • der Verpflichtung des Erlaubnisinhabers zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung (§ 7 ApoG).

Das Fremdbesitzverbot, genauer das "Fremdnutzungsverbot", ergibt sich daraus,

  • dass die zum Betrieb einer Apotheke erforderliche Erlaubnis nur dem Inhaber einer deutschen Approbation als Apotheker oder eines vergleichbaren pharmazeutischen Befähigungsnachweises eines anderen EU-Mitgliedstaates erteilt wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 2 ApoG),
  • dass mehrere Personen zusammen eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben können, wobei alle Gesellschafter der Erlaubnis bedürfen (§ 8 S. 1 ApoG) und
  • dass Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft sowie Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge, unzulässig sind (§ 8 S. 2 ApoG).

Strafe oder Buße bei Verstoß

Bestätigt werden diese Verbote durch die – eng begrenzten – Ausnahmeregelungen des Apothekengesetzes, wie

  • den Betrieb einer Zweigapotheke nur bei einem Notstand in der Arzneimittelversorgung (§ 16 ApoG),
  • die beschränkte Zulässigkeit des Betriebs einer deutschen Apotheke neben einer Apotheke im europäischen Ausland (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 ApoG a.F.),
  • die Zulässigkeit der Verpachtung nur in bestimmten Fällen (§ 9 ApoG),
  • das Recht der Erben, die Apotheke nach dem Tod des Erlaubnisinhabers längstens 12 Monate durch einen angestellten Apotheker verwalten zu lassen (§ 13 ApoG) und
  • den Betrieb einer Krankenhausapotheke durch den Träger eines Krankenhauses (§ 14 ApoG).

Ein Verstoß gegen diese Vorschriften ist teils strafbewehrt (§ 23 ApoG), teils bußgeldbewehrt (§ 25 ApoG), teils mit der Folge zivilrechtlicher Nichtigkeit entgegenstehender Rechtsgeschäfte bedroht (§ 12 ApoG). Das Bundesverfassungsgerichts hat der Gesamtheit dieser Vorschriften das gesetzgeberische Leitbild des "Apothekers in seiner Apotheke" entnommen und sie wegen der damit bezweckten Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und den Besonderheiten der Ware "Arzneimittel" als mit Art. 12 Grundgesetz vereinbare Berufsausübungsregelung qualifiziert (grundlegend: Urteil vom 13. Februar 1964, BVerfGE 17, S. 232).

Artikel 20 und 21 des GKV-Modernisierungsgesetzes setzen die politisch beschlossenen Eckpunkte durch Änderungen bzw. Ergänzungen der §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 4 und 5, 3 Nr. 5, 4 Abs. 2, 7 S. 2, 8 S. 4, 9 Abs. 1 und 25 Abs. 1 Nr. ApoG sowie des § 2 Apothekenbetriebsordnung in geltendes Apothekenrecht um. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Änderungen:

Eine einheitliche Betriebserlaubnis für bis zu vier Apotheken

Nach § 1 Abs. 2 ApoG bedarf künftig, "wer eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will", der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Auch im Falle des Betriebs mehrerer Apotheken wird also nur eine einzige Betriebserlaubnis erteilt und nicht etwa eine zusätzliche Betriebserlaubnis für jede weitere Filialapotheke. § 2 Abs. 4 ApoG spricht ausdrücklich von "der Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken".

Wie bisher handelt es sich um eine höchstpersönliche, raumbezogene Erlaubnis, die nur für den Apotheker, dem sie erteilt ist, und nur für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume gilt (§ 1 Abs. 3 ApoG). Die Erweiterung einer bestehenden Betriebserlaubnis um weitere Apotheken erfordert daher die Ausstellung einer neuen Erlaubnis, in der die Räume der Haupt- und sämtlicher Filialapotheken bezeichnet sind.

Die Betriebserlaubnis wird von der Behörde erteilt, in deren Zuständigkeitsbereich die Hauptapotheke liegt. Liegt die Filialapotheke in einem anderen Zuständigkeitsbereich, so wird die dortige Behörde am Erlaubnisverfahren beteiligt. Die Überwachung der einzelnen Apotheke erfolgt durch die jeweils örtlich zuständige Behörde.

Nach der amtlichen Begründung ist die Eingrenzung auf maximal vier Apotheken notwendig, um dem Betreiber der Apotheken eine persönliche und somit effektive Kontrolle der Filialapotheken zu ermöglichen. Damit soll auch weiterhin die persönliche Verantwortung des Apothekers für seine Apotheken gestützt und die Beeinflussung durch Dritte verhindert werden.

"Kettenbildungen mit unter Umständen wettbewerbspolitisch bedenklichen Situationen" soll vorgebeugt werden. Sollte im Einzelfall eine marktbeherrschende Stellung eines Apothekenverbundes (z. B. in Orten mit nur wenigen Apotheken) vorliegen, so gelte das einschlägige Wettbewerbsrecht.

Dieser Hinweis der amtlichen Begründung bezieht sich nicht auf die Zusammenschlusskontrolle nach §§ 35 ff des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), da diese Vorschriften nur dann Anwendung finden, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsätze von mehr als 500 Mio. Euro und mindestens ein beteiligtes Unternehmen im Inland Umsatzerlöse von mehr als 25 Mio. Euro erzielt haben.

Relevant werden kann jedoch § 19 GWB, der die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen verbietet. Ein Missbrauch liegt zum Beispiel vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen Entgelte (z. B. Preise für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel) oder sonstige Geschäftsbedingungen (z. B. Einkaufsrabatte) fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden.

Hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen. Die zahlenmäßige Eingrenzung des Mehrbesitzes ist nach der amtlichen Begründung auch deshalb berechtigt, "da mit Fremdbesitz von öffentlichen Apotheken in einem Gesundheitssystem wie dem deutschen keine verlässlichen Erfahrungen vorliegen, die im Hinblick auf den Verbraucherschutz, die Arzneimittelsicherheit und die Versorgungssicherheit notwendig sind" (BT-Drs. 15/1525, S. 160).

Der Betreiber muss die apothekenrechtlichen Voraussetzungen auch für sämtliche Filialapotheken erfüllen

Nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 ApoG hängt die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken u. a. davon ab, dass der Antragsteller die Anforderungen des § 2 Abs. 1, 2 und 3 ApoG für jede der beantragten Apotheken erfüllt. Der künftige Betreiber muss demnach zunächst die subjektiven Voraussetzungen einer Betriebserlaubnis in eigener Person erfüllen (Staatsangehörigkeit, Geschäftsfähigkeit, Approbation, Zuverlässigkeit, keine gesundheitliche Ungeeignetheit zur Leitung einer Apotheke).

Die in der amtlichen Begründung aufgestellte These, aufgrund dieser Regelung unterliege der Betreiber in jedem Fall persönlich den Vorschriften, die das Apothekenrecht für Apothekenleiter vorsieht und dürfe deshalb, wenn er persönlich eine Apotheke führe, keiner weiteren beruflichen Tätigkeit nachgehen (BT-Drs. 15/1525, S. 160), ist allerdings missverständlich.

Die Ergebnisniederschrift der Sitzung einer "GMG-Projektgruppe" der Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AATB) am 24. November 2003 stellt dazu zutreffend fest: "Der Erlaubnisinhaber der Apotheken (Haupt- und Filialapotheken) kann Nebentätigkeiten ausüben, sofern sich dadurch keine Beeinträchtigung seiner Haupttätigkeit ergibt." Dies setzt die Prüfung des Einzelfalles voraus, z.B. nach Art, Umfang und vorliegenden Umständen.

Der Antragsteller muss ferner nicht nur für die Haupt- sondern auch für die beantragten Filialapotheken die eidesstattliche Versicherung abgeben, dass er keine Vereinbarungen getroffen hat, die gegen § 8 Satz 2, § 9 Abs. 1, § 10 oder § 11 ApoG verstoßen, . Des weiteren muss er für jede der beantragten Apotheken ggf. die Kauf- oder Pachtverträge sowie auf Verlangen der zuständigen Behörde auch andere Verträge, die mit der Einrichtung und dem Betrieb der Apotheken in Zusammenhang stehen, vorlegen.

Außerdem muss er nachweisen, dass er für alle beantragten Apotheken im Falle der Erteilung der Erlaubnis über die nach § 4 Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Räume verfügen wird. Schließlich muss er mitteilen, ob und ggf. an welchem Ort er in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine oder mehrere Apotheken betreibt.

Auch für die Filialapotheken gilt bei Antragstellern aus anderen EU- bzw. EWR-Staaten, dass sie keine neuen Apotheken gründen, sondern nur bereits seit mindestens drei Jahren betriebene Apotheken übernehmen dürfen (§ 2 Abs. 2 ApoG). Bei einer Unterbrechung der pharmazeutischen Tätigkeit von mehr zwei Jahren lang muss der Antragsteller ferner nachweisen, dass er im letzten Jahr vor der Antragstellung eine solche Tätigkeit mindestens sechs Monate innerhalb des EWR ausgeübt hat (§ 2 Abs. 3 ApoG).

Die amtliche Begründung betont, dass mit der begrenzten Freigabe des Mehrbesitzes weder die Arzneimittelsicherheit noch die Versorgungssicherheit gefährdet würden, da im Sinne der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung und der Interessen der Verbraucher "die Filialapotheken in ihrer Funktion und somit sächlichen und personellen Ausstattung den Anforderungen einer Vollapotheke entsprechen und alle rechtlichen Anforderungen und Pflichten wie eine Vollapotheke erfüllen" müssen (BT-Drs. 15/1525, S. 160)

Die geografische Eingrenzung des Mehrbetriebs

Weitere Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken ist gem. § 2 Abs. 4 Nr. 2 ApoG, dass die von ihm zu betreibende Apotheke und die von ihm zu betreibenden Filialapotheken innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen.

Diese "geografische Eingrenzung" des Mehrbetriebs soll dem Betreiber der Apotheken – wie es in der amtlichen Begründung heißt – eine persönliche und somit effektive Kontrolle der Filialapotheken ermöglichen, die persönliche Verantwortung des Apothekers für seine Apotheken stützen und die Beeinflussung durch Dritte verhindern.

Die Formulierung entspricht den Anforderungen an die Versorgung eines Krankenhauses durch die Apotheke eines anderen Krankenhauses (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 ApoG) oder eine krankenhausversorgende öffentliche Apotheke (§ 14 Abs. 5 Nr. 1 ApoG). Es liegt daher nahe, die in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätze zur funktionalen Abgrenzung des zulässigen Radius heranzuziehen.

"Benachbart" sind danach diejenigen Kreise, die in nicht allzu großer Entfernung, innerhalb eines einheitlichen, eng verflochtenen Wirtschaftsraums liegen und aufgrund der Verkehrsinfrastruktur gut erreichbar sind. Unproblematisch dürfte demnach ein Apothekenverbund immer dann sein, wenn die beteiligten Apotheken in angrenzenden Kreisen oder kreisfreien Städten liegen (Mecking, Neuregelungen beim Mehrbesitz und beim Versandhandel, AWA 01.01.2004, S. 8).

Persönliche Anforderungen an den verantwortlichen Apotheker der Filialapotheke

Für jede weitere Apotheke (Filialapotheke), die der Betreiber zusätzlich zu seiner Hauptapotheke führt, hat er schriftlich einen Apotheker als Verantwortlichen zu benennen, der die Verpflichtungen zu erfüllen hat, die im Apothekengesetz und in der Apothekenbetriebsordnung für Apothekenleiter festgelegt sind (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG).

Soll die Person des Verantwortlichen geändert werden, so ist dies der Behörde von dem Betreiber eine Woche vor der Änderung schriftlich anzuzeigen. Im Falle des § 2 Abs. 4 ApoG, also bei Mehrbetrieb, obliegen dem vom Betreiber benannten Apotheker "die Pflichten entsprechend Satz 1", also die Verpflichtung zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung. Nach § 7 S. 2 2. HS ApoG bleiben die Verpflichtungen des Betreibers "unberührt".

Im Unterschied zu den detaillierten persönlichen Anforderungen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3 ApoG, die das Gesetz sowohl an den Inhaber einer Betriebserlaubnis gem. § 2 ApoG als auch den angestellten Leiter einer Krankenhausapotheke (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 ApoG) stellt, schreiben die neuen Regelungen für den verantwortlichen Leiter einer Filialapotheke nur vor, dass er Apotheker sein muss.

Zwar könnte man unterstellen, dass hier ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vorliegt. Subjektive Berufswahlbeschränkungen, die in den Schutzbereich der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen, setzen jedoch eine gesetzliche Regelung voraus. Zwar folgt aus dem in Art 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes kein Verbot, vorhandene Lücken im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen.

Doch ist es fraglich, ob dies die zuständigen Behörden dazu ermächtigt, § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3 ApoG entsprechend auf den verantwortlichen Apotheker einer Filialapotheke anzuwenden. Eher kommen Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr in Betracht, um die Anforderungen an die verantwortliche Person weiter zu konkretisieren.

In jedem Fall handelt es sich bei der Benennung des verantwortlichen Apothekers für die Filialapotheke oder beim Wechsel der Person um eine bloße Anzeigepflicht des Betreibers, die in der Regel durch schriftliche Angabe des Namens und Nachweis der Approbation bzw. der vorübergehenden Berufserlaubnis erfüllt wird.

Wer dieser Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro bestraft werden (§ 25 Abs. 1 Nr. ApoG). Wie sich aus der Ergebnisniederschrift einer Dienstbesprechung des Sozialministeriums Baden-Württemberg mit den Regierungspräsidien des Landes vom 27. November 2003 (www.lak-bw.de/kammer/recht/dienstbesprechung_sm_2711.pdf) ergibt, vertritt man dort die Auffassung, dass die zuständige Behörde zusätzlich die Vorlage des jeweiligen Vertrages zwischen dem Betreiber der Apotheken (Haupt- und Filialapotheken) und dem verantwortlichen Apotheker der Filialapotheke verlangen kann.

In einem Merkblatt des baden-württembergischen Sozialministeriums zum Mehrbesitz wird um Vorlage einer Kopie des Arbeitsvertrages mit genauer Angabe der wöchentlichen Arbeitszeit gebeten. Die Haltung der Bundesländer ist nach den vorliegenden Informationen insoweit allerdings noch uneinheitlich.

Erlöschen, Rücknahme und Widerruf der Betriebserlaubnis

Nach § 3 ApoG erlischt eine Betriebserlaubnis durch Tod, durch Verzicht, durch Rücknahme oder Widerruf der Approbation als Apotheker, durch Verzicht auf die Approbation oder durch Widerruf der Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 der Bundes-Apothekerordnung. Sie erlischt ferner, wenn ein Jahr lang kein Gebrauch von ihr gemacht worden ist; die zuständige Behörde kann die Frist verlängern, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Nach § 4 ApoG ist die Erlaubnis zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hat. Sie ist zu widerrufen, wenn nachträglich eine der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6 oder 7 weggefallen ist.

Die zitierte Ergebnisniederschrift der AATB-Arbeitsgruppe stellt dazu zutreffend fest, dass – sofern dem Betreiber mehrerer Apotheken (Haupt- und Filialapotheken) Unzuverlässigkeit nachgewiesen wurde – die Erlaubnis für sämtliche Apotheken zu widerrufen sei. Dies ergibt sich aus der Einheitlichkeit der Betriebserlaubnis.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Streichung des bisherigen Erlöschenstatbestandes des § 3 Nr. 5 ApoG. Dieser bestimmte bis zum 31. August 1994, dass die Erlaubnis erlischt, "wenn der Erlaubnisinhaber in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften eine andere Apotheke, die keine Zweigapotheke ist, eröffnet".

Aufgrund der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Verstoßes des Mehrbesitzverbots gegen die in Art. 43 EG-Vertrag verankerte Niederlassungsfreiheit im Dezember 1992 wurde dieser Erlöschenstatbestand durch eine Formulierung ersetzt, nach der die Erlaubnis erlischt, "wenn dem Erlaubnisinhaber im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Erlaubnis zum Betrieb einer anderen Apotheke, die keine Zweigapotheke ist, erteilt wird".

Dadurch wurde Apothekern aus dem EU-Ausland die Möglichkeit der Übernahme einer deutschen Apotheke für den Fall eröffnet, dass diese eine oder mehrere Apotheken in anderen EU-Mitgliedstaaten betrieben und dort keine Präsenzapotheke des Apothekenleiters besteht. Durch Neufassung und die Beibehaltung der Pflicht zur persönlichen Leitung der deutschen Apotheke gem. § 7 S. 1 ApoG wurde jedoch weiterhin sichergestellt, dass niemand in Deutschland eine zweite Betriebserlaubnis erhalten konnte, ohne dass die bestehende "erste Erlaubnis" erlischt.

Vor dem Hintergrund der Neuregelung, die ausdrücklich von einer einheitlichen Betriebserlaubnis für bis zu vier Apotheken ausgeht und nach dem Willen des Gesetzgebers eine zahlenmäßig beschränkte Freigabe des Mehrbesitzes bei Beibehaltung des Fremdbesitzverbotes bewirken soll, ist die Streichung des § 3 Nr. 5 ApoG unverständlich.

Dem Vernehmen nach handelt es sich um ein "Versehen" des Gesetzgebers (vgl. Tisch, Filialbetrieb – Die neue Rechtslage 2004, Pharmazeutische Zeitung 2003, S. 4509). Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat konsequenterweise gefordert, dieses Versehen im Rahmen des 12. Änderungsgesetz zum Arzneimittelgesetz auszuräumen.

Da das Gesetz auch dem Betreiber mehrerer Apotheken die persönliche Führung der Hauptapotheke vorschreibt, ist der Betrieb von Apotheken aufgrund mehrerer Erlaubnisse apothekenrechtlich weiterhin unzulässig. Es bleibt aber festzuhalten, dass aufgrund der versehentlichen Streichung von § 3 Nr. 5 ApoG eine Betriebserlaubnis nach § 2 Abs. 1 bzw. Abs. 4 ApoG nicht mehr automatisch erlischt, wenn der Betreiber eine Erlaubnis für eine andere Apotheke im Geltungsbereich des Apothekengesetzes erhält.

Für den Fall der zusätzlichen Einbeziehung von Filialapotheken in die Betriebserlaubnis heißt es in der zitierten Ergebnisniederschrift der AATB-Arbeitsgruppe: "Mit dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Hauptapotheke und einer/mehrerer Filialapotheke/n gibt ein Antragsteller, der bereits über eine Betriebserlaubnis für eine Apotheke verfügt, zu erkennen, dass er auf die alte Betriebserlaubnis verzichtet."

In dem Merkblatt aus Baden-Württemberg zum Mehrbesitz heißt es pragmatisch: "Da eine neue Betriebserlaubnis für die Hauptapotheke einschließlich der Filialapotheke erteilt wird, bitten wir um eine schriftliche Bestätigung, dass die Erlaubnisurkunde für die bestehende Apotheke unverzüglich zurückgegeben wird."

Für den Fall, dass aufgrund des Wegfalls von § 3 Nr. 5 ApoG in der Praxis künftig Missbrauch betrieben wird, d. h. dass ein Apotheker unter Verstoß gegen die persönliche Leitungspflicht versucht, mit mehreren Erlaubnissen zu arbeiten, haben die Aufsichtsbehörden der Länder eine verstärkte gegenseitige Unterrichtung ins Auge gefasst.

Persönliche Leitung der Hauptapotheke in eigener Verantwortung durch Erlaubnisinhaber

Nach § 2 Abs. 5 ApoG gelten die Vorschriften des Apothekengesetzes für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken entsprechend, wobei die Maßgaben der nachfolgenden Bestimmungen zu beachten sind. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 ApoG hat der Betreiber mehrerer öffentlicher Apotheken eine davon "persönlich zu führen". Das Gesetz bezeichnet diese Apotheke als "Hauptapotheke".

Die Vorschrift des Apothekengesetzes, auf die sich diese Maßgabe bezieht, ist § 7 S. 1 ApoG. Danach verpflichtet die Betriebserlaubnis "zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung". § 2 Abs. 5 Nr. 1 ApoG weicht hiervon zum einen dadurch ab, dass im Falle der Hauptapotheke" nur von "persönlich führen" statt von der "persönlichen Leitung in eigener Verantwortung" die Rede ist. Zum anderen besteht der zusätzliche Regelungsgehalt darin, dass die persönliche Leitungs-/Führungspflicht im Falle des Mehrbesitzes auf die Hauptapotheke beschränkt ist.

Die amtliche Begründung schafft insoweit keine Aufklärung, da sie einen offensichtlichen Fehler enthält. Der entsprechende Satz lautet: "Eine Umgehung des Fremdbesitzverbotes soll dadurch unterbunden werden, dass ein Apotheker, der keine Apotheke betreibt und auch keine persönlich führen will, in den Besitz von mehreren Apotheken gelangt." (BT-Drs. 15/1525, S. 160).

Nach dem Inhalt der übrigen Vorschriften ist jedoch davon auszugehen, dass das Gegenteil gemeint ist: Wer mehrere Apotheken betreiben will, muss eine davon persönlich führen. Auch bei der Formulierung "persönlich führen" handelt es sich wohl lediglich um eine sprachliche Ungenauigkeit des Gesetzgebers, die keine Differenz zur Verpflichtung des Erlaubnisinhabers "zur persönlichen Leitung in eigener Verantwortung" gem. § 7 begründet, sondern lediglich die Leitungspflicht auf die Hauptapotheke beschränkt.

Dafür spricht, dass beim Mehrbesitz die Pflicht zur persönlichen Leitung in eigener Verantwortung nur im Hinblick auf die Filialapotheke auf den vom Betreiber angestellten Apotheker verlagert wird (§ 7 S. 2 ApoG).

Persönliche Leitung der Filialapotheke in eigener Verantwortung durch angestellten Apothekenleiter

Nach § 7 S. 2 ApoG obliegen im Falle der Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken dem vom Betreiber nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG benannten Filialapothekenleiter die Pflichten entsprechend § 7 S. 1 ApoG. Danach ist der vom Inhaber der Betriebserlaubnis mit der Leitung der Filialapotheke betraute Apotheker zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet.

Diese öffentlich-rechtliche Leitungsverantwortung des Filialapothekenleiters wird durch die Verpflichtung des Betreibers gem. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG bestätigt, für jede Filialapotheke schriftlich einen Apotheker als Verantwortlichen zu benennen, "der die Verpflichtungen zu erfüllen hat, wie sie in diesem Gesetz und in der Apothekenbetriebsordnung für Apothekenleiter festgelegt sind".

Ein Apothekenleiter hat nach § 2 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung die Apotheke persönlich zu leiten und ist dafür verantwortlich, dass die Apotheke unter Beachtung der geltenden Vorschriften betrieben wird. Diese persönliche Verantwortung des Apothekenleiters gilt also unabhängig davon, ob es sich um einen selbständigen oder angestellten Apotheker handelt.

Nach der amtlichen Begründung wird dadurch auch für Filialapotheken "das Sicherheitsniveau gewährleistet, das das Gesetz mit den für den Leiter einer einzelnen öffentlichen Apotheke geltenden Regelungen verfolgt."

Durch die klare Zuordnung der apothekenrechtlichen Leitungsverantwortung auf den angestellten Apothekenleiter der Filialapotheke wird jedoch der Inhaber der Betriebserlaubnis nicht aus seiner eigenen öffentlich-rechtlichen Verantwortung für den Betrieb des gesamten Apothekenverbunds entlassen.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass er dafür verantwortlich ist, dass ein verantwortlicher Apotheker zur Verfügung steht und die Betriebsräume nach Art, Größe, Zahl, Lage und Einrichtung für einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb geeignet sind. Nach § 7 S. 2 2. Halbs. ApoG bleiben daher bei einer Filialapotheke die Verpflichtungen des Betreibers unberührt. § 2 Abs. 2 S. 3 Apothekenbetriebsordnung konkretisiert diese Verantwortung dahingehend, dass neben dem angestellten Apothekenleiter einer Filialapotheke auch der Betreiber für die Einhaltung der zum Betreiben von Apotheken geltenden Vorschriften verantwortlich ist.

Diese Aufteilung der Verantwortung ist mit der Abgrenzung der Verantwortungsbereiche vergleichbar, die das Arzneimittelgesetz zwischen dem Inhaber einer Herstellungserlaubnis einerseits und dem Herstellungsleiter und dem Kontrolleiters andererseits vornimmt (vgl. Kloesel/Cyran, Kommentar zum Arzneimittelgesetz, Anm. 2 zu § 19 AMG).

Ebenso wie jener hat der Inhaber der Betriebserlaubnis auf die erforderlichen Sachkenntnis und die Zuverlässigkeit des Filialapothekenleiters zu achten und deren Fortbestehen zu überwachen. Der Inhaber der Betriebserlaubnis ist ferner dafür verantwortlich, dass der Filialapothekenleiter durch eine zweckmäßige Organisation und Aufgabenverteilung in die Lage versetzt wird, die ihm obliegenden Verpflichtungen ständig zu erfüllen.

Der dafür erforderliche Entscheidungsspielraum muss sich auch im Anstellungsvertrag niederschlagen. Greift der Inhaber der Herstellungserlaubnis durch eigene Anordnungen in den Betrieb der Filiale ein, ist er für die Folgen solcher Anordnungen verantwortlich.

Der Leiter einer Filialapotheke, der einen derartigen Eingriff in seinen Verantwortungsbereich mit den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht für vereinbar hält, darf die Anordnung des Inhabers der Betriebserlaubnis nicht ausführen. Tut er es doch, wird er neben dem Inhaber der Betriebserlaubnis für die Folgen der Anordnung verantwortlich. Tut er es doch, wird er neben dem Inhaber der Herstellungserlaubnis für die Folgen der Anordnung verantwortlich.

Eine über diese – aus seiner Inhaberstellung fließende – öffentlich-rechtliche Verantwortung hinausgehende persönliche Aufsichtsfunktion der Inhabers der Betriebserlaubnis, wie sie in der amtlichen Begründung mehrfach anklingt ("persönliche und somit effektive Kontrolle der Filialapotheken", "persönliche Verantwortung des Apothekers für seine Apotheken") lässt sich aus dem Gesetzestext selbst nicht herleiten. Sie wäre auch mit der persönlichen Leitungsverantwortung des Filialapothekenleiters nicht zu vereinbaren.

Teilnahme am Arzneimittel- und Betäubungsmittelverkehr

Kaufmännischer Inhaber des Apothekenverbunds ist der Inhaber der Betriebserlaubnis. Rechtsgeschäfte werden daher mit ihm, gegebenenfalls unter Einschaltung des von ihm dazu berufenen Vertreters, abgeschlossen. Rechnungen von Lieferanten werden in der Regel auch aus Steuergründen an den Inhaber der Betriebserlaubnis gerichtet, wobei die Rechnungsadresse die Hauptapotheke sein wird. Dies gilt auch für Rechnungen und Sammelrechnungen über die Belieferung mit Arznei- und Betäubungsmitteln.

Für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr sind jedoch weitere gesetzliche Vorschriften zu beachten. Nach einer Bekanntmachung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat der Betreiber der Hauptapotheke der Bundesopiumstelle eine Kopie der Erlaubnis zum Betrieb der Filialapotheke/n zuzuleiten und die Apotheker in den Filialapotheken als Verantwortliche bekannt zu geben, soweit dies nicht durch die Erlaubnisbehörde geschieht. (www.bfarm.de/de/btm/bekanntm/index.php?more=ApoGAend010104.php, Stand 1. Januar 2004)

Diese Pflicht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG), wonach eine Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr zuvor bei der Bundesopiumstelle anzuzeigen ist. Die benannten Verantwortlichen unterliegen den Regelungen des § 4 BtMG, bei Zuwiderhandlungen tragen sie deren Rechtsfolgen.

Für den Betäubungsmittelverkehr zwischen den Apotheken eines Betreibers ist keine Erlaubnis nach § 3 BtMG erforderlich, es sind jedoch Abgabebelege nach den Vorschriften der Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung auszufertigen.

Die Zuordnung der BtM-Nummer erfolgt stets an natürliche oder juristische Personen, im Falle der Apotheke also an den Apotheker. Bisher führte dies zum Beispiel bei Inhaberwechseln zur Änderung der BtM-Nummer einer Apotheke. Aus Vereinfachungsgründen wird die Bundesopiumstelle künftig nach Auskunft des zuständigen Fachgebietsleiter Prof. Dr. Schinkel dazu übergehen, pro Apotheke (Haupt- oder Filialapotheke) eine stets gleich bleibende BtM-Nummer zu vergeben.

Dies ändert zwar nichts daran, dass es sich weiter um eine personenbezogene Erlaubnis handelt, die für den jeweils verantwortlichen Apotheker gilt. Bei einem Wechsel des verantwortlichen Apothekers soll die BtM-Nummer aber künftig bei der Apotheke bleiben und jeweils gleichlautend an den Nachfolger erteilt werden.

Da nach § 12 BtMG Betäubungsmittel nur an die Personen oder Personenvereinigungen abgegeben werden dürfen, die eine Apotheke betreiben, erfolgt die Abgabe auch dann an den Inhaber der Betriebserlaubnis, wenn die Lieferung an die Filialapotheke geht. Andererseits wird die Empfangsbestätigung gem. § 12 BtMG bei einer Filialapotheke jedoch in aller Regel durch den Filialapothekenleiter als betäubungsmittelrechtlich verantwortliche Person erfolgen.

Um Irritationen im Hinblick auf die im BtM-Abgabebeleg anzugebenden Personen zu minimieren, empfiehlt sich für die Lieferanten, bei der Belieferung von Filialapotheken mit Betäubungsmitteln im Abgabebeleg nur folgende Angaben zu machen:

  • BtM-Nummer der Filialapotheke
  • Name der Filialapotheke
  • Straße und Hausnummer der Filialapotheke
  • Postleitzahl und Ort der Filialapotheke

Beibehaltung des Fremdnutzungsverbotes

Nach § 8 Satz 4 ApoG gelten die Sätze 1 bis 3 dieser Bestimmung für Apotheken nach § 2 Abs. 4 ApoG (Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken) entsprechend. Damit sind im Wesentlichen zwei Sachverhalte angesprochen: Nach § 8 S. 1 ApoG können mehrere Personen zusammen eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis.

Anders als im handelsrechtlichen Normalfall wird die Apotheke in diesem Fall nicht von der OHG betrieben, sondern von den Inhabern der Betriebserlaubnis. Es gibt keine Betriebserlaubnis der OHG, sondern jeder Gesellschafter erhält eine eigene, nur auf seine OHG ausgestellte Erlaubnis, die zum Betrieb der Apotheke berechtigt (Schiedermair/Pieck, Apothekengesetz, Kommentar, 3. Aufl., 1981, S. 271).

Die Erlaubnisse sämtlicher Gesellschafter beziehen sich jeweils auf die gleichen Räume und sind insoweit deckungsgleich. Jeder Gesellschafter kann nur eine Erlaubnis ausüben, da er zur persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet ist. Der Verstoß gegen § 8 S. 1 ApoG ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bewehrt.

Beim Betrieb mehrerer Apotheken durch die Gesellschafter einer OHG bleibt es bei diesen Grundsätzen. Jeder der Gesellschafter muss die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis erfüllen; die Betriebserlaubnis kann sich jeweils nur auf eine Hauptapotheke und höchstens drei Filialapotheken erstrecken; die Betriebserlaubnisse der Gesellschafter erstrecken sich auf die gleichen Räumlichkeiten und sind insoweit deckungsgleich.

Auch die Bestimmung der Hauptapotheke muss einheitlich erfolgen, d.h. dass alle Gesellschafter zur persönlichen Führung der gleichen Hauptapotheke verpflichtet sind und nicht etwa einzelne OHG-Gesellschafter gleichzeitig Verantwortliche für eine Filialapotheke sein können.

Deshalb können auch mehrere Apotheker in der Rechtsform der OHG nicht mehrere Betriebserlaubnisse für unterschiedliche Haupt- und/oder Filialapotheken oder mehrer Apothekenverbünde innehaben. Es bleibt daher auch in der Rechtsform der OHG bei der Begrenzung auf eine Haupt- und maximal drei Filialapotheken.

§ 8 Satz 2 ApoG hat das Ziel, die Fremdnutzung einer Apotheke auszuschließen. Er verbietet nicht nur – über gesellschaftsrechtliche Kapitalbeteiligungen hinaus -Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft, sondern auch alle Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, (z. B. am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge).

Dieses Verbot ist sehr weitgehend und führt bei einem Verstoß zu Geldbußen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 ApoG) und zur Nichtigkeit der jeweiligen Rechtsgeschäfte (§ 12 ApoG). Im Fall Stange sprach der Bundesgerichtshof den Angeklagten vom strafrechtlichen Vorwurf eines Verstoßes gegen §§ 23, 8 Satz 1 ApoG frei, weil die nach außen als Apothekenleiter auftretenden Apotheker der "Filialen" trotz der massiven wirtschaftlichen Einflussnahme des Angeklagten "ihre fachliche, pharmazeutische Unabhängigkeit" behielten und in dem für "die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung" (§ 1 Abs. 1 ApoG) entscheidenden Bereich des Arzneimittelverkaufs die Apotheke persönlich und in eigener Verantwortung leiten konnten.

Der BGH ging jedoch davon aus, dass ein Verstoß gegen § 8 S. ApoG vorliegen könnte und gab der Tatsacheninstanz den Hinweis mit auf den Weg, dass es einer am Gesetzeszweck orientierten weiten Auslegung des Begriffs gewinn- oder umsatzorientierter Vereinbarungen bedürfe. Mit dem in § 8 Satz 2 ApoG enthaltenen Verbot partiarischer Verträge soll nämlich einer Umgehung des Verbots der Stillen Gesellschaft im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Apotheke vorgebeugt werden.

Erfasst seien damit auch Absprachen des Angeklagten mit den jeweiligen Apothekenbetreibern, die es ihm ermöglichten, unmittelbar oder mittelbar über die von ihm beherrschten Gesellschaften am Umsatz der jeweiligen Apotheken zu partizipieren und dem Apothekenbetreiber verbleibende Gewinne durch Erhöhung oder Reduzierung der Betriebskosten mittels Abänderung von Mietzins, Beraterkosten etc. zu steuern. (BGH, Urt. v. 25. April 2002, NJW 2002, S. 2724)

Dieses weit gefasste Beteiligungs- und Fremdnutzungsverbot gilt gleichermaßen für Betriebserlaubnisse die sich auf mehrere Apotheken (Haupt- und Filialapotheken) erstrecken. Externe Geldgeber sind daher daran gehindert, in die Gründung von Apothekenverbünden zu investieren.

Komplementär zu diesem Verbot sind zum Beispiel pharmazeutische Hersteller oder Großhändler auch aufgrund des Kreditwesengesetzes (KWG) daran gehindert, ihren Kunden Darlehen, etwa zum Erwerb einer Filialapotheke, zu gewähren. Derartige Kreditgeschäfte zählen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG zu den erlaubnispflichtigen Bankgeschäften und sind den Kreditinstituten vorbehalten, die im Besitz der Erlaubnis nach § 32 KWG sind.

Mehrbesitz und Verpachtung

Nach § 2 Abs. 5 ApoG gelten für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken die Vorschriften des Apothekengesetzes entsprechend. Dazu zählen auch die Vorschriften über die ausnahmsweise zulässige Verpachtung einer Apotheke gem. § 9 ApoG. Über die Auswirkungen auf das Verpachtungsrecht gibt es zum Teil unterschiedliche Auffassungen. Nachfolgend sollen vier Fälle unterschieden werden:

1) Der Inhaber einer Betriebserlaubnis für mehrere Apotheken möchte seine Apotheke verpachten. 2) Der überlebende erbberechtigte Ehegatte eines Apothekers, der mangels Approbation selbst keine Betriebserlaubnis erhalten kann, möchte mehrere Apotheken verpachten, für die sein verstorbener Ehegatte eine Betriebserlaubnis innehatte. 3) Der Verpächter einer Apotheke möchte eine oder mehrere Filialapotheken gründen und das Pachtverhältnis auf diese Apotheken ausdehnen. 4) Der Pächter einer einzelnen Apotheke möchte eine oder mehrer Apotheken zusätzlich betreiben.

In Fall 1) ist eine Verpachtung des gesamten Apothekenverbunds unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Nr. 1 ApoG möglich. Eine Aufspaltung der Verpachtung in die getrennte Verpachtung einzelner Apotheken ist dagegen nicht möglich. Hier würde es an der Deckungsgleichheit der Betriebserlaubnis des Verpächters mit der des Pächters fehlen.

In Fall 2) gilt im Prinzip das gleiche, d. h. eine Verpachtung ist unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Nr. 3 ApoG möglich, muss sich aber immer auf den gesamten Apothekenverbund beziehen. Im Unterschied zu Fall a) liegt hier zwar keine Betriebserlaubnis des Verpächters vor, die Deckungsgleichheit bezieht sich aber auf die Betriebserlaubnis des verstorbenen Ehegatten. Gleiches gilt für das Verpachtungsrecht der erbberechtigten Kinder eines Apothekers, die sich auf die Gründe des § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG berufen können sowie sinngemäß für das Verwaltungsrecht der Erben gem. § 13 ApoG.

Im Fall 3) würde der Verpächter nachträglich den Verpachtungsgegenstand ausweiten. Dies wäre aus Gründen des Pachtrechts nur mit Zustimmung des Pächters möglich. Fraglich ist aber, ob das Verpachtungsrecht des ehemaligen Betreibers auch die Befugnis umfasst, nach Eintritt des Verpachtungsrechts im Rahmen der nicht mehr in eigener Person ausgeübten Betriebserlaubnis neue Apotheken zu gründen.

Hiergegen wird vor allem ins Feld geführt, dass eine Verpachtung dem Verpächter bei Eintritt bestimmter Umstände (Krankheit) die Versorgungsgrundlage erhalten soll. Eine weitere Ausdehnung seiner Apothekentätigkeit sei von diesem Versorgungsgedanken nicht mehr gedeckt.

Im Fall 4) könnte der Pächter die gepachtete Apotheke zur Hauptapotheke erklären und eine neue Betriebserlaubnis beantragen, die sich zusätzlich auf die von ihm gegründeten oder übernommenen Filialapotheken bezieht. Diese Fallgestaltung ist umstritten, da auch hier keine Deckungsgleichheit mehr zwischen der Betriebserlaubnis des Verpächters und der des Pächters bestehen würde.

Da es sich bei der Pacht um ein vom Verpächter abgeleitetes Recht handele, könne die dafür erforderliche Betriebserlaubnis mit ihren eigenen spezifischen Voraussetzungen nicht als integraler Bestandteil einer Erlaubnis zum Betrieb mehrerer Apotheken verstanden werden.

Im Falle der Erteilung einer Filialbetriebserlaubnis werde der Umfang des Betriebes durch die Hinzunahme weiterer Filialen maßgeblich verändert, so dass keine Identität mehr zwischen der Verpächter- und der Pächtererlaubnis und damit zwischen dem verpachteten Betrieb und der vom Pächter betriebenen Apotheke bestünde (Tisch, PZ 2003, S. 4516).

Gegen diese Auffassung wird ins Feld geführt, dass hier zwischen der verpachteten Apotheke und den jeweiligen Betriebserlaubnissen differenziert werden müsse. Verpachtet werde die Apotheke, nicht die Erlaubnis, wie sich aus dem Fall der verpachtungsberechtigten Familienangehörigen ergebe, die selbst nicht im Besitz einer Betriebserlaubnis seien. Deckungsgleichheit müsse nur insoweit bestehen, als sich die Betriebserlaubnis des Pächters auf die Pachtapotheke beziehe.

Handelsrechtlich sei es dem Pächter unbenommen, Filialapotheken als eigene, von der Hauptapotheke getrennte, einzelkaufmännische Unternehmen zu betreiben. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass derartigen unternehmerischen Aktivitäten des Pächters oft eine Wettbewerbsverzichtsklausel im Pachtvertrag entgegenstehe. In der Praxis sei ein solcher Fall nur lösbar, wenn ein entsprechendes Einverständnis zwischen Pächter und Verpächter erzielt werde (Mecking, AWA 01.01.2004, S. 9).

Nach den vorliegenden Informationen wurde zumindest in einem Fall bereits eine Betriebserlaubnis für einen derartigen Verbund erteilt, wobei die Zustimmung des Verpächters vorlag. Die Behörde folgte damit offenbar dem bereits zitierten Beratungsergebnis einer Arbeitsgruppe der obersten Landesgesundheitsbehörden, in deren Ergebnisprotokoll es dazu heißt "Ein Pächter kann seine gepachtete Apotheke zur Hauptapotheke erklären und dann weitere Apotheken erwerben und als Filialapotheken betreiben."

Eine weitere, ebenfalls umstrittene Möglichkeit besteht darin, dass der Pächter, der weitere Apotheken erwerben oder gründen will, eine andere Apotheke zur Hauptapotheke erklärt und die Pachtapotheke zur Filialapotheke macht. In dem AATB-Papier heißt es dazu: "Der Erlaubnisinhaber einer Apotheke kann eine Pachtapotheke als Filialapotheke übernehmen."

Auch hiergegen werden die bereits dargelegten grundsätzlichen Überlegungen im Hinblick auf die Identität des Pachtgegenstandes ins Feld geführt. Eine am Pächter statt am Verpächter ausgerichtete Betrachtung verkenne den Ausnahmecharakter der Verpachtungsberechtigung und führe zu weiteren apothekenrechtlichen Widersprüchen, zum Beispiel beim Eintritt einer Verpachtungsberechtigung des Pächters im Hinblick auf seine eigenen Apotheken (Tisch, PZ 2003, S. 4516).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Ausnahmecharakter des Verpachtungsrechts lediglich die Ausweitung der Fremdnutzung durch den Verpächter beschränken kann, nicht jedoch die davon nicht erfasste unternehmerische Tätigkeit des Pächters. Wenn es dem Leiter einer Hauptapotheke künftig zugetraut wird, daneben weitere Filialapotheken zu betreiben, ist keine Rechtfertigung mehr dafür ersichtlich, dies einem Pächter zu verwehren.

Mehrbesitz und regionale Arzneimittelversorgung

Obwohl nach § 2 Abs. 5 ApoG die Vorschriften des Apothekengesetzes für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken entsprechend gelten, sind die Folgen der begrenzten Mehrbetriebsfreigabe in weiteren Punkten klärungsbedürftig. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Sitz der Apotheke Anknüpfungspunkt für Rechte und Pflichten in der Arzneimittelversorgung ist:

  • Pflicht zur Teilnahme an der Notdienstbereitschaft (§ 23 ApBetrO)
  • Recht zum Betrieb einer Rezeptsammelstelle (§ ApBetrO)
  • Recht zum Betrieb einer Zweigapotheken (§ 16 ApoG)
  • Recht zur Krankenhausversorgung (§ 14 Abs. 5 ApoG)
  • Recht zur Heimbewohnerversorgung (§ 14 Abs. 6 ApoG)

In sämtlichen genannten Fällen ist Träger der Rechte bzw. Pflichten jeweils der Inhaber der Betriebserlaubnis für den gesamten Apothekenverbund. Anknüpfungspunkt für die räumliche Zuordnung ist jedoch jeweils die einzelne Apotheke, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Haupt- oder Filialapotheke handelt.

Dies ergibt sich daraus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Filialapotheken im Sinne der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung und der Interessen der Verbraucher in ihrer Funktion und somit sächlichen und personellen Ausstattung den Anforderungen einer Vollapotheke entsprechen und alle rechtlichen Anforderungen und Pflichten wie eine Vollapotheke erfüllen müssen (BT-Drs. 15/1525, S. 160).

Grundsätzlich gilt die Verpflichtung zur Dienstbereitschaft daher auch für Filialapotheken, wobei Ausnahmen zulässig sind, sofern die entsprechenden, auch bisher erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Rezeptsammelstellen und Zweigapotheken sind bei Filialapotheken ebenfalls grundsätzlich zulässig, sofern die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 ApBetrO bzw. § 16 ApoG erfüllt sind.

Umstritten ist die Frage, ob die Filialapotheke auch Anknüpfungspunkt für die Krankenhaus- und Heimversorgung sein kann. Da § 14 Abs. 5 ApoG hierfür vorschreibt, dass die Apotheke und die zu versorgenden Krankenhäuser innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen, hängt hiervon der zulässige Versorgungsradius eines Apothekenverbundes ab.

Gegen die Anknüpfung an der Filialapotheke in diesem Zusammenhang wird vor allem ins Feld geführt, der Inhaber der Betriebserlaubnis sei umfänglich für den gesamten, regional eingegrenzten Filialverbund verantwortlich, so dass die Verantwortlichkeiten des Filialleiters weder inhaltlich noch regional über diejenigen des Betreibers der Hauptapotheke hinausgehen könnten (Tisch, PZ 2003, S. 4516).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass – wie oben dargelegt – die pharmazeutische Verantwortung für die Filialapotheke nach § 7 S. 2 1. HS ApoG beim angestellten Apothekenleiter liegt, die sich im Falle der Krankenhausversorgung auch auf diese bezieht.

Die daneben bestehende Verantwortung des Betreibers gem. § 7 S. 2 2.HS. ist dagegen mit derjenigen vergleichbar, die zum Beispiel der Träger eines Krankenhauses für die Ausstattung einer Krankenhausapotheke trägt. Es reicht daher aus, wenn die Filialapotheke in der Nähe des zu versorgenden Krankenhauses oder Heimes liegt.

Verfassungs- und europarechtliche Perspektiven

Bereits lange vor dem Gesetzgebungsverfahren zur GMG, aber mit besonderer Intensität seit dem Vorliegen der ersten Gesetzentwürfe im Frühjahr 2003, wurde darüber diskutiert, ob eine partielle Liberalisierung des Apothekenrechts möglich sei, ohne damit aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen eine "Liberalisierungslawine" auszulösen.

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, diese Diskussion hier im Einzelnen darzustellen. Der Gesetzgeber hat den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Bedenken – wie aus der Begründung ersichtlich ist – jedoch versucht Rechnung zu tragen. Es gehört daher zu einer vollständigen Darstellung, auch diesen Versuch zu würdigen.

Die verfassungsrechtliche Problematik lässt sich in der Frage zusammenfassen, ob die Rechtfertigung für die Beschränkung der Berufsfreiheit durch das Fremd- und Mehrbesitzverbot, die das Bundesverfassungsgericht in dem der deutschen Überlieferung entnommenen gesetzgeberischen Leitbild des "Apothekers in seiner Apotheke" gesehen hat, auch dann noch Bestand haben kann, wenn die Leitung einer Apotheke durch einen angestellten Apotheker über die bisherigen Ausnahmefälle hinaus zugelassen wird.

In seinem Urteil vom 13. Februar 1964 hatte sich das Bundesverfassungsgericht auch mit dieser Frage des Verhältnisses von Ausnahme und Regel auseinanderzusetzen und führte dazu aus: "Es mag sein, dass unter besonderen Umständen ein Apotheker zwei oder auch drei nahe beieinander liegende Apotheken noch unter voller persönlicher Verantwortung selbst leiten kann.

Trotzdem ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber solche Sonderfälle nicht berücksichtigt und eine generalisierende Regelung trifft. Würden Ausnahmen zugelassen, so wäre eine gerechte und allseits befriedigende Abgrenzung kaum noch möglich.

Jede Regelung würde neue Grenzfälle entstehen lassen, für die mit gleichem Recht Berücksichtigung verlangt werden könnte. Deshalb ist es nicht zu missbilligen, dass der Gesetzgeber sich entschlossen hat, an seiner Konzeption ohne Ausnahmen festzuhalten, zumal seinem Grundgedanken, der Niederlassungsfreiheit in möglichst großem Umfang praktische Geltung zu verschaffen, auch schon die Zulassung des Betriebs von nur zwei Apotheken entgegenstehen würde. (...) Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.

Die Ausnahmen, die das Gesetz selbst vom Verbot des Mehrbetriebes und von der Pflicht zur persönlichen Leitung durch den Erlaubnisinhaber bei Zweigapotheken, Notapotheken und Krankenhausapotheken macht, sind sachlich begründet und stellen die Gesamtkonzeption nicht in Frage."

Auch ohne auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einzugehen, die Berufsausübungsregelungen deutlich kritischer als vor vierzig Jahren beurteilt, macht bereits diese Argumentation deutlich, dass der Frage nach der sachlichen Begründung nicht nur für Beschränkung auf gerade drei Filialen, sondern auch ganz prinzipiell für die gesetzliche Differenzierung zwischen erlaubter Leitung einer apothekereigenen und verbotener Leitung einer im Fremdbesitz befindlichen Filialapotheke durch einen angestellten Apotheker entscheidende Bedeutung zukommt.

Der Gesetzgeber verweist in diesem Zusammenhang vor allem darauf, dass die zahlenmäßige Eingrenzung auf maximal vier Apotheken und die geografische auf einen Kreis oder benachbarten Kreis dem Betreiber der Apotheken eine persönliche und somit effektive Kontrolle der Filialapotheken ermögliche. Ob eine solche persönliche Leitungs- und Kontrollpflicht tatsächlich besteht, ist allerdings – wie dargelegt – zumindest fraglich.

Die gemeinschaftsrechtliche Problematik ist der angesprochenen verfassungsrechtlichen Fragestellung vergleichbar. Hier stehen dem Prinzip der europaweiten Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EG-Vertrag, das ausdrücklich die Gründung von Zweigstellen einschließt, die engen Ausnahmetatbestände zum Schutze der Gesundheit oder anderer zwingender Erfordernisse des Gemeinwohls gegenüber, an denen sich die Beschränkungen durch das deutsche Apothekenrecht messen lassen müssen.

Durch die Streichung des bisherigen Erlöschenstatbestandes des § 3 Abs. 5 ApoG ist zwar einerseits mit der Gründung einer weiteren Apotheke nicht mehr das automatische Erlöschen der Betriebserlaubnis verbunden und damit ein früherer Angriffspunkt entfallen.

Andererseits sollen nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers sowohl das Fremdnutzungsverbot als auch das Verbot, mehr als vier Apotheken zu betreiben, trotz dieser Streichung gesetzliche Geltung beanspruchen. Da § 3 Abs. 5 ApoG in der zuletzt geltenden Fassung eine Öffnung des Mehrbesitzes für Inhaber einer Apotheke in einem anderen EU-Staat enthielt, stellt die Streichung dieser Ausnahmeregelung insoweit sogar eine Verschärfung dar.

Vor allem hängt die Europarechtskonformität der neuen Regelungen aber wie bei der verfassungsrechtlichen Prüfung entscheidend davon ab, ob die Differenzierung zwischen apothekereigenem und apothekerfremdem Betrieb einer von einem angestellten Apothekenleiter geführten Apotheke sachlich, das heißt letztlich aus Gründen des Gesundheitsschutzes, gerechtfertigt werden kann.

Vor diesem Hintergrund bleibt der Aussage Tischs nichts hinzuzufügen: "Ob sich die ab dem 1. Januar 2004 geltende Rechtslage als beständig oder als Zwischenschritt auf dem Weg zum unbegrenzten Fremd- und Mehrbesitz an Apotheken erweist, wird die Zukunft zeigen." (PZ 2003, S. 4508)

Am 1. Januar 2004 ist mit der Freigabe des begrenzten Mehrbesitzes für Apotheken eine weitere grundlegende Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die deutschen Apotheken eingetreten. Die Regelung durchbricht damit das bisher geltende Mehrbesitzverbot, behält aber das Fremdbesitzverbot bei. In dieser Ausgabe haben wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen der neuen "Mini-Ketten" erläutert und offene Abgrenzungs- und Interpretationsfragen – soweit derzeit möglich – geklärt. 

Das Wichtigste in Kürze

Bis 1. Januar 2004: Mehrbesitz war verboten Bislang war der Mehrbesitz von Apotheken verboten.

Das Mehrbesitzverbot folgte aus

  • der Erlaubnispflicht für den Betrieb einer Apotheke (§ 1 Abs. 2 ApoG a.F.),
  • der Betriebserlaubnis (§ 1 Abs. 3 ApoG),
  • dem Erlöschen der Betriebserlaubnis bei Erteilung einer weiteren Erlaubnis zum Betrieb einer Vollapotheke (§ 3 Nr. 5 ApoG a.F.) und
  • der Verpflichtung des Erlaubnisinhabers zur persönlichen eigenverantwortlichen Leitung der Apotheke (§ 7 ApoG). Ausnahme: Der Betrieb einer Zweigapotheke bei einem Notstand in der Arzneimittelversorgung (§ 16 ApoG).

Seit 1. Januar 2004: Begrenzter Mehrbesitz erlaubt

Künftig darf ein Apotheker eine Hauptapotheke mit bis zu drei Filialapotheken betreiben. Folgende Vorschriften sind dabei zu beachten:

  • Eine einheitliche Betriebserlaubnis: Auch im Falle des Betriebs mehrerer Apotheken wird nur eine einzige Betriebserlaubnis erteilt. Wie bisher handelt es sich um eine höchstpersönliche, raumbezogene Erlaubnis. Die Betriebserlaubnis wird von der Behörde erteilt, in deren Zuständigkeitsbereich die Hauptapotheke liegt. Liegt die Filialapotheke in einem anderen Zuständigkeitsbereich, so wird die dortige Behörde am Erlaubnisverfahren beteiligt. Die Überwachung der einzelnen Apotheke erfolgt durch die jeweils örtlich zuständige Behörde.
  • Apothekenrechtliche Voraussetzungen: Wer mehrere Apotheken betreiben will, muss – wie für den Betrieb einer Apotheke – die apothekenrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.
  • Geographische Eingrenzung: Die zu betreibenden Haupt- und Filialapotheken müssen innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen.

Fremdbesitzverbot gilt nach wie vor

Bezüglich des Fremdbesitzes hat sich nichts geändert. Nach wie vor gilt das Fremdbesitzverbot.

Es ergibt sich daraus,

  • dass die zum Betrieb einer Apotheke erforderliche Erlaubnis nur dem Inhaber einer deutschen Approbation als Apotheker oder eines vergleichbaren pharmazeutischen Befähigungsnachweises eines anderen EU-Mitgliedstaates erteilt wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 2 ApoG),
  • dass mehrere Personen zusammen eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben können, wobei alle Gesellschafter der Erlaubnis bedürfen (§ 8 S. 1 ApoG) und
  • dass Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft sowie Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge, unzulässig sind (§ 8 S. 2 ApoG).

Die Serie im Überblick

Teil 1 bis 7 unserer Serie "Das GMG – was ändert sich für Apotheken im Jahr 2004?" finden Sie in folgenden Ausgaben der DAZ: Teil 1: Die neue Aut-idem-Regelung (DAZ 43/2003, S. 81 f) Teil 2: Die neuen Preis- und Spannenvorschriften (DAZ 44/2003, S. 61 f) Teil 3: Neue Abschlags- und Rabattregelungen für Arzneimittel (DAZ 45/2003, S. 59 f) Teil 4: Arzneimittelversand aus dem europäischen Ausland (DAZ 49/2003, S. 70 f) Teil 5: GKV-Erstattung von Arzneimitteln aus dem europäischen Ausland (DAZ 50/2003, S. 70 f) Teil 6: Der erhöhte Herstellerrabatt und sein Einzug durch die Apotheken (DAZ 3/2004, S. 70 f) Teil 7: Rabatte für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel? (DAZ 5/2004, S. 85 f)

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