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- DAZ 8/2004
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Rechtsprechung aktuell
Offene Rezeptur nicht mehr vertretbar
Der Kläger ist Betreiber einer Apotheke. Anlässlich einer Besichtigung bemerkte der Pharmazierat, dass sich die Apotheke in einem zur Zeit nicht revisionsfähigen Zustand befand und brach die Revision ab. Eine neue Revision, so seine Feststellung, müsse im Folgejahr durchgeführt werden.
Als Grund hierfür verwies er insbesondere auf eine aus hygienischen Gründen nicht vertretbare offene Rezeptur in der Offizin und eine organisatorisch bedenkliche Arzneimittellagerung. Aufgrund dieser Feststellungen ordnete das Regierungspräsidium die gebührenpflichtige Nachbesichtigung der Apotheke an und forderte den Kläger zur Beseitigung der aufgeführten Beanstandungen auf. Es verlangte vom Apotheker u. a., ein System für die Arzneimittellagerung zu entwickeln.
Anhörung auch durch Pharmazierat möglich
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die hiergegen erhobene Klage zurück. Dem Einwand des Apothekers, er habe gegenüber der Behörde keine Gelegenheit mehr erhalten, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, wollte der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen.
Für die Entscheidung erheblich seien die Tatsachen gewesen, die der Pharmazierat bei der Besichtigung der klägerischen Apotheke bereits festgestellt habe sowie ferner die Wertung, dass diese tatsächlichen Umstände als Verstöße gegen das geltende Apothekenrecht anzusehen und daher zu beanstanden und erkennbar nicht hinzunehmen seien.
Das Gericht sah es als ausreichend an, dass der Apotheker selbst ausreichend Gelegenheit zur Äußerung hatte, zumal er bei der Apothekenrevision selbst persönlich anwesend war und ihm der Pharmazierat die einzelnen Beanstandungen ausführlich erörterte.
Zwar handle es sich bei dem Pharmazierat um einen Sachverständigen, der als solcher im Grundsatz keine Amtshandlungen für eine Behörde vornehmen könne. Vorliegend sei er aber nicht ausschließlich in seiner Eigenschaft als Sachverständiger tätig gewesen, sondern vom zuständigen Regierungspräsidium zugleich mit der Durchführung der Überwachung selbst beauftragt worden. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 4 AMG könnten auch Sachverständige mit Überwachungsaufgaben betraut werden.
Folglich sei der Pharmazierat für die Durchführung der Überwachung Repräsentant der zuständigen Behörde, hier des Regierungspräsidiums, gewesen, was sich nicht zuletzt auch darin zeige, dass er nach § 64 Abs. 4 AMG zur Vornahme hoheitlicher Maßnahmen befugt war.
Keine offene Rezeptur in der Offizin
Das Verwaltungsgericht hielt eine offene Rezeptur in der Offizin aus hygienischen Gründen für nicht mehr vertretbar. Heutigen hygienischen Anforderungen, welche § 4 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO zwingend fordert, entspreche es, dass eine in der Offizin gelegene Rezeptur gegenüber dem Kundenbereich räumlich abgesondert und gegebenenfalls durch eine Glasscheibe oder ähnlichem abgetrennt wird (vgl. dazu ausführlich Cyran/Rotta, Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung, Stand: August 2003, § 4 Rdnr. 60 ff.).
Diesen Anforderungen entspreche die Rezeptur in der Apotheke des Klägers jedoch nicht: Dort sei zwar der Rezepturtisch vom Verkaufstisch getrennt, jedoch nur so, dass das Apothekenpersonal bei der Bedienung von Kunden ständig unmittelbar an ihm vorbei gehen müsse. Da die Rezeptur unmittelbar vor einem Fenster liege, sei auch die Gefahr von Zugluft besonders gegeben, wodurch ebenfalls die Gefahr von Verunreinigungen frisch hergestellter Arzneimittel bestünde.
System für Arzneimittellagerung ist Pflicht
Auch die weitere Beanstandung, dass die Arzneimittellagerung kein System habe und einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf in der Apotheke nicht zulasse, hielt das Gericht für rechtsmäßig. Dem Kläger könne aufgegeben werden, ein System für die Arzneimittellagerung zu entwickeln. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO sind Arzneimittel, Ausgangsstoffe, apothekenübliche Waren und Prüfmittel übersichtlich und so zu lagern, dass ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst wird und Verwechslungen vermieden werden.
Den Apotheker trifft damit nicht nur die Pflicht, im Rahmen seiner Lagerhaltung bestimmte einzelne Gebote zu beachten, sondern in erster Linie die Pflicht, seine Lagerhaltung insgesamt einem ordnenden System zu unterwerfen, das die Einhaltung der einzelnen Gebote ermöglicht.
Apotheker kann System selbst aussuchen
Zwar sei einem Apothekenleiter kein bestimmtes System vorgeschrieben, welches er zu entwickeln habe, es stehe ihm aber nicht frei, auf ein ordnendes Lagerungssystem überhaupt zu verzichten oder eine an sich vorhandene Ordnung nicht zu befolgen. Fehle ein entsprechendes System, sei die Überwachungsbehörde dazu berechtigt, dem Apotheker aufzugeben, ein solches zu entwickeln.
Sie sei nicht darauf beschränkt, nur die Einhaltung einzelner konkreter Lagerpflichten zu kontrollieren. Auch sei eine solche Anordnung nicht zu unbestimmt: Es müsse berücksichtigt werden, dass es dem Apotheker ja gerade frei stehe, welches System er entwickle und detaillierte Vorgaben durch die Überwachungsbehörde die Freiheit einschränkten.
Käme der Apotheker der Errichtung eines entsprechenden Systems nicht nach, wäre gegebenenfalls als letzte Möglichkeit sogar die Apothekenerlaubnis zu entziehen.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat gegen einen Freiburger Apotheker entschieden, der eine gebührenpflichtige Nachbesichtigung seiner Apotheke abgelehnt hatte. Eine Apotheke muss ein vom Apotheker frei wählbares Ordnungssystem befolgen, eine offene Rezeptur ist nach den heute gültigen Hygienemaßstäben nicht mehr vertretbar, entschied das Gericht weiter. Der Apotheker hatte gegen die erneute Revision geklagt, weil er nur gegenüber dem mit der Durchführung der Überwachung beauftragten Pharmazierat, aber nicht bei der Behörde selbst seine Einwände habe vorbringen können.
Entscheidungen im Wortlaut bei DAZonline
Den hier zusammengefassten Beschluss können Sie neben anderen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Entscheidungen im Wortlaut abrufen bei DAZonline unter www.deutsche-apotheker- zeitung.de (Rubrik Recht/Urteile) Benutzername: apotheke Kennwort: daz
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