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Verbraucherverhalten: Breite Skepsis gegenüber Internet-Apotheken
Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, die das Berliner Forsa-Institut Ende Januar 2004 im Auftrag der Pharmatechnik GmbH & Co. KG erstellt hat. Befragt wurden 1000 Personen ab 24 Jahren. Besonders Frauen und geringer Verdienende (unter 1500 Euro Haushaltsnettoeinkommen monatlich) fordern die Beratungs- und Serviceleistungen der Apotheken in Zukunft verstärkt ein.
Auch sind die jüngeren Verbraucher (24 bis 39 Jahre) besonders anspruchsvoll, insbesondere was die kompetente Gesundheitsberatung der Apotheke angeht. Besser verdienende Männer mit Hochschulabschluss stellen bei Service, Freundlichkeit und Gesundheitsberatung der Apotheken die geringsten Anforderungen.
Treue zur örtlichen Apotheke
Vor dem Hintergrund, dass das Internet im Verbraucherverhalten in Deutschland als Vertriebsweg eine wachsende, zugleich positiv besetzte Bedeutung gewinnt, überrascht die überwiegende Skepsis der Konsumenten bei der elektronischen Arzneimittelbestellung. Denn nur acht Prozent der Befragten geben an, dass sie in Zukunft sowohl über das Internet wie auch die Apotheke vor Ort ihre Arzneimittel beziehen wollen.
Hingegen wollen 86 Prozent der Befragten auch in Zukunft, wenn es um ihre Gesundheit geht, ausschließlich die örtliche Apotheke mit ihren Serviceleistungen nutzen – und zwar unabhängig von Geschlecht, Alter, Ausbildung und Einkommen, so die Forsa-Umfrage. Selbst die jüngeren Verbraucher (24 bis 39 Jahre) sehen nur zu sechs Prozent das Internet als Apotheke der Zukunft.
Zuverlässigkeit, Know-how und Service gefordert
Die Anforderungen bzw. Erwartungshaltungen der deutschen Verbraucher an die Apotheke sind allerdings sehr hoch: Pharmazeutisches Fachwissen, Freundlichkeit des Personals und Service (Mehrfachnennungen möglich) spielen für 94 Prozent bzw. 92 Prozent eine besonders große Rolle.
Die kompetente Allround-Gesundheitsberatung als mögliche Dienstleistung der Zukunft ist im Bewusstsein der Verbraucher hingegen noch wenig verankert: 20 Prozent der Befragten stufen diesen Service als weniger wichtig ein. In Gesundheitsfragen ist und bleibt offensichtlich der Hausarzt "erste und letzte Instanz".
Frauen und junge Menschen anspruchsvoller
Auffallend an den Ergebnissen der Umfrage sind auch die unterschiedlichen Erwartungshaltungen der Verbraucher: Frauen sind in allen Anforderungsprofilen (bei Service, Freundlichkeit, pharmazeutisches Know-how und Gesundheitsberatung) weitaus anspruchsvoller als Männer, aber auch jüngere Apothekenkunden erwarten mehr als ältere.
Auf der anderen Seite erwarten besser Verdienende, Männer und Akademiker am wenigsten an Service- und Beratungsleistungen in der Apotheke. Allerdings will sich auch diese Gruppe in Zukunft nur in sehr geringem Ausmaß (bis zu sechs Prozent) auf die Internet-Apotheke als alleinige Alternative zur Apotheke "um die Ecke" verlassen.
Im Zusammenhang mit der Forsa-Umfrage sprach die Deutsche Apotheker Zeitung mit Dr. Detlef Graessner, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Starnberger EDV-Unternehmens Pharmatechnik.
DAZ:
Herr Dr. Graessner, die aktuelle Forsa-Studie bestätigt das Vertrauen des Apothekers vor Ort. Welche Trends sehen Sie für die Zukunft?
Graessner:
Angesichts der veränderten Situation nach dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenkassen (GMG) funktioniert das bisherige Modell der Mischkalkulation heute nicht mehr. Der Apotheker sollte folglich darauf achten, sein Lager überwiegend mit Schnelldrehern aus dem niedrigen Preissegment zu bevorraten. Präparate im hochpreisigen Segment sollte er nur wenige, bzw. hauptsächlich in begründeten Ausnahmefällen vorrätig halten.
DAZ:
In welchen Tätigkeitsbereichen haben Apotheken noch Steigerungspotentiale?
Graessner:
Apotheker sollten meines Erachtens mehr auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte achten. So gibt es Software-Programme, die im OTC-Bereich unterstützend dazu beitragen, dass hier mehr Zusatzverkauf generiert werden kann. Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass die Kunden neben dem momentanen Interesse auch auf andere interessante Produkte, beispielsweise im Kosmetik-Bereich, aufmerksam gemacht werden. Um noch einmal auf die Software-Programme zurück zu kommen: Die exakte Verfalldatenkontrolle ist insbesondere im Hinblick auf hochpreisige Artikel von immenser Bedeutung, bedenkt man, dass diese Artikel in der Regel vom Großhandel nicht mehr zurückgenommen werden.
DAZ:
Hat sich vor dem Hintergrund des GMG die Rolle der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) verändert?
Graessner:
Die Rolle der EDV ist im Hinblick auf die Zuzahlungen und die Sonderregelungen noch bedeutender geworden. Ebenso kann mittels der EDV das Hausapothekermodell unterstützt werden. Kurse zur Zertifizierung können übrigens im Hause Pharmatechnik gebucht werden.
Durch die Möglichkeit des begrenzten Mehrbesitzes ist der Direktkauf beim Hersteller sehr interessant geworden – aufgrund der höheren Stückzahlen können natürlich auch entsprechende Rabatte ausgehandelt werden. Dazu gibt es Computerprogramme, mit deren Hilfe der Apotheker erfährt, wann es sinnvoll ist, beim Großhändler einzukaufen oder eben direkt beim Hersteller.
DAZ:
Herr Graessner, das Angebot der Pharmatechnik-Akademie wird immer weiter ausgebaut. Welche Ziele werden damit verfolgt?
Graessner:
Wir haben im vergangenen Jahr über 800 Seminare durchgeführt. Diejenigen Stichpunkte, die ich schon erwähnt habe, greifen wir auch in unserem Akademie-Angebot auf: Mit den Seminaren möchten wir den Apotheker unterstützen - so lernt er beispielsweise, wie es gelingt, die Pflege des Warenlagers zu optimieren.
Und auch in Sachen Beratung geben wir ihm Tipps, wie diese noch verbessert werden kann. Grundsätzlich möchten wir dazu beitragen, dass die Verbindung zwischen den Apothekern und ihren Kunden noch enger wird. So bieten wir beispielsweise Motivations- und Verkaufstrainings für den Apothekenleiter und das gesamte Team an.
DAZ:
Herr Dr. Graessner, wir bedanken uns für das Gespräch.
Die ab 2004 in Deutschland mögliche Bestellung von Arzneimitteln über das Internet stößt bei den Verbrauchern auf wenig Akzeptanz. Nur drei Prozent haben von dieser Möglichkeit bisher überhaupt Gebrauch gemacht, lediglich vier Prozent der deutschen Apothekenkunden wollen sich in Zukunft alleine auf diesen Vertriebsweg verlassen. Dagegen stehen bei weit mehr als 90 Prozent der Verbraucher die Zuverlässigkeit, das pharmazeutische Fachwissen und der Service der Apotheke "um die Ecke" hoch im Kurs.
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