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Arzneimittel und Therapie
Darmkrebs: US-Zulassung für Cetuximab
Der US-Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb hat gemeinsam mit ImClone für die USA die Vermarktungsrechte für das neue Darmkrebsmedikament. Die Merck KGaA hat die Vermarktungsrechte für Erbitux® außerhalb der USA und Kanadas sowie das Co-Exklusivitätsrecht für Japan von dem US-Biotechnologie-Unternehmen ImClone Systems erworben.
Cetuximab hatte Anfang Dezember in der Schweiz erstmals die Zulassung erhalten. Die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic ließ den Antikörper zur Behandlung von Patienten mit Darmkrebs zu, die auf die Chemotherapie mit Irinotecan nicht mehr ansprechen. Merck rechnet mit der europaweiten Zulassung des Darmkrebspräparats Mitte 2004.
Therapie bei Kolorektalkarzinomen
Das therapeutische Vorgehen bei Kolorektalkarzinomen hängt von Stadium, Lokalisation, Größe und eventueller Metastasierung des Karzinoms ab. Vorrangig ist beim Dickdarmkrebs die chirurgische Intervention, allein oder in Kombination mit Strahlen- und Chemotherapie.
In den meisten Ländern ist 5-Fluorouracil (5-FU), als Infusion verabreicht, die Standard-Chemotherapie bei Karzinomen des Verdauungstrakts. 5-FU wird meist mit Leucovorin® (Folinsäure) kombiniert. 5-FU kann auch in Form von Tabletten verabreicht werden (zum Beispiel in Kombination mit Capecitabin [Xeloda®] und Tegafur-Uracil [UFToral®]). Irinotecan (Campto®) und Oxaliplatin (Eloxatin®) werden ebenfalls zur Therapie kolorektaler Karzinome im fortgeschrittenen Stadium eingesetzt.
Angriff am epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor
Der neue Antikörper Cetuximab richtet sich gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (Epidermal Growth Factor Receptor, EGFR), der sich auf der Oberfläche von Krebszellen befindet. Der Rezeptor gehört zu einer größeren Familie von Rezeptoren an der Zelloberfläche.
Wenn die EGFR-Signalkette durch Wachstumsfaktoren stimuliert wird, kommt es zur Stimulierung und Aktivierung der EGFR-Tyrosinkinase. Die folgende Signalweiterleitung über zahlreiche Wege in der Zelle hat eine Zellproliferation und andere Schlüsselereignisse zur Folge, die zur Progression des Tumors beitragen. Die EGFR-Aktivierung kann auch die Absiedelung von Krebszellen in Form von Tochtergeschwülsten (Metastasen) in weit vom Sitz des Primärtumors entfernten Körperteilen begünstigen.
Krebszellen haben höhere Wachstums- und Teilungsrate
In Krebszellen sind die Wachstums- und die Teilungsrate normalerweise höher als in gesunden Zellen. Der EGF-Rezeptor spielt eine wichtige Rolle für den Ablauf des Zellzyklus, die Reparaturvorgänge in der Zelle, den programmierten Zelltod (Apoptose), die Einsprossung neuer Blutgefäße in den Tumor (Angiogenese) und die Absiedelung von Tumorzellen (Metastasierung). Die Aktivierung von EGF-Rezeptoren durch Wachstumsfaktoren kann die für Krebszellen typische Proliferation und Entdifferenzierung auslösen.
In vielen Tumoren ist eine hohe Anzahl an überexprimierten EGFR vorhanden. Dazu gehören nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom, Dickdarm-, Kopf-, Hals, Magen-, Nieren-, Prostata-, Blasen-, Gebärmutter- und Gebärmutterhalskarzinom. Eine EGFR-Expression in einem Tumor ist ein Anzeichen für eine schlechte Prognose mit verminderter Lebenserwartung und verstärkter Metastasierung. 25 bis 77 Prozent aller kolorektalen Karzinome bilden an ihrer Oberfläche eine überproportional hohe Anzahl an epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptoren.
Rezeptoren an der Zelloberfläche blockieren
Wenn Cetuximab an die externe EGFR-Domäne bindet, wird dieser Komplex zur weiteren Verarbeitung ins Zellinnere transportiert. Diese "internalisierten" Rezeptoren stehen nicht mehr für die Bindung von Wachstumsfaktoren zur Verfügung. Dies verhindert zum einen die Infiltration von Tumorzellen in das gesunde Gewebe und zum anderen die Bildung von Tochtergeschwülsten in anderen Körperregionen.
Die Rezeptorblockade mindert die Fähigkeit der Tumorzellen, die Schädigungen durch Chemo- und Strahlentherapie zu reparieren sowie die Ausbildung von neuen Gefäßen im Tumor (Angiogenese). Die Folge ist eine generelle Hemmung des Tumorwachstums.
Antikörper hemmt Tumorwachstum
Der Antikörper konnte zwar bisher nicht zeigen, dass er das Leben der Patienten verlängern kann. Cetuximab verlangsamte aber dennoch bei einigen Patienten das Tumorwachstum. In klinischen Studien der Phase I/II bewirkte Cetuximab in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie eine Hemmung des Tumorwachstums bei akzeptablem Verträglichkeitsprofil.
Cetuximab wird – allein oder in Kombination mit Irinotecan – erfolgreich in der Behandlung des refraktären kolorektalen Karzinoms (fortgeschrittenen Dickdarmkrebs) eingesetzt. Die Wirkung von Cetuximab – als Monotherapie oder in Kombination mit einer Chemotherapie – zeigt sich am besten bei Patienten mit therapierefraktärer Erkrankung, also bei Patienten, die auf die vorherige Chemotherapie nicht mehr angesprochen haben.
Diese Behandlung schlägt auch nach vorherigem Versagen einer Chemotherapie mit Irinotecan an. In der First-line-Therapie weist Cetuximab unter anderem gute Ergebnisse in der Kombination mit Irinotecan auf. Cetuximab wirkte in klinischen Studien gegen das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom mit Carboplatin/Gemcitabin, Carboplatin/Paclitaxel oder Cisplatin/Vinorelbin in der First-line-Therapie und mit Docetaxel in der Second-line-Therapie.
Seine Wirksamkeit wurde auch in der First-Line- und Second-Line-Behandlung bei wiederkehrenden Kopf-Hals-Karzinomen bewiesen. Derzeit wird Cetuximab in Phase II/III der klinischen Entwicklung bei Darm-, Kopf-Hals- und nicht-kleinzelligem Bronchialkrebs geprüft.
Gute Verträglichkeit
Die Verträglichkeit von Cetuximab als Monotherapeutikum oder in Kombination mit einer Chemo- oder Strahlentherapie ist in der Regel gut. Die Nebenwirkungen sind meist harmlos und überlagern sich nicht mit den hauptsächlichen toxischen Wirkungen der Chemotherapie.
Die häufigste Nebenwirkung von Cetuximab ist ein akneähnlicher Hautausschlag von leichtem bis mittlerem Schweregrad, der bei mehr als der Hälfte aller Patienten auftritt. Dieser Ausschlag bildet sich unter fortgesetzter Therapie zurück, er könnte sogar ein Anzeichen eines guten Ansprechens auf die Therapie sein. hel
ImClone hat von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für den Antikörper Cetuximab (Erbitux) zur Behandlung von fortgeschrittenem Dickdarm- und Rektum-Krebs erhalten, der bereits auf andere Organe übergegriffen hat. Cetuximab kann sowohl zur Monotherapie als auch in Kombination mit dem Standard-Chemotherapeutikum Irinotecan eingesetzt werden.
Stadien des Kolorektalkarzinoms
Man benutzt zur Beschreibung der verschiedenen Stadien des kolorektalen Karzinoms das von Dukes entwickelte standardisierte Stadieneinteilungssystem:
- Dukes A: Das Karzinom ist auf die Darmwand begrenzt.
- Dukes B: Das Karzinom hat sich durch die Muskulatur der Darmwand ausgebreitet, aber noch nicht die regionalen Lymphknoten befallen.
- Dukes C: Das Karzinom hat bereits einen oder mehrere regionale Lymphknoten befallen.
- Dukes D: Das Karzinom hat sich schon in andere Körperbereiche ausgebreitet (Sekundärkarzinom).
Darmkrebs
Als kolorektale Karzinome (Colorectal Cancer, CRC) werden Krebserkrankungen des Dickdarms (Kolon) oder Enddarms (Rektum) bezeichnet. Kolon- und Rektumkarzinome können getrennt voneinander auftreten. Fast alle kolorektalen Karzinome entstehen im Dickdarm, die Absiedelung von Tumorzellen (Metastasierung) erfolgt meist in die Lymphknoten in der Umgebung des Darms oder in die Leber.
Faktoren, die das Risiko für ein kolorektales Karzinom erhöhen können, sind: ein hoher Anteil von tierischem Fett und Eiweiß sowie ein niedriger Ballaststoffgehalt in der Nahrung, Dickdarmerkrankungen in der Familienanamnese und höheres Lebensalter (bei 90 Prozent der Patienten tritt das kolorektale Karzinom nach dem 50. Lebensjahr auf).
Während in Industrieländern mit westlicher Lebensweise die Häufigkeit kolorektaler Karzinome außerordentlich hoch ist, werden diese Karzinome in unterentwickelten Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas nur selten beobachtet. In Europa wird jedes Jahr bei mehr als 350 000 Menschen ein kolorektales Karzinom diagnostiziert.
Die Lebenserwartung hängt vom Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ab. Im Frühstadium der begrenzten Erkrankung liegen die Fünf-Jahres-Überlebensraten zwischen 85 und 90 Prozent. Wenn der Tumor schon die Darmwand infiltriert hat, liegt das Fünf-Jahres-Überleben zwischen 60 und 80 Prozent. Wenn schon Fernmetastasen vorhanden sind, sinkt die Fünf-Jahres-Überlebensrate auf weniger als 30 Prozent.
Die meisten kolorektalen Karzinome sind bei der Diagnosestellung schon in einem fortgeschrittenen Stadium: 37 Prozent der kolorektalen Karzinome sind bei der Diagnosestellung noch lokal begrenzt (auf Kolon oder Rektum beschränkt); 37 Prozent sind bei der Diagnosestellung noch regional begrenzt (Ausbreitung ins umgebende Gewebe); 20 Prozent der kolorektalen Karzinome haben bei der Diagnosestellung schon Metastasen in entfernten Organen gebildet.
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