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DAZ aktuell
Kritik an Änderung zur künstlichen Ernährung
Am 7. März kritisierten die Geschäftsführer der Verbände die am 15. Februar beschlossene Neufassung der Arzneimittelrichtlinien als bürokratisches Monstrum, die ursprünglich zehnzeilige Vorschrift sei auf 40 Seiten angewachsen. Die Neuregelung tritt in Kraft, falls das Bundesgesundheitsministerium in den nächsten acht Wochen keine Einwände erhebt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte Erkrankungen aufgelistet, bei denen unter teils restriktiven Voraussetzungen enterale Ernährung verordnungsfähig sein soll.
Diese Ernährung wäre danach nur noch bei vier Krankheitsbildern generell erlaubt, etwa bei Patienten im Koma oder bei Kranken, die wegen Fisteln oder Erkrankungen im Rachen oder in der Speiseröhre nicht mehr essen können. Bei weiteren 23 aufgeführten Erkrankungen wird die künstliche Ernährung entweder ganz gestrichen oder ist an eine Fülle von Voraussetzungen geknüpft, hieß es. Bei krankheitsbedingter Mangel- und Unterernährung an sich dürfe ein Arzt keine künstliche Ernährung verordnen.
Ungleichbehandlungen vorprogrammiert
Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des BPI, Prof. Dr. Barbara Sickmüller, sagte, dass vor allem Krebskranke, Menschen mit neurologischen Grunderkrankungen sowie erblichen Stoffwechselstörungen betroffen sind. Viele dieser Patienten hätten erst wieder Anrecht auf enterale Ernährung, wenn ihr Allgemeinzustand einen Klinikaufenthalt notwendig mache. Denn in Krankenhäusern werde Trink- und Sondennahrung weiterhin bezahlt, so Sickmüller.
Die Erstattungsausschlüsse für Menschen, die zu Hause oder in Heimen lebten, würden mit dem falschen Ansatz begründet, bei der künstlichen Ernährung fehle der Beweis, dass die Nahrung eine bestimmte Krankheit heilt. "Eine therapeutische Wirkung darf enterale Ernährung gar nicht haben. Dies verbietet die Diätverordnung ausdrücklich. Sondennahrung ist zur Ernährung da und beeinflusst über den verbesserten Allgemeinzustand den Heilungsprozess", meinte Sickmüller.
Ethisch bedenklich
Joachim M. Schmitt vom BVMed nannte den Beschluss des G-BA ethisch bedenklich. Ungleichbehandlungen von Patienten seien die Folge. Noch gravierender sei, dass der G-BA sich nicht dem Problem der krankheitsbedingten Mangelernährung annehme, obwohl das Bundesgesundheitsministerium in einer früheren Beanstandung forderte, ethische Fragen wie Sondennahrung bei Sterbenden und bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz in der Diskussion zu berücksichtigen.
Joachim M. Schmitt schlug zur Lösung erneut die gemeinsame Vorlage der Verbände von April letzten Jahres vor, die ein Therapie-Stufenschema mit Kriterien für den Arzt vorsieht, wann welche Ernährungsmaßnahme sinnvoll ist.
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