Arzneimittel und Therapie

EMEA warnt vor Antidepressiva bei Kindern und Jugendlich

Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMEA) hat die Bewertung zu Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmeinhibitoren (SSRI) und der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmeinhibitoren (SNRI) abgeschlossen. Die EMEA empfiehlt den Zulassungsbehörden der Mitgliedsländer stärkere Warnhinweise beim Einsatz dieser Medikamente bei Kindern und Jugendlichen.

Es wird jetzt empfohlen, detailliert auf das mögliche Risiko von Suizidversuchen oder -gedanken oder feindlichem Verhalten (Aggression, oppositionelles Verhalten oder Wut) hinzuweisen. Kinder und Jugendliche, die – off-label – mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmeinhibitoren und Noradrenalin-Wiederaufnahmeinhibitoren behandelt werden, sollten die Medikamente nicht von sich aus absetzen. Ihr Einsatz wird auch nicht ausdrücklich verboten.

In Einzelfällen wird dem Arzt weiter die Möglichkeit eingeräumt, dieses Medikament auch bei Kindern und Jugendlichen einzusetzen, es sollte dann aber vor allem zu Beginn der Behandlung besonders intensiv auf suizidale Gedanken, aggressives Verhalten oder Feindlichkeit geachtet werden, fordert die EMEA.

Verhalten besonders beobachten

Vorausgegangen ist der Bewertung eine Diskussion um ein möglicherweise erhöhtes Risiko von suizidalen Gedanken in der Altersgruppe unter 18 Jahren, für welche diese Medikamente mangels klinischer Daten gar nicht zugelassen waren. Dennoch hatte der Off-label-Einsatz zugenommen, was einzelne Hersteller zur Durchführung von klinischen Studien veranlasste. Diese Studien erbrachten nicht die von den Herstellern erhofften Ergebnisse.

Die deutschen Fachinformationen enthalten derzeit in der Regel den Hinweis, dass der Einsatz mangels klinischer Erfahrungen unterbleiben sollte, was die Schwelle zum Off-label-Einsatz insgesamt niedrig gehalten haben mag. Die Hinweise sollen in den Fachinformationen zu Medikamenten mit den Wirkstoffen Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mianserin, Milnacipran, Mirtazapin, Paroxetin, Reboxetin, Sertralin und Venlafaxin erscheinen.

Atomoxetin ist ausgenommen

Eine Besonderheit besteht bei dem Wirkstoff Atomoxetin, einem Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Atomoxetin (Strattera®) wird zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eingesetzt, die vor allem bei Kindern und Jugendlichen auftritt. Es steht seit März dieses Jahres in Deutschland zur Verfügung. Hierzu wurde der Wirkstoff in dieser Altersgruppe getestet. Die EMEA stellt klar, dass in den Studien zu Atomoxetin keine Hinweise auf ein suizidassoziiertes Verhalten aufgetreten sind.

Die EMEA spricht sich dennoch für einen Warnhinweis aus, der das erhöhte Risiko von Nebenwirkungen wie Feindlichkeit und emotionaler Labilität reflektieren sollte. Außerdem sollte in den Fachinformationen darauf hinwiesen werden, dass das Mittel nicht bei einer Depression wirksam ist. Es ist auch nicht zur Behandlung der Depression zugelassen. Es steht zu befürchten, dass Einsatz bei Kindern mit Depression zu den gleichen Komplikationen führen könnte.

 

Quelle
European Medicines Agency finalises review of antidepressants in children and adolescents. Pressemitteilung der EMEA vom 25. April 2005, www.emea.eu.int/pdfs/human/press/pr/12891805en.pdf EMEA warnt vor SSRI/NaRI bei Kindern und Jugendlichen – ADHS-Mittel Atomoxetin als Ausnahme. Deutsches Ärzteblatt online, 26. April 2005. ck

Bewertung der Antidepressiva 

Das für Humanarzneimittel zuständige wissenschaftliche Komitee, das CPMP (Committee of Proprietary Medicinal Products) der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA hat folgende Wirkstoffe in die Bewertung einbezogen: Atomoxetin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mianserin, Milnazipran, Mirtazapin, Paroxetin, Reboxetin, Sertralin und Venlafaxin.

 

Für die meisten lagen klinische Studien zum Einsatz bei Kindern und Jugendlichen vor. Mit Ausnahme von Atomoxetin soll in alle Fachinformationen ein Warnhinweis aufgenommen werden, der Ärzte, Eltern und Patienten auf das mögliche Risiko von Suizidversuchen oder -gedanken in dieser Altersklasse hinweist, so die Empfehlung.

Zum Weiterlesen DAZ-Interview: Atomoxetin – eine sichere Alternative zu Methylphenidat DAZ 2005, Nr. 10, S. 32 – 38. www.deutsche-apotheker-zeitung.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.