DAZ Feuilleton

... des Teufels Weib soll brennen

Die Inquisition und Hexenprozesse in Kursachsen sind das Thema einer Sonderausstellung, die bis zum 28. August im Museum Schloss Delitzsch zu sehen ist. Gezeigt werden Foltergeräte, Dokumente, Bücher und Grafiken.

 

Elben und Bilsen

Sie habe "weiße Elben" gesehen "so gelebet / spitzige Schnäbel und schwartze Köpffe gehabt", wird in einer Prozessakte von 1608 die Aussage der Grete Judenbartt protokolliert. Sie habe beobachtet, "wie die jungen Raupen hin und wieder gekrochen / welche sie zur Zauberey gebraucht". Die Angeklagte gestand auch einen Beischlaf mit dem Teufel.

Ein Konkubinat mit dem Satan war nach damaliger Rechtsauffassung allgemeingefährlich, weil dabei Bilsen und Elben gezeugt wurden. Diese Wesen galten als Verursacher von Missernten, die damals immer wieder zu Teuerungen und Hungersnöten führten. Ebenso glaubte man, dass sie den Menschen Krankheiten und Schmerzen zufügen.

Vermeintlichen Zauberinnen und Hexen wurde nachgesagt, dass sie Bilsen und Elben herbeirufen und auch wieder vertreiben konnten. Angeblich verwendeten sie dazu Speisen, Tränke, Salben oder sonstige Zubereitungen, die sie aus Kräutern, mitunter aber auch aus Schlangen, Kröten und anderen Tieren hergestellt hatten.

Wegen Drogenbesitzes der Hexerei verdächtigt

Der Genuss von berauschenden Pflanzen wie Bilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche sowie von Fliegenpilzen wurde seit dem späten 15. Jahrhundert durch die römische Kirche als Ketzerei ausgelegt und konnte als Indiz für Hexerei gelten. Unter den Gelehrten hatte sich um 1500 der Glaube an die Zeugung von Elben und Bilsen durch den Beischlaf mit dem Teufel durchgesetzt, was auch die Gerichtsverfahren beeinflusste.

In den ausgewerteten kursächsischen Prozessakten nach 1600 erscheint der Vorwurf, durch Teufelsbuhlschaft Bilsen gezeugt zu haben, allerdings nicht mehr. Die Schuldzuweisungen verlagern sich nun deutlich auf den Schadenszauber durch vermeintliche Hexen. Der Besitz und Konsum magischer Pflanzen blieb jedoch strafrechtlich relevant. Als Strafe für erwiesene Hexerei hatte schon der "Sachsenspiegel" den Feuertod vorgeschrieben. Mit der Übernahme des Römischen Rechts wurden dann einzelne Bestimmungen durch Glossen ergänzt. So waren ab Beginn des 16. Jahrhunderts auch das Wahrsagen und Segensprechen (von Laien) strafbare Handlungen.

Um Differenzen zwischen der Reichs- und der Landesgesetzgebung auszuräumen, beauftragte man 1565 die juristischen Fakultäten der Universitäten Leipzig und Wittenberg, ein neues Gesetzeswerk, die kursächsischen "Constitutiones", zu schaffen. Die Verfasser orientierten sich dabei am "Malleus maleficarum" ("Hexenhammer") des Heinrich Institoris (ca. 1430 – ca. 1505) und regelten sämtliche zivil- und strafrechtlichen Fragen wie auch den Prozessverlauf. Zauberei- und Hexereiverbrechen erfuhren nun eine weitreichende Differenzierung in ihrer Wertung und Strafmaßzuschreibung.

Ein Arzt kämpft gegen den Hexenwahn

Ein entschiedener Gegner der Hexenverfolgung war bereits damals Johann Weyer (ca. 1515–1588), Leibarzt des Herzogs Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg. In seiner 1563 publizierten Schrift "Über die Blendwerke der Dämonen" bekämpfte er den Hexenglauben. Der Mediziner legte dar, dass Hexerei eine Täuschung durch den Teufel und somit Einbildung sei. Auch die Hexenprozesse seien ein Werk des Teufels, der damit Unruhe in der Christenheit verbreite.

Weyer appellierte, nicht die angeblichen Hexen, sondern den Hexenwahn zu bekämpfen. Weil er aber weder Jurist noch Theologe war, wurde er in den entscheidenden Kreisen nicht ernst genommen. Jean Bodin widersprach in seiner "Daemonomania" Weyers Ausführungen ebenso wie Joos de Damhouder und Paul Grillander. Deren Schriften waren an den Universitäten Leipzig und Wittenberg Grundlage für die damalige Rechtsauffassung zu Zauberei- und Hexereiverbrechen.

Hexenprozesse in Kursachsen

In Kursachsen wurden Strafsachen wegen vermeintlicher Hexerei ausnahmslos vor weltlichen Gerichten verhandelt. Häufig erfolgte die Anklage in Kombination mit anderen Delikten. Bei etwa einem Drittel von 900 nachweisbaren Einzelanklagen wurde die Todesstrafe ausgesprochen; bei verwandten Vergehen mit nichtschadender Magie, bei belastenden Indizien ohne Geständnis oder dem Widerruf einer unter Folter gestandenen Straftat wurde meistens eine befristete oder ewige Landesverweisungen verhängt.

Leichtere Zaubereivergehen wurden mit Ehrenstrafen geahndet wie Stehen am Pranger, Züchtigung, Haft oder Geldbuße sowie Auflösung der Ehe. Minderjährige wurden gezüchtigt und durch den Pfarrer belehrt. Mangelte es hingegen an Indizien oder war der Delinquent auch auf der Folter nicht zum Geständnis zu bewegen, wurde er freigelassen.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts führten interdisziplinäre Diskussionen unter maßgeblicher Beteiligung der Juristen Benedict Carpzov und Kaspar Ziegler sowie der Ärzte Johann Michaelis und Michael Ettmüller schließlich zur Einstellung der Hexenprozesse. In ganz Mittel- und Westeuropa – in Russland war die Hexenverfolgung unbedeutend – sind etwa 50.000 der Hexerei und Zauberei bezichtigte Menschen hingerichtet worden. 1752 starb im Kurfürstentum Bayern die letzte gerichtlich verurteilte "Hexe" auf dem Scheiterhaufen.

Reinhard Wylegalla

Ausstellung 

Museum Schloss Delitzsch, Schlossstraße 31, 04509 Delitzsch Tel. (03 42 02) 6 72 08, Fax 6 74 09, E-Mail: museum-schloss-delitzsch@t-online.de Web: www.delitzsch.de Geöffnet: dienstags bis freitags und sonntags 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, samstags 14 bis 17 Uhr

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