Dermopharmazie

Sonnenbrand – krebsrot statt urlaubsbraun

Während herkömmliche Sonnenschutzmittel vor UV- bedingten Hautschäden ausschließlich vorbeugend schützen, können Photolyasehaltige Produkte in gewissem Umfang bereits eingetretene Hautläsionen reparieren. Mit diesem Algenenzym lässt sich die Hautprotektion gegenüber schädlichen Effekten des Sonnenlichts also erheblich steigern. Im  Zuge des allmählich wachsenden UV-Bewusstseins in der Bevölkerung gewinnen entsprechende Pflegeprodukte zunehmend an Stellenwert  – eine Chance für Apotheken, ihre Fachkompetenz bei diesem aktuellen Topthema in der Beratung umzusetzen. 

Das veränderte Freizeitverhalten, die wachsende Beliebtheit sonnensicherer Urlaubsorte und die schwindende Ozonschicht gehen mit einer verstärkten UV-Exposition der Haut einher. Sonnenlicht stellt ein oft noch unterschätztes, jedoch nachgewiesenermaßen potentes Karzinogen dar. Klassische Sonnenschutzmittel verhindern bzw. vermindern mit Hilfe physikalischer oder chemischer Lichtschutzfilter per Reflexion oder Absorption von UV-Strahlen lichtinduzierte Hautveränderungen. Ihr regelmäßiger und sachgerechter Einsatz ist daher vor jeder Sonnenexposition unverzichtbar. Hat jedoch die UV-Strahlung bereits so intensiv auf die Haut eingewirkt, dass erste Veränderungen eingetreten sind, können herkömmliche Sonnenschutzprodukte nichts mehr ausrichten. Aus dermatologischer Sicht ist daher ein photoprotektives Pflegekonzept wünschenswert, das sowohl einen prä- als auch einen postexpositionellen Schutz vor UV-bedingten Hautschäden bietet.

Wie UV-Strahlen die Haut schädigen

Sonnenlicht kann ganz verschiedene Hautveränderungen verursachen: Langwellige UV-A-Strahlen (320 bis 400 nm) dringen tief in die Haut bis zum Corium ein und beeinträchtigen dort u. a. die Elastizität der Kollagenfasern, was zu vorzeitiger Hautalterung führt. Im Zusammenspiel mit Emulgatoren und Lipiden können UV-A-Strahlen außerdem polymorphe Lichtdermatosen wie z. B. Mallorca-Akne auslösen. In der Oberhaut sorgt UV-A für das Nachdunkeln vorhandener Melaninvorstufen und fördert so die Sofortbräunung der Haut. Die physiologische Bedeutung des UV-B-Anteils (von 280 bis 320 nm) im Sonnenlicht besteht u. a. in der lichtinduzierten Vitamin-D-Eigensynthese des Körpers. Außerdem regt UV-B die Melaninneusynthese in der Basalzellschicht an.

Für phototoxische Effekte wie Sonnenbrand und immunsuppressive Effekte wird in erster Linie die kurzwellige UV-B-Strahlung verantwortlich gemacht. Sie interagiert mit der DNA menschlicher Hautzellen, in deren Folge es zu Mutationen sowie zu immunsuppressiven Effekten kommen kann. Obwohl ihr Anteil mit 0,5% an der Gesamtstrahlung relativ gering erscheint, ist UV-B-Strahlung zu mindestens 80% an der Entstehung von Hautkrebs beteiligt.

Entscheidend ist die Dimeren-Bildung

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass die schädlichen Effekte der UV-B-Strahlung auf einen gemeinsamen Mechanismus zurückzuführen sind: UV-B-Strahlen verursachen an der DNA von Keratinozyten die Bildung so genannter Photoprodukte. Dabei handelt es sich in erster Linie um Cyclobutanpyrimidin-Dimere (CPD), die durch Vernetzung zweier im DNA-Strang benachbarter Thyminbasen entstehen. Je intensiver die UV-B-Exposition, desto mehr Dimere werden gebildet und umso größer ist der lichtinduzierte Schaden. Ist ein bestimmtes Ausmaß überschritten, bilden sich so genannte Sonnenbrandzellen (apoptotische Keratinozyten). Bei ihnen wird ein Apoptoseprogramm gestartet, das die betroffenen Zellen vorzeitig absterben lässt.

Da als Folge der Dimeren-Bildung Mutationen in Tumorsuppressorgenen und Onkogenen auftreten können, gilt die Dimerisierung heute als zentraler und entscheidender Schritt der Photokarzinogenese. Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits eine minimale Erythemdosis (MED) an UV-B-Strahlung, die nur ein gerade erkennbares Erythem hervorruft, schon eine signifikante Zahl von Cyclobutanpyrimidin-Dimeren verursacht.

Immunsuppression beschleunigt Entartung

Man geht heute davon aus, dass Hautkrebs beim Zusammenspiel von Mutationen und Immunsuppression entsteht. So haben In-vivo-Untersuchungen gezeigt, dass UV-B-Strahlen via Dimere die IFN-gamma-vermittelte Bildung des interzellulären Adhäsionsmoleküls-1 (ICAM-1), einer für die Immunabwehr in der Epidermis wichtigen Substanz, unterdrücken. Die Cylobutanpyrimidin-Dimeren können also durch die von ihnen ausgelösten immunsuppressiven Effekte dem ungehinderten Wachstum entarteter Zellen Vorschub leisten. Angesichts dieser Zusammenhänge der Photokarzinogenese sind Möglichkeiten, die Dimerisierung und damit deren Folgen zu verhindern, von erheblichem Interesse.

Photolyase trennt Dimeren

Die menschliche Haut verfügt über einen Enzymkomplex zur Nukleotid-Exzision, der veränderte DNA-Bereiche aus dem DNA-Strang herausschneidet und durch eine korrekte Nukleotidfolge ersetzt. Dieses Reparatursystem funktioniert lichtunabhängig, weshalb es auch "dark repair" genannt wird. Es läuft jedoch relativ langsam ab und hat nur eine begrenzte Kapazität.

Im Gegensatz zum Menschen verfügen manche primitiven Organismen wie z. B. Blaualgen, aber auch einige Fische und Beuteltiere, über ein "light repair"-System. An diesem lichtabhängigen System ist nur ein einziges Enzym beteiligt, die Photolyase. Dieses Enzym ist in der Lage, spezifisch an Cyclobutanpyrimidin-Dimere zu binden. Unter Einwirkung von photoreaktivierendem Licht (300 bis 500 nm) werden die dimerisierten Pyrimidine von der Photolyase wieder in ihre monomere Form zurückgeführt, die UV-B-induzierte Dimerisierung also rückgängig gemacht.

Spezielle Gelformulierung

Das Enzym Photolyase wird aus einer Blaualge (Anacystis nidulans) gewonnen, in Liposomen eingeschlossen und dann als spezielle Gelformulierung (enthalten z. B. in Ladival® med) auf UV-B-exponierte Hautareale appliziert. Um die Stabilität der Gelformulierung zu gewährleisten, werden wässrige, emulgatorfreie Grundlagen eingesetzt. Die aus Ei-Lecithin, Cholesterolhemisuccinat und Ölsäure aufgebauten Liposomen ermöglichen den raschen Transfer der Photolyase durch die Hornschicht und erleichtern deren Eintritt in die Keratinozyten. Aufgrund einer säurelabilen Lecithinfraktion zerfallen die Liposomen intrazellulär und setzen vor Ort die Photolyase frei. Für deren Photoreaktivierung ist bereits normales Tageslicht oder Kunstlicht ausreichend. Ein messbarer Reparaturprozess setzt nach 5 Minuten ein und erreicht nach 30 Minuten sein Maximum.

Fast 50%ige Reparatur

In einer Studie (Stege et al.) wurde anhand von Hautbiopsien untersucht, inwieweit die topische Applikation liposomal verkapselter Photolyase auf UV-B-vorbestrahlte menschliche Gesäßhaut die Dimeren-Zahl reduzieren kann. Bereits nach 30-minütiger Einwirkzeit waren 40 bis 45% der Dimeren aus der UV-B-vorbestrahlten Haut wieder verschwunden. Die durch die Photolyase erzielte Dimeren-Entfernung war unmittelbar nach der Photoreaktivierung mit 42% und 22,5 Stunden später mit 44% praktisch gleich. Außerdem hat die Studie gezeigt, dass sich die unter UV-B-Bestrahlung unterdrückte Expression des Adhäsionsmoleküls ICAM-1 durch eine Photolyase-Behandlung wieder herstellen lässt. Damit konnte in vivo nachgewiesen werden, dass die maßgeblich an der Photokarzinogenese beteiligte UV-B-induzierte Hautrötung und Sonnenbrandzellbildung und auch die UV-B-induzierte Immunsuppression mittels einer Photolyase-haltigen Liposomenzubereitung reduziert werden können. Quintessenz der Studien-Autoren ist, dass das Enzym Photolyase die üblichen Sonnenschutzfilter zwar nicht ersetzen kann, jedoch in Kombination mit ihnen eine hocheffektive Photoprotektionsstrategie für die Haut darstellt.web

Praktische Tipps zum Sonnenschutz

  • Zwar verlängert Nachcremen die Schutzzeit nicht, ist aber dennoch erforderlich, um Abrieb durch Schwitzen, Baden oder Textilien auszugleichen.
  • "Sonnenterrassen" wie Stirn, Nasenrücken, Ohren, Schultern, Fußrücken müssen besonders sorgfältig eingecremt werden.
  • Erwachsene benötigen für eine Ganzkörperanwendung ca. 25 ml Sonnenmilch oder -gel bzw. 20 ml -spray. Wird zu sparsam aufgetragen, verringert sich der Lichtschutzfaktor um das Zwei- bis Vierfache.
  • Sonnenschutz sollte auch an bedeckten Tagen nicht vernachlässigt werden, denn selbst eine geschlossene Wolkendecke hält höchstens 20% der UV-Strahlung ab.
  • Auch Wasserratten sind nicht UV-sicher, denn noch einen Meter unter der Wasseroberfläche sind über 50% der UV-Strahlung messbar.
  • Kleinkinder benötigen aufgrund ihrer dünnen, meist wenig pigmentierten Haut einen besonders intensiven Sonnenschutz.
  • Mit jedem Sonnenbrand – vor allem im Kindesalter – steigt das individuelle Hautkrebsrisiko.
  • Personen, die zu Mallorca-Akne neigen, sollten nur fett- und emulgatorfreie Sonnenschutzprodukte verwenden.
  • Besonders empfindliche Hauttypen sollten sonnengeeignete Textilien tragen. Dabei gilt: Je dichter und dunkler der Stoff, desto besser der UV-Schutz.
  • Am Strand, auf dem Wasser und im Schnee ist die Sonnenstrahlung wegen Reflexionseffekten besonders intensiv.
  • Im Gebirge nimmt die Strahlungsintensität pro 1000 Höhenmeter um 20% zu.

 

 

Sonnenschutz für allergiegefährdete Haut 

Sehr hellhäutige Menschen und solche mit extrem empfindlicher Haut leiden häufig unter Sonnenallergie und Mallorca-Akne. Diesem Kundenkreis sollten fett- und emulgatorfreie Produkte empfohlen werden, die auch dann noch angewendet werden können, wenn allergische Hautreaktionen bereits eingetreten sind. Parallel sollte auf fetthaltige After-sun- oder andere ölige Hautpflegeprodukte verzichtet werden. Speziell für überempfindliche Haut wurden Hydrodispersionsgele (z. B. Ladival® Allerg*) entwickelt, die sich optisch und kosmetisch von einer Sonnenlotion nicht unterscheiden. Mit ihrer Wasserbasis ermöglichen Hydrodispersionsgele eine gleichmäßige Verteilung auf der Haut und hinterlassen keinen Fettfilm. Da sie weder Emulgatoren noch Parfüm oder Konservierungsmittel enthalten, eignen sie sich besonders für die sensible, allergiegefährdete Haut.

 

Präventionsratgeber - Achtung Sonne! 

Tipps zum Schutz vor UV-Strahlen und eine Anleitung zum Erkennen bösartiger Hautveränderungen bieten die Ratgeber "Achtung Sonne!" und "Ihr bester Sonnenschutz" der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP). Diese Broschüren, die neu gestaltet wurden, sind kostenlos bei der Deutschen Krebshilfe erhältlich und stehen im Volltext unter www.krebshilfe.de.

Die Diagnose Hautkrebs trifft hierzulande jedes Jahr rund 144.000 Menschen neu. 22.000 von ihnen erkranken an dem besonders gefährlichen malignen Melanom, dem schwarzen Hautkrebs. Die Betroffenen werden immer jünger: Bereits 20-Jährige können an einem Melanom erkranken. Die Gründe hierfür liegen im geänderten Freizeitverhalten: Vermehrte Urlaube im Süden und häufige Besuche im Solarium tragen ihren Teil dazu bei.

Speziell Sonnenbrände im Kindes- und Jugendalter erhöhen die Gefahr, später an Hautkrebs zu erkranken. Je früher junge Menschen lernen, sich in der Sonne richtig zu verhalten, desto besser. Wie einfach und effektiv sich jeder vor den UV-Strahlen schützen kann, erläutert der Präventionsratgeber "Achtung Sonne!". Für Eltern gibt es darin spezielle Tipps, denn die Kleinsten tragen in der Sonne das größte Risiko. Hautkrebs ist heilbar, wenn er früh erkannt wird. Der Ratgeber "Ihr bester Sonnenschutz" gibt eine Anleitung zur Selbstuntersuchung und nennt Risikopersonen, die ganz besonders auf ihre Haut achten sollten.

Die Präventionsratgeber "Achtung Sonne!" und "Ihr bester Schutzfaktor" können kostenfrei bestellt werden bei:

Deutsche Krebshilfe, Postfach 14 67, 53004 Bonn, Fax (02 28) 7 29 90 11, E-Mail: deutsche@krebshilfe.de.

 

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