Sozialpharmazie

Arzneimittelimporte gemäß § 73 Abs. 3 AMG

Obwohl in Deutschland ein umfangreiches Arzneimittelsortiment zur Verfügung steht, importieren Apotheken nach den Vorgaben des § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz auch Produkte aus dem Ausland, die in Deutschland nicht zugelassen oder registriert sind. Um welche Arzneimittel handelt es sich dabei hauptsächlich? Für wen sind sie bestimmt? Welche Vorteile oder Risiken ergeben sich aus dem Import für die Patienten? Diesen Fragen sind nordrhein-westfälische Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker in einer sozialpharmazeutischen Untersuchung nachgegangen.

 

Importe und Haftungsfragen

In Deutschland sind ca. 50.000 verschiedene Arzneimittel zugelassen oder registriert [1], die den Bedarf der Patienten zu fast 100 Prozent abdecken. Für Ausnahmefälle erlaubt das Arzneimittelgesetz (§ 73 Abs. 3 AMG) den begrenzten Import von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln [2]. Für die vorliegende Untersuchung interessierten nur die von deutschen Apotheken importierten Arzneimittel und arzneimittelähnlichen Produkte für die Anwendung am Menschen.

Die Haftung des pharmazeutischen Unternehmers für Arzneimittelschäden nach §§ 84 bis 94 AMG entfällt bei Importen. Im Falle eines Arzneimittelschadens kommen nur die Haftpflicht des Arztes oder des Apothekers und das Produkthaftungsrecht zum Tragen. Diese Haftung bleibt weit hinter der Arzneimittelhaftung nach AMG zurück, die in den letzten Jahren u.a. durch Erhöhung der Haftungsbeiträge und durch Umkehr der Beweislast zu Lasten der Hersteller eine wesentliche Vergünstigung für die Verbraucher erfahren hat.

Wie viel wird über Apotheken importiert?

Im Jahr 2003 wurden in der Bundesrepublik Arzneimittel im Wert von ca. 56 Mio. Euro zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gemäß § 73 Abs. 3 importiert. Auf 1000 Versicherte kamen bundesweit 3,2 derartige Verordnungen, in Nordrhein-Westfalen waren es 2,6 Verordnungen je 1000 Versicherte [3]. Während die GKV diese Daten erst seit 2001 erhebt, tut die AOK dies bereits seit 1999. Ihre Daten zeigen, bezogen auf den Umsatz, eine deutliche Steigerung der Importe (Abb. 1) [4].

Wer kontrolliert Importe außerhalb von Apotheken?

Die Kontrolle des Arzneimittelimports ist Aufgabe unterschiedlicher Behörden. Die Zollbehörden sind befugt, Stichproben importierter Pakete zu Prüfzwecken zu öffnen. Allerdings liegen keine Daten über die Anzahl der Stichproben und Beanstandungen vor. Sofern vermutet wird, dass der Import illegal ist, werden die zuständigen Arzneimittelüberwachungsstellen der Bundesländer aktiv. Aber auch diese Vorgänge werden bislang nicht systematisch dokumentiert, ausgewertet oder gar veröffentlicht. Folglich lässt sich nur vermuten, wie und in welchem Ausmaß importierte Arzneimittel die Gesundheit der Bevölkerung gefährden (s. Kasten).

Was wir wissen wollten

In Nordrhein-Westfalen gehört es zu den sozialpharmazeutischen Aufgaben der Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker, mehr Klarheit über das Importgeschehen zu schaffen und die Bevölkerung gegebenenfalls zu warnen; deshalb haben sie auch die hier vorgestellte Untersuchung durchgeführt [8].

Bei dem Projekt standen folgende zentrale Fragen im Vordergrund:

  • Welche Produkte werden von Apotheken aufgrund des § 73 Abs. 3 AMG nach Deutschland importiert?
  • Sind Versorgungslücken zu vermuten, die nur durch den Import von Arzneimitteln nach § 73 Abs. 3 geschlossen werden können?
  • Gefährden die Importe die Gesundheit der Bevölkerung?

Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium und die beiden Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe unterstützten dieses Projekt, die einzelnen Apotheken waren aber nicht zur Offenlegung ihrer Importe verpflichtet.

Insgesamt standen Daten des 2. Halbjahres 2003 von 1064 Apotheken (62%) in 19 von 54 Kreisen und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens zur Verfügung. Damit konnten 10.729 Importvorgänge erfasst werden, von denen 10.591 auswertbar waren; diese umfassten 19.193 Packungen.

Was wurde importiert?

Die weitaus meisten Apotheken meldeten eine bis zehn importierte Packungen (Abb. 2). Mit Abstand am häufigsten wurden Arzneimittel importiert, die dem Bereich der schulmedizinischen Therapie zuzuordnen sind, nämlich 12.231 Packungen (Abb. 3). Hier drängt sich die Frage auf, ob diese Menge angesichts des deutschen Arzneimittelsortiments gerechtfertigt ist. Bei den Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen spielen vor allem Bachblütenmischungen und Homöopathika eine größere Rolle. Da die pflanzlichen Arzneimitteln sicherlich nur zum Teil der schulmedizinischen Richtung zuzuordnen sind, sind sie hier gesondert aufgeführt.

Innerhalb der importierten schulmedizinischen Arzneimitteln überwiegen die auf das Nervensystem wirkenden Präparate mit einem Anteil von 24,3%. Die herausragende Stellung dieser Arzneimittelgruppe ist nicht ungewöhnlich. Da nach der ATC-Klassifizierung [9] neben den Psychopharmaka, Parkinsonmitteln und Antiepileptika auch die Analgetika in diese Klasse fallen, entspricht der erste Rang ihrer Bedeutung im gesamten Verordnungsgeschehen zu Lasten der GKV [10]. Das in dieser Klasse weitaus am häufigsten eingeführte Präparat ist Ritalin® (Methylphenidat).

Auf dem zweiten Rang finden sich die Antiinfektiva. Da aber das Antiinfektivum Distobram® in Bonn sehr häufig angefordert wurde, würden die Antiinfektiva bei Nichtberücksichtigung dieses Sonderfalls nur einen der hinteren Plätze einnehmen. Auf Rang 3 liegen die Mittel mit Wirkung auf das Blut und die Blut bildenden Organe. Verglichen mit dem normalen Verordnungsgeschehen [10], sind sie hier überdurchschnittlich vertreten, während die Antiinfektiva (ohne Distobram®) und die Mittel mit Wirkung auf das kardiovaskuläre bzw. das alimentäre System bei den Importen unterdurchschnittlich vertreten sind.

Die am häufigsten importierten Präparate

Bei der Statistik der 20 am häufigsten importierten Präparate wurde nicht nach schulmedizinischen und nicht schulmedizinischen Präparaten unterschieden (Tab. 1). Teilweise wurden hier mehrere Präparate zusammengefasst. So verbergen sich hinter "Bachblüten" unterschiedliche pflanzliche Lösungen, die jedoch nach den gleichen Prinzipien hergestellt und angewendet werden. Es wird deutlich, dass diese Produkte in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert haben (Rang 1).

Das am häufigsten importierte Arzneimittel des schulmedizinischen Bereiches war das Schweizer Psychopharmakon Ritalin® SR (Methylphenidat in retardierter Form zur einmal täglichen Einnahme). Zu einem geringen Anteil wurde Ritalin® auch aus den USA importiert. In Deutschland ist erst seit Januar 2003 ein retardiertes Präparat zugelassen, das allerdings weitaus teurer ist als Ritalin® SR, weshalb einige Ärztinnen und Ärzte das Letztere verordnen. Dies deutet darauf hin, dass sie arzneimittelrechtliche Haftungsrisiken geringer einschätzen als mögliche Regressforderungen der Krankenkassen.

Auf dem dritten Rang befindet sich das genannte Antibiotikum Distobram® (Tobramycin), das in Deutschland unter einem anderen Handelsnamen verfügbar ist. Da es zu 96% in Bonn verordnet wurde, handelt es sich um einen lokalen Sonderfall. Aufgrund der Anonymität der Daten ist kein Rückschluss auf Gründe für die Verordnung möglich. Wie schon bei Ritalin® SR stellt sich auch hier die Frage, ob sich die verordnenden Ärzte des Haftungsrisikos bewusst sind. Eine vergleichbare Problematik ergibt sich bei den Produkten Canusal® (Rang 4), Enbrel® (Rang 6), Thromboreductin® (Rang 13), Persantin® (Rang 16), Proxen® (Rang 18) und Heparin (Rang 20).

In einzelnen Fällen haben die Apotheken auf ausländische Angebote zurückgegriffen, weil deutsche Hersteller nicht lieferfähig waren. Dies trifft zumindest für Enbrel® (Etanercept) zu. Doch auch hier fragt sich, ob die mit einem Import verbundenen Haftungsrisiken in Kauf genommen werden mussten oder ob eine verfügbare deutsche Alternative die bessere Lösung gewesen wäre. Das Präparat Primatene® (Guaifenesin/Ephedrin) zur Notfallbehandlung bei allergischen Reaktionen nach Insektenstichen wurde relativ häufig verordnet (Rang 24), weil ein vergleichbares Produkt zum Zeitpunkt der Erhebung auf dem deutschen Markt nicht erhältlich war.

Nach § 73 Abs. 3 Satz 2 AMG ist der Arzneimittelimport über Apotheken grundsätzlich "nur in geringen Mengen und auf besondere Bestellung einzelner Personen" erlaubt. Dennoch haben einige Apotheken größere Mengen eines Arzneimittels auf eine Verordnung hin importiert (Tab. 2). Abgesehen von der rechtlichen Unzulässigkeit ist es z. B. unverständlich, warum Coracten® (Nifedipin) überhaupt importiert wurde, denn der Wirkstoff ist in zahlreichen Präparaten und unterschiedlichen Darreichungsformen auf dem deutschen Markt erhältlich.

Import von in Deutschland nicht zugelassenen Wirkstoffen

Es wurden insgesamt 50 schulmedizinische Arzneimittel mit Wirkstoffen, die in keinem in Deutschland zugelassen Präparat vorhanden sind, importiert. Der Anteil an allen importierten Packungen beträgt 7,5%. In diesem Segment steht Thalidomid auf Platz 1 (Tab. 3). Das Anfang der 60er-Jahre von der deutschen Firma Grünenthal entwickelte und als Schlafmittel (Contergan®) vertriebene Mittel wurde inzwischen von anderen pharmazeutischen Unternehmen erfolgreich als Mittel zur Behandlung der Lepra und des multiplen Myeloms weiterentwickelt. Für letztere Indikation existieren bereits nationale Zulassungen, z. B. in Australien. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hält den Import über Apotheken nach Deutschland unter ganz bestimmten Sicherheitsvoraussetzungen für statthaft [11].

Eine kritische Bewertung der 50 Importarzneimittel dieses Segments ergab, dass 31 Präparate eine Versorgungslücke geschlossen haben. Zwei Präparate werden als Diagnostika eingesetzt. 17 weitere Präparate können möglicherweise Vorteile für einzelne Patienten gehabt haben [12].

Wer bestellt und wer bezahlt?

Die meisten Importe wurden durch weibliche Kunden veranlasst und erfolgten auf private Kosten der Besteller (Abb. 4). Auffallend häufig bestellten Frauen Bachblüten-Präparate. Dies bestätigt, dass viele Frauen zurückhaltender gegenüber schulmedizinischen Produkten sind als Männer und offener für Arzneimittel der alternativen Medizin [13].

Im Bereich der schulmedizinischen Präparate überwogen weibliche Besteller u.a. bei den systemischen Hormonpräparaten und bei den Mitteln mit Wirkung auf das urogenitale System (Abb. 5). Männliche Patienten dominierten bei den Bestellungen von Antiinfektiva sowie von Präparaten mit Wirkung auf das Nervensystem und auf das kardiovaskuläre System.

Die ungleiche Geschlechterverteilung bei den importierten schulmedizinischen Arzneimitteln lässt sich zum Teil an einzelnen Produkten festmachen. So waren 84% der Importe des Antiinfektivums Reyataz® (Atazanavir) für Männer bestimmt. Das bei den auf das Nervensystem wirkenden Arzneimitteln am häufigsten verordnete Präparat Ritalin® SR war fast ausschließlich für männliche Kinder und Jugendliche bestimmt. Auch bei den Mitteln zur Behandlung von Erkrankungen im Bereich des Urogenitalsystems gab es "typisch" geschlechtsspezifische Arzneimittel wie Kontrazeptiva und sonstige Hormonpräparate für Frauen bzw. Männer. Die Importe von DHEA erfolgten etwas häufiger (54,8%) für Frauen.

Die Ergebnisse zu den Kostenträgern der Importe sind nicht weiter überraschend (Tab. 4). Zu Lasten der GKV wurden in erster Linie schulmedizinisch anerkannte Produkte verordnet, aber nur wenige homöopathische Mittel, obwohl dies zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht ausdrücklich verboten war. Bei den Importen zu Lasten der Privaten Krankenversicherung dominierten die homöopathischen Mittel, während die Bachblüten-Produkte zum größten Teil selbst bezahlt wurden.

Nutzen und Risiken für die Bevölkerung

Die Möglichkeit des Imports von Arzneimitteln nach den Bestimmungen des § 73 Abs. 3 AMG eröffnet den Verbrauchern Chancen:

  • Sie können über diesen Weg Arzneimittel erhalten, die in Deutschland erst zeitversetzt zur Verfügung stehen (z. B. Reyataz®) oder für die in Deutschland kein Antrag auf Zulassung gestellt wurde (z. B. Thalidomid). Insofern können Arzneimittelimporte Versorgungslücken schließen. Der Anteil solcher Präparate am gesamten Arzneimittelimport über Apotheken ist allerdings nach den Ergebnissen dieser Untersuchung mit 7,5% (nach Packungsmengen) nicht sehr groß.
  • Sie können alternative Therapieoptionen nutzen, die in Deutschland nicht verfügbar sind, wobei allerdings ein eventueller Verzicht auf eine anerkannte Therapie bedenklich erscheint. Im Vergleich zum Nutzen erscheinen die Risiken des individuellen Arzneimittelimports (s. Kasten) ungerechtfertigt hoch, wenn es im deutschen Markt gleichwertige Alternativen gibt. Bedenklich ist auch, wenn das importierte Produkt
    • in Deutschland als Arzneimittel eingestuft ist, aber im Ausland als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel gehandelt wird; hier akzeptiert der Verbraucher einen niedrigeren Schutzstandard;
    • weder deutsch gekennzeichnet noch mit einem deutschen Beipackzettel versehen ist, was häufig der Fall ist;
    • möglicherweise langfristige Wirkungen und Nebenwirkungen hat; besonders risikobehaftet sind Produkte mit hormonartigem Wirkungsmechanismus wie Melatonin oder DHEA (zusammen 3,2% aller importierten Packungen).

 Sollten sich die Arzneimittelimporte nach § 73 Abs. 3 AMG entsprechend dem Trend (Abb. 1) weiterhin jedes Jahr erhöhen, werden sie auch als Kostenfaktor für die GKV von Interesse sein.

Jedenfalls kommt den Apotheken eine hohe Verantwortung beim Import zu. Sie müssen sich bei der Abgabe importierter Ware davon überzeugen, dass der Kunde oder der Patient alle für ihn wichtigen Informationen zu dem Produkt kennt. Sofern dies nicht der Fall ist, sollte die Apotheke eine Übersetzung der Packungsbeilage anbieten. Außerdem sollten sie den Patienten gegebenenfalls raten, bei bestimmten Erkrankungen von einer Selbstmedikation Abstand zu nehmen und statt dessen einen Arzt zu Rate zu ziehen.

 

Danksagung:

Wir danken Herrn Prof. Dr. U. Fricke, Universität Köln,  für die Beurteilung der importierten schulmedizinischen Arzneimittel, sowie Frau M. Leifeld, lögd, für die umfang- reiche Erfassung und Auswertung der Daten.

 

Literatur und Quellen

[1]     BfArM, Mitteilung 13.10.2004.
[2]     Arzneimittelgesetz i.d.F. 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3585), zuletzt geändert 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2031).
[3]     Arzneimittel-Schnellinformation der GKV (GamSi). www.gamsi.de.
[4]     AOK-Datenbank Actrapid, persönl. Mitteilung von Gisbert Selke, WIdO, 10. 9. 2004.
[5]     Pharm. Ztg. 145 (2000), 830; Pharm. Ztg. 145 (2000), 1077;
www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,316666,00.html; www.mhra.gov.uk/news/2004/tcm_030904.htm.
[6]     Schmoltzi P.; Scherges M.: Verwechslungen chinesischer Arzneidrogen. Dtsch. Apoth. Ztg. 140 (2000), 4094; http:// medicines.mhra.gov.uk/ourwork/licensingmeds/herbalmeds/ herbalsafety.htm#sibutramine.
[7]     http://medicines.mhra.gov.uk/ourwork/monitorsafequalmed/ defmedsrepcen/counterfeitcialis_230804.pdf; www.fda.gov/ bbs/topics/NEWS/2004/NEW01017.html; www.apotheker- nordrhein.de/presseclub/index.htm.
[8]     Puteanus U.: Sozialpharmazie im Öffentlichen Gesundheits- dienst. Dtsch. Apoth. Ztg. 144 (2004), 1205 – 1212.
[9]     Fricke U., Günther J.: Methodik der ATC-Klassifizierung und DDD-Festlegung für den deutschen Arzneimittelmarkt. WIdO, Bonn 2004.
[10]     Schwabe U., Paffrath D. (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2003. Springer, Berlin 2004.
[11]     Pharm. Ztg. 149 (2004), 120.
[12]  Bericht des Landesinstituts für den Öffentlichen Gesundheits- dienst. www.loegd.de unter Publikationen/Downloads, Sozial- pharmazie.
[13] Robert Koch-Institut (Hrsg.): Inanspruchnahme alternativer Methoden in der Medizin. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 9, Berlin 2002, S. 13 f.

 

Korrespondenzadresse:

Dr. Udo Puteanus

Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW (lögd) Abteilung 3 Arzneimittel, Von-Stauffenberg-Str. 36, 48151 Münster www.loegd.deDanksagung:

Wir danken Herrn Prof. Dr. U. Fricke, Universität Köln,  für die Beurteilung der importierten schulmedizinischen Arzneimittel, sowie Frau M. Leifeld, lögd, für die umfang- reiche Erfassung und Auswertung der Daten.

 

Risiken bei Umgehung der Apotheken

Das Problem des Importes von Arzneimitteln unter Umgehung der Apotheken ist vielschichtig und bisher nur wenig erforscht. Hierzu gehören der (teils illegale) Arzneimittelimport per Internet-Bestellung und der Kauf von Medikamenten bei einem Auslandsaufenthalt. Einige Produkte, die im Ausland als Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika oder Medizinprodukte gelten, werden in Deutschland als Arzneimittel eingestuft. Besonders problematisch sind äußerlich unverdächtige Mittel, die nicht deklarierte stark wirksame und gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten, z. B. Antidiabetika, Aristolochiasäure oder Sibutramin in chinesischen Arzneimitteln oder Sildenafil in dem als rein pflanzlich bezeichneten Potenzmittel Libidfit [5, 6]; vor kurzer Zeit wurden weitere Arzneimittelfälschungen von Potenzmitteln, hormonellen Kontrazeptiva und Schmerzmitteln gemeldet [7].

Risiken des individuellen Arzneimittelimports

  • Die verordnenden Ärzte und abgebenden Apotheken müssen im Schadensfall die Haftung für die Schäden übernehmen.
  • Für den Betroffenen wird die Schadensersatzsumme aller Voraussicht nach geringer ausfallen als bei der Anwendung eines deutschen Präparates und bei einem entsprechenden Schadensfall.
  • Auch die Einklagbarkeit des Schadensersatzes ist aufgrund der andersartigen Rechtsgrundlage schwieriger.

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