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Zweifel an der Gesundheitsprämie
Eine Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Sinne einer Bürgerversicherung kommt bei den Deutschen besser an als einheitliche Pauschalprämien. Wie die Bertelsmann Stiftung am 3. August mitteilte, halten es zwei Drittel der Bevölkerung für gerecht, wenn sich zukünftig auch Selbstständige, Beamte und Besserverdiener mit einem Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze (derzeit 3900 Euro brutto) in der GKV versichern müssen. Immerhin noch 47 Prozent halten es für gerecht, alle Einkommensarten – wie Mieten, Zinsen oder Aktiengewinne – zur Berechnung des Kassenbeitrages einzubeziehen. Ein einheitlicher Pro-Kopf-Beitrag findet hingegen wenig Unterstützung. Bei einer realistischen Höhe von 170 Euro sehen diese Reformalternative nur etwa 30 Prozent als gerecht an. Die Zustimmung steigt allerdings mit sinkender Prämienhöhe.
Mehrheit für solidarische Versicherung
Insgesamt sprechen sich im aktuellen "Gesundheitsmonitor" der Bertelsmann Stiftung 85 Prozent der Bevölkerung für die Beibehaltung einer solidarischen Krankenversicherung aus. 40 Prozent der Befragten geben dabei der umfassenden Absicherung und gemeinsamen Finanzierung aller Krankheitsrisiken den Vorzug. 45 Prozent finden, dass lediglich eine umfassende Grundsicherung von allen gemeinsam getragen werden sollte – spezielle Risiken wie Sportunfälle oder zusätzlich gewünschte Leistungen sollten durch private Zusatzversicherungen abgesichert werden. Eine vollständige Privatisierung aller Krankheitsrisiken favorisieren dagegen nur 15 Prozent.
Bertelsmann Stiftung: Strukturreformen nicht vergessen
Aus Sicht der Bertelsmann Stiftung stellen die Modelle der Bürgerversicherung und der Kopfpauschale allerdings nur einen scheinbaren Gegensatz dar. So sei etwa eine Festschreibung des Arbeitgeberanteils zur Stabilisierung der Lohnnebenkosten prinzipiell in beiden Konzepten denkbar. In der Debatte könne es daher nicht um ein "entweder oder" gehen, sondern eher um eine pragmatische Kombination der einzelnen Gestaltungsmerkmale eines Finanzierungssystems. Dabei dürfe auch nicht vergessen werden, dass eine Effizienzsteigerung der Versorgungsstrukturen weiterhin eine der großen Aufgaben der Gesundheitspolitik bleibe.
INIFES: Kopfprämie löst die Probleme nicht
Eine Untersuchung des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie (INIFES) und von Prof. Anita Pfaff von der Universität Augsburg kommt unterdessen zu dem Ergebnis, dass die Reformpläne der Union jährliche Steuerzuschüsse von 14,8 Mrd. Euro erfordern. Über 25 Millionen GKV-Mitglieder würden zu Subventionsempfängern. Vor allem Alleinverdiener-Paare hätten bei einem solchen Finanzmodell das Nachsehen, da die beitragsfreie Mitversicherung für Ehegatten entfällt. Alleinstehende und Doppelverdiener mit höherem Einkommen profitierten hingegen, da die Prämie niedriger sei als die bisherigen Beiträge. Die Autoren der im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung durchgeführten Untersuchung können keine systematischen Vorteile des Prämienmodells gegenüber dem bestehenden System erkennen. Sie geben zu bedenken, dass eine solch massive Steuerfinanzierung es auch dem derzeitigen System gestatten würde, die GKV-Beiträge maßgeblich zu senken. Darüber hinaus würden wachsende Gesundheitskosten Prämien und Beitragssätze gleichermaßen ansteigen lassen.
DAK-Chef gegen Systemwechsel
Auch bei den Kassenchefs ist die Kopfprämie nicht beliebt. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), Herbert Rebscher, sagte dem "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 8. August), sie sei "ein grotesk verworrenes Modell, das weder eine ökonomische noch eine politische Rationalität hat." Sie sei "vorn und hinten nicht vernünftig kalkuliert und durchdacht". Rebscher zeigte sich sicher, dass dieses Modell nie kommen werde. Allerdings sieht der DAK-Chef auch in der Einführung einer Bürgerversicherung keine Alternative – zu groß seien hier die verfassungsrechtlichen Probleme. Rebscher hält daher nichts von einem Systemwechsel in der GKV: "Wir haben ein System, das im internationalen Vergleich riesige Vorteile hat. Das sollten wir evolutionär weiterentwickeln."
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