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DAZ aktuell
Vor allem Kranke schreckt die Praxisgebühr
Die Daten des Gesundheitsmonitors zeigen, dass die Praxisgebühr als Steuerungsinstrument zwar prinzipiell greift, aber auch unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringt, erklärte Jan Böcken von der Bertelsmann Stiftung. Ziel der im Januar 2004 eingeführten Gebühr sei es, die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Zahl ambulanter Arztbesuche zu reduzieren und die Selbstbehandlung leichter Erkrankungen zu fördern. Dass ausgerechnet die Patienten, denen es gesundheitlich schlecht geht, ihre Arztbesuche am stärksten reduziert hätten, sei bedenklich, so Böcken: "Hier besteht die Gefahr, dass die Patienten auch auf wichtige Arztbesuche verzichten."
Allerdings gewöhnen sich die Versicherten offenbar zunehmend an die Praxisgebühr: Haben im Frühjahr 2004 noch 35 Prozent einen Arztbesuch vermieden, um die zehn Euro zu sparen, sind es heute nur noch 27 Prozent.
Neben dem Gesundheitszustand beeinflusst auch das Einkommen die Reaktion der Patienten auf die Praxisgebühr: In der untersten Einkommensgruppe ist der Anteil von Menschen, die auf einzelne Arztbesuche verzichten und sich stattdessen ohne ärztliche Hilfe auskurieren, mit 37 Prozent am höchsten. Die Befragten aus den beiden höchsten Einkommensgruppen zeigen andererseits die größte Tendenz, Arztbesuche zeitlich aufzuschieben, also z.B. das nahe Ende eines Quartals abzuwarten (über 50 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich 42 Prozent).
Der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth, sieht durch die Studie die Forderung seiner Partei bestätigt, die Praxis- gebühr für Bezieher von Sozialgeld und Altersgrundsicherung abzuschaffen. Wenn gerade Menschen mit chronischen Erkrankungen und geringen Einkommen ihre Arztbesuche reduzieren, behindere die Praxisgebühr die Bemühungen Prävention, Gesundheitsvorsorge und früheste mögliche Therapie weiter zu stärken.
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