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DAZ aktuell
Gefährliche Mangelerscheinungen bekämpfen!
Kommentar
"Berlin, 30. September 2015. Der Deutsche Bundestag hat beschlossen, dass ab sofort auch ausländische Apotheken, Drogerieketten und sonstige pharmazeutische Dienstleister die deutsche Bevölkerung mit Arzneimitteln beliefern dürfen. Begründung: Die Deutschen Apotheken können ihren Auftrag für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln wegen fehlenden Personals nicht mehr gewährleisten!" Horrorvision oder bald Realität? Ein auf dem Apothekertag verabschiedeter Antrag - nimmt die oben beschriebene Bedrohung für das Apothekensystem sehr ernst. Eigentlich paradox, dass ausgerechnet die Apothekerkammer Westfalen-Lippe auf diese durchaus realistische Gefahr für den Berufstand hinweist, obwohl deren Präsident Hans-Günter Friese mit seinem ABDA-Vorstand vor zwei Jahren noch den Abbau von über 10.000 Arbeitsplätzen in den öffentlichen Apotheken befürchtet hatte (siehe DAZ Nr. 33/2003, S. 29). Vom Stellenabbau zum Fachkräftemangel! So schnell scheinen sich die Probleme zu ändern.
Das Ergebnis der letzten Bundestagswahl bzw. die damit verbundene Problematik einer Regierungsbildung haben den Apothekern auf dem Apothekertag 2005 in Köln unerwartet die Möglichkeit eröffnet, nicht über die aktuelle Gesundheitspolitik diskutieren zu müssen, sondern sich endlich mal mit pharmazeutischen Themen und sich selbst beschäftigen zu können. Zu Recht wurde von vielen Delegierten darauf hingewiesen, dass die weitere Reduzierung von Studienplätzen verhindert werden muss. Dass diese falschen Maßnahmen der Universitäten, die von Friese dargestellte Bedrohung noch verstärken, wurde meiner Meinung nach nicht ausreichend herausgearbeitet. Gerade bei einer kleinen und spezialisierten Berufsgruppe wie den Apothekern ist ein konstanter und bedarfsgerechter Zufluss an Nachwuchskräften für die langfristige flächendeckende Versorgung von entscheidender Bedeutung. In der Begründung zu diesem Antrag ist dies detailliert beschrieben.
Zu fragen ist, ob dieser Antrag genauso glatt durchgelaufen wäre, wenn am 18. September die rot-grüne Regierung nicht abgewählt, sondern bestätigt worden wäre? Hätten dann die von Friese angesprochenen Trends bzw. Bedrohungen nicht vielleicht gerade die "Falschen" stimuliert? Hätte dieser Antrag z. B. Politikern, die im Wahlkampf stereotyp für Fremdbesitz und Apothekenketten plädiert haben, hier neue und gefährliche Munition geliefert? Riskant und gefährlich, aber gut gegangen! Den Wählern sei Dank, dass sich diese "Fanatiker" (Joschka. Fischer) jetzt in den Ruhestand bzw. politisch in die zweite Reihe (Biggi Bender) verabschiedet haben bzw. wohl noch verabschieden werden (müssen, Gerhard Schröder?). Müßig, darüber zu diskutieren, ob die aktuelle Situation, in der die Leistungserbringer im Gesundheitswesen gerade einmal nicht im Fokus stehen, vorhersehbar war. Friese und seine Apothekerkammer haben insofern richtig gehandelt: Situation rechtzeitig erkannt und analysiert, einen Antrag mit einer umfangreichen Begründung gestellt, gekämpft und diese Drucksache mit deutlicher Mehrheit verabschieden lassen.
Noch zwei kurze Anmerkungen zum Schluss:
- 1. Der Berufstand handelt fahrlässig, wenn man die von Friese beschriebene Gefahr unterschätzt. Dieser Antrag wäre nichts wert, wenn von den verantwortlichen Berufsorganisationen keine entsprechenden Maßnahmen eingeleitet werden.
- 2. Friese wurde in der Vergangenheit häufig kritisiert, berufspolitische Themen falsch oder zu spät angegangen zu haben. Das wichtige und für den Berufstand existenzielle Thema "Nachwuchsarbeit" wurde mit diesem Antrag auf dem Apothekertag in Köln noch rechtzeitig in Angriff genommen. Und es gab dabei keine Schuldzuweisungen, sondern in der plausiblen Begründung des Antrages wurden durchführbare und einleuchtende Lösungswege aufgezeigt. Diese Initiative verdient Anerkennung und Unterstützung. Packen wir's an!
Hermann Vogel jr.
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