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Aus Kammern und Verbänden
AK Schleswig-Holstein: Testkäufe in Apotheken – wie geht es weiter?
Zur Darstellung der Ergebnisse berichteten zwei Testkäuferinnen, Pharmaziestudentinnen des achten Semesters, die jeweils sechs Apotheken besucht hatten, über ihre Erfahrungen. Sie waren zuvor von der Kammer für ihre Aufgabe geschult worden. Bei den Tests wurden zwei Szenarien unterschieden: der unbestimmte Patientenwunsch mit Schilderung eines Symptoms und der konkret geäußerte Produktwunsch.
Viel beraten – zu wenig gefragt
Die Testkäuferin mit dem unbestimmten Wunsch stellte jeweils eine standardisierte Frage und eine weitere standardisierte Nachfrage, falls nicht unmittelbar eine umfassende Beratung in Gang kam. Sie berichtete, sie habe es als schwierig empfunden, alle Inhalte des Gesprächs später auf dem Auswertungsbogen zu protokollieren. Die jeweils empfohlenen Produkte seien unproblematisch gewesen, aber ihre "Eigendiagnose" sei kaum hinterfragt und die möglichen Kontraindikationen seien kaum geprüft worden.
Die andere Testkäuferin, die jeweils ein bestimmtes Produkt verlangte, wurde nur auf Rückfrage beraten, obwohl der Produktwunsch hätte hinterfragt werden sollen. Die Beratung habe sich zumeist auf das Arzneimittel, mögliche Alternativmedikationen und die Lebensführung der "Patientin" bezogen. Nur in einer Apotheke sei sie so gezielt zu ihren "Symptomen" befragt worden, dass ihr ein Arztbesuch geraten wurde. Es sei viel beraten, aber nach Ansicht der Testkäuferin zu wenig gefragt worden.
Bewertung der Ergebnisse
Geschäftsführer Frank Jaschkowski verwies auf deutliche Unterschiede zwischen den beiden Testszenarien bei der Gesamtauswertung. Während sich aus der Schilderung von Symptomen umfassende Gespräche entwickeln, habe der Apotheker bei Patienten mit Produktwünschen ein Kommunikationsproblem. Die von der Bundesapothekerkammer und der ABDA bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten für Testkäufe müssten nach Jaschkowskis Meinung nicht vollständig abgearbeitet werden, weil Beratung immer individuell sei. Doch erinnerte Kammerpräsident Holger Iven daran, dass die Frage "Wissen Sie, wie Sie das Arzneimittel anwenden sollen?" immer möglich sei. Außerdem gehöre es zur Erfüllung der Beratungspflicht, die Eigendiagnosen der Patienten zu hinterfragen.
Künftige Tests nach dem Zufallsprinzip
In einer umfangreichen Diskussion wurden in der Kammerversammlung verschiedene Aspekte der Testkäufe angesprochen, wobei es primär um zwei Fragen ging. Erstens wurde diskutiert, ob die getesteten Apotheken bei künftigen Tests informiert werden sollen und – falls ja – ob dies durch die Kammer, einen Treuhänder oder den Testkäufer erfolgen soll. Für die Information der Apotheken wurde angeführt, dass die Testkäufe nur so einen Nutzen für die Getesteten brächten. Daher wurde mit nur einer Gegenstimme beschlossen, dass die Kammer beim nächsten Test von wiederum 70 Apotheken im ersten Halbjahr 2006 den Apotheken ihr Testergebnis mitteilen wird.
Als weiterer Fragenkomplex wurde diskutiert, ob bei den nächsten Tests alle Apotheken der Kammerversammlungsmitglieder geprüft werden sollten. Ulrich Ströh, Kiel, hatte einen solchen Antrag gestellt und dazu auf die Vorbildfunktion der Mitglieder verwiesen. Iven erklärte, dies würde deutlich machen, dass sich auch die Kammerversammlung dem Test stellt. Für Jaschkowski wäre dies zugleich ein Vergleich zwischen dem Pseudo-customer-Konzept und dem verdeckten Testkauf, weil die Kammerversammlungsmitglieder dann mit einem Tester rechnen könnten. Dagegen wurde angeführt, dieser Unterschied würde zu Lasten der Kammerversammlungsmitglieder ausgelegt, womit die Vorbildfunktion wegfalle.
Nach kontroverser Diskussion wurde beschlossen, die nächsten Testapotheken wie bisher nach dem Zufallsprinzip aus allen Apotheken, einschließlich denen der Kammerversammlungsmitglieder, auszuwählen.
Zudem wurde kritisiert, die jungen und gesund wirkenden Testkäuferinnen würden nicht den Eindruck vermitteln, dass nach schweren Grunderkrankungen oder Kontraindikationen gefragt werden sollte. Außerdem seien sie nicht typisch für die tatsächlichen Patienten, andererseits seien junge Frauen eine große Kundengruppe. Diskutiert wurde auch, ob Testkäufe eher ein Signal an die Kollegen oder an die Öffentlichkeit vermitteln sollen. Unumstritten war dagegen, dass der Bedarf an Fortbildungsveranstaltungen mit Hilfe der Testkäufe ermittelt werden kann.
Bundes- und Landespolitik
In seinem Bericht meinte Kammerpräsident Holger Iven, er sei gespannt auf die Arbeit der Großen Koalition, bei der drei Kabinettsmitglieder als mögliche Gesundheitsminister galten. Er erinnerte daran, dass den Apotheken bis zum Jahr 2008 ein stabiler Fixzuschlag von 8,10 Euro garantiert worden ist, nachdem sie in diesem Jahr auf einen Ausgleich zu ihren Gunsten verzichtet hatten. Im Zusammenhang mit der geplanten Mehrwertsteuererhöhung müsse deutlich gemacht werden, dass die Apotheker nur für den Fixzuschlag verantwortlich gemacht werden können.
Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, berichtete, dass am Vortag eine Arbeitsgruppe mit den maßgeblichen Verbänden des Gesundheitswesens und vielen Krankenkassen gegründet worden sei, die die formale Bewerbung für Flensburg als offizielle Modellregion für die bundesweit einzuführende Gesundheitskarte verfassen werde. Angesichts der erfolgreichen Vorarbeit sei er zuversichtlich, doch werde die Entscheidung letztlich politisch getroffen.
Versorgungswerk und andere Beschlüsse
Justitiar Dr. Karl Stefan Zerres stellte den Jahresabschluss des Versorgungswerkes vor. Obwohl die Kapitalerträge gestiegen sind und die Rendite deutlich über dem Rechnungszins lag, sollen die Anwartschaften und Renten nicht erhöht werden, weil im Jahr 2008 eine Anpassung an neue Sterbewahrscheinlichkeiten fällig sei. Nach dem Beitritt der deutschen Versorgungswerke zu einer europäischen Dachorganisation müssten alle Satzungen an europarechtliche Vorgaben angepasst werden. Dazu verabschiedete die Kammerversammlung eine neue Satzung. Damit werden Rentenanwartschaften künftig in dem Bundesland erworben, in dem die Berufstätigkeit ausgeübt wird, nur Anwartschaften bis zu 60 Beitragsmonaten können dann noch übertragen werden. Daher wird die 45-Jahres-Grenze für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft aufgehoben und die Anerkennung von acht pauschalen Zurechnungsjahren durch eine neue Form des Fehlzeitenausgleichs ersetzt. Der Status der bestehenden Mitgliedschaften bleibt jedoch unverändert, nur Umzüge ab 2006 wirken sich aus.
Künftige Rentner, die am Jahresende 2005 bereits Mitglied eines Versorgungswerkes sind, werden ihre Rente nach den bisherigen Regeln erhalten, sofern dies einen höheren Rentenbetrag ergibt.
Außerdem verabschiedete die Kammerversammlung den Haushalt 2006 und beschloss, ab 2006 ein freiwilliges Fortbildungszertifikat für die pharmazeutischen Assistenzberufe einzuführen. Die nächste Kammerversammlung soll am 22. März 2006 stattfinden und in Lübeck tagen, um die Beteiligung von Gästen aus dieser Region zu erleichtern.
Dr. Thomas Müller-Bohn
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