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- DAZ 48/2005
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Die Seite 3
Sind 8,10 Euro zu viel?
Vorsicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, da läuft eine Kampagne an! Krankenkassenvertreter sind der Meinung, dass die Apotheker zu viel verdienen. Die acht Euro zehn sind einigen Chefs von gesetzlichen Krankenkassen (selbst mit ansehnlichen Jahresgehältern ausgestattet) ein Dorn im Auge. Obwohl die Kassen bereits einen – gesetzlich vorgeschriebenen – stolzen Rabatt von rund 25 Prozent davon erhalten, neiden sie den Apothekern die übrig bleibenden sechs Euro zehn.
So skurrile Aussagen wie "Die Apotheker sind die Gewinner der Gesundheitsreform" machen die Runde durch die Medien. IKK-Chef Stuppardt forderte unlängst, die Apothekenvergütung um zwei Euro auf sechs Euro zehn zu senken und zusätzlich davon zwei Euro Rabatt für die Kassen abzuziehen. Es war sichtlich der Auftakt für eine möglicherweise von Kassenseite gesteuerte Kampagne, die am vergangenen Donnerstagabend, 24. November, in einem Beitrag des Magazins "Monitor" vom Westdeutschen Rundfunk ihre Fortsetzung fand. Wir erinnern uns noch schmerzhaft an die Neidkampagne gegen die 400 Mio. Euro, die wir von den Kassen, gesetzmäßig verbrieft, hätten bekommen sollen, weil im vergangenen Jahr weniger Packungen verordnet worden waren. Losgetreten durch einen Beitrag in "Bild" wurden die Apotheker geradezu dazu genötigt, auf das ihnen zustehende Geld zu verzichten.
Monitor legte in seiner letzten Sendung das Konzept so an, dass der Zuschauer am Schluss des Beitrags den Eindruck gewinnen musste, die Apotheker seien tatsächlich die Gewinner der Gesundheitsreform, u. a. aufgrund eines Rechenfehlers vom Bundesgesundheitsministerium. Dieser Rechenfehler bestehe darin, dass die Apothekervergütung von 8,10 Euro von Anfang an zu hoch angesetzt sei. Das jedenfalls lässt Monitor den Altmeister der Apothekerhasser und Arzneimittelkritiker, Professor Peter Schönhöfer, sagen. Bestätigt wird der Rechenfehler vom als Schmidt-Adlatus bekannten Professor Lauterbach (nur echt mit der Fliege), jetzt Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion. Zuvor durfte noch ein Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Instituts der AOK erklären, "dass die Apotheker in diesem Jahr netto mehr Geld in der Kasse behalten, während sie gleichzeitig weniger Leistung erbringen, indem sie nämlich weniger rezeptpflichtige Verordnungen abgeben. Beides zusammen führt dann dazu, dass die Kassen in diesem Jahr ca. 415 Millionen Euro mehr ausgeben". Hand aufs Herz, verstehen Sie diese Super-Logik dieses Krankenkassenangestellten? Das scheint die höhere Mathematik der GKV zu sein.
Als weiteren Kronzeugen führt Monitor den Lübecker Hausarzt Dr. Jens-Martin Träder ins Feld. Was ihn so besonders für seine Aussagen qualifiziert, ist eine "Entdeckung", mit der er sich die explodierenden Arzneimittelkosten seiner Hausarztpraxis erklärt, nämlich: Es gibt identische Medikamente, die als OTC-Präparat viel weniger kosten im Vergleich zur rezeptpflichtigen Version. Als Beispiele wurden genannt Ibuprofen, ACC akut bzw. ACC 200 und Loperamid. In der Tat, da hat der Hausarzt Recht, da sollte man die Preispolitik der Hersteller aufs Korn nehmen. Aber warum schiebt er diese Unterschiede den Apothekern in die Schuhe? Und glaubt er wirklich, dass sich mit diesen wenigen Arzneimitteln, bei denen es Preisunterschiede gibt, seine "explodierenden Praxiskosten" erklären lassen?
Monitor verallgemeinert diese für den Zuschauer nicht nachvollziehbare Gemengelage: "Gleiche Herstellerpreise? Weniger Rezepte? Trotzdem mehr Kosten? Für den Arzt steht inzwischen fest, wer davon profitiert: die Apotheker", resümiert das Magazin. Nach AOK-Zahlen (!) "verdienen" die Apotheker an den rezeptpflichtigen Arzneimitteln – aufgrund des Pauschalbetrages von 8,10 Euro – mehr als geplant, wiegelt Monitor auf, in diesem Jahr mache das ein Plus von 17.000 Euro durchschnittlich für jede Apotheke.
Da grenzt es schon an verkehrte Welt, wenn als Einziger der in Monitor Befragten das Bundesgesundheitsministerium den Apothekern zur Seite steht. Denn aus dem Hause Schmidt heißt es, dass die Apothekerhonorare im Plan lägen und im Übrigen die 8,10 Euro auch auf Betreiben der Kassen im Gesetz verankert worden seien.
Was bleibt da als Resümee? Ein abgekartetes Spiel der Krankenkassen mit dem Ziel: Deutliches Absenken der 8,10-Euro-Apothekervergütung durch Anzetteln einer Neidkampagne. Als Instrument dieses Mal das Magazin Monitor, als Akteure ein naiver Hausarzt, ein Kassenangestellter, ein altbekannter Haus- und Hof-Arzneikritiker und ein kleiner Professor, der noch was werden will. So wird jetzt Kassenpolitik gemacht. Wir sollten uns Strategien überlegen, was man dieser Art von Politik entgegenhalten kann.
Peter Ditzel
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