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Arzneimittel und Therapie
Galantamin vereinfacht die Therapie
Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass die Einnahmetreue grundsätzlich umso schlechter wird, je mehr Tagesdosen verabreicht werden müssen. Bei Demenzpatienten wird die Compliance-Problematik noch dadurch verschärft, dass das Vergessen ein Kernsymptom der Erkrankung ist. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung der Patienten ist jedoch selten gegeben. Die Vereinfachung der Behandlung ist daher gerade bei der Alzheimer-Erkrankung wichtig. Mit der Einführung der Galantamin-Retardform des Acetylcholinesterase-Hemmers Galantamin (Reminyl® 1xtäglich) wurde diesem Anspruch Rechnung getragen.
Verträglichkeitsvorteile
Die neue Kapsel von Reminyl® 1xtäglich (8 mg Galantamin) besteht aus einer äußeren Sofort-Schicht und einer inneren Retard-Schicht, die durch eine die Freisetzung kontrollierende Membran abgetrennt ist. Aus dieser Galenik ergeben sich pharmakokinetische Vorteile: Die Retardformulierung zeigt einen gleichförmigeren Konzentrationsverlauf des Wirkstoffs als das herkömmliche, zwei mal täglich zu verabreichende Galantamin-Präparat. Bei gleicher Bioverfügbarkeit entfallen mit Reminyl® 1xtäglich daher die Wirkspiegelspitzen.
Die damit erzielbaren praxisrelevanten Vorteile dokumentierte eine dreiarmige doppelblinde klinische Prüfung, an der fast 1000 Patienten mit leichtgradiger bis mittelschwerer Alzheimer-Krankheit teilnahmen. In der sechs Monate dauernden Studie wurde das neue Galantamin-Retardpräparat mit der bisherigen Darreichungsform sowie mit Plazebo verglichen. Beide Verum-Gruppen zeigten eine übereinstimmende, statistisch signifikante Verbesserung der kognitiven Leistung sowie eine Stabilisierung der Alltagsfähigkeiten. Es traten jedoch Unterschiede in der Verträglichkeit auf. So kam es während der Aufdosierungszeit unter retardiertem Galantamin seltener zu Übelkeit und Erbrechen.
Dualer Wirkmechanismus
Im Unterschied zu anderen Vertretern der Acetylcholinesterasehemmer besitzt Galantamin einen dualen Wirkmechanismus. So erhöht Galantamin zum einen die Verfügbarkeit des Neurotransmitters Acetylcholin durch Hemmung des abbauenden Enzyms Acetylcholinesterase. Zum anderen erhöht der Wirkstoff die Empfindlichkeit nicotinischer Acetylcholinrezeptoren für diesen Neurotransmitter. Der Verlust solcher Nicotinrezeptoren wird – zusammen mit der Bildung von Amyloid-Plaques sowie intrazellulären Neurofibrillenbündeln – für die Neurodegeneration bei der Alzheimer-Erkrankung verantwortlich gemacht.
Das Ausmaß des Rezeptor-Untergangs korreliert mit dem Demenz-Schweregrad. Durch allosterische Bindung an den Rezeptor verstärkt Galantamin die Aktivierung des nicotinischen Acetylcholinrezeptors. Die gesteigerte Neurotransmission wirkt dem Rezeptorverlust in gewisser Weise entgegen.
Da Nicotinrezeptoren in großer Zahl präsynaptisch lokalisiert sind, modulieren sie die Wirksamkeit anderer Neurotransmittersysteme, welche wiederum Kognition und Verhalten bestimmen. So zeigte Galantamin in vitro eine verstärkte Ausschüttung von Glutamat, GABA, Serotonin und Dopamin.
Behandlung frühzeitig beginnen
In der klinischen Langzeitanwendung zeigt sich die Wirksamkeit von Galantamin in einer Steigerung bzw. im Erhalt des kognitiven Leistungsniveaus. Daraus resultieren verringerte Betreuungszeiten sowie eine Verlängerung der Zeit bis zur Heimeinweisung. Trotz nachgewiesener Wirksamkeit moderner Antidementiva werden Alzheimer-Patienten nach Expertenmeinung größtenteils nicht nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft versorgt. So dürfe – vergleichbar mit der Behandlungsbedürftigkeit eines Hypertonie-Patienten – nicht erst der Eintritt irreversibler Schäden abgewartet werden, um einen Behandlungsanspruch zu begründen.
Ulrike Weber-Fina, Überlingen
Quelle
Prof. Dr. Alexander Kurz, München; Prof. Dr. Alfred Maelicke, Mainz; Priv.-Doz. Dr. Christian Dierks, Berlin: Einführungspres- sekonferenz „Galantamin 1x1: Vorteile der neuen Retardform in der Demenztherapie“ im Rahmen der Jahrestagung der Deut- schen Gesellschaft für Psychiatrie, Psycho- therapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Berlin, 25. November 2004, veranstaltet von der Janssen-Cilag GmbH, Neuss.
Ulrike Weber-Fina, Überlingen
Die Demenz ist keine Alterserscheinung, sondern eine Krankheit. Sie muss nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnis frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden.
Aus dem 10-Punkte-Programm der "Zukunftskonferenz Demenz", Berlin, September 2004.
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