Pharmaspektrum

Bayer und Schering: Widersprüchliche Bewertungen der Übernahme

BERLIN (tmb). Für Bayer wird es die größte Übernahme in der Firmengeschichte. Als Ergebnis wird der größte deutsche Pharmakonzern entstehen. Weltweit wird BayerŲSchering aber voraussichtlich nicht zu den zehn umsatzstärksten Unternehmen der Pharmabranche aufsteigen.

Am 23. März hatte Bayer mit einem Gebot von 86 Euro pro Schering-Aktie die Merck KGaA im Übernahmekampf überboten (siehe Bericht in AZ 13). Daraufhin hatte Merck bereits am nächsten Tag seinen Übernahmeversuch aufgegeben und auf ein noch höheres Gebot verzichtet. Angesichts der Höhe des Angebots hatte auch Schering seine Abwehrmaßnahmen eingestellt. Der Vorstand empfahl den Aktionären das Angebot anzunehmen.

Synergien und Finanzierung

Inzwischen zeichnen sich weitere Einzelheiten ab. So wird der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Wenning mit Äußerungen aus einer Telefonkonferenz zitiert, bei einer solchen Übernahme sei von etwa 6000 einzusparenden Stellen auszugehen. Jährlich sollten 700 Millionen Euro eingespart werden – im Vergleich zu erwarteten 500 Millionen Euro bei der Übernahme durch Merck. Durch die Übernahme solle die neue "Bayer Schering Pharma" entstehen, die eine Division von Bayer Health Care bilden werde. Die Division "Bayer Schering Pharma" werde ihren Sitz in Berlin haben. Gerüchten über einen angeblichen Börsengang der Bayer Health Care AG erteilte Wenning eine Absage.

Dies wirft die Frage nach der Finanzierung der 16,3 Milliarden Euro schweren Übernahme durch Bayer auf. Nach Einschätzung von Analysten der SEB kann Bayer nur ein Viertel des Preises aus eigenen Mitteln aufbringen. Daher kündigte Bayer an, die Tochtergesellschaft H. C. Starck bis zum Jahresende zu verkaufen. Darüber hinaus wird über den Verkauf weiterer Teile der Kunststoffsparte MaterialScience spekuliert.

Sinnvolle Strategie?

Nach Einschätzung von Wenning passt die Übernahme ausgezeichnet zur strategischen Zielsetzung von Bayer, das Geschäft mit Pharmaspezialitäten auszubauen. Der neue Konzern biete eine gute Kombination aus soliden Basisgeschäften und überproportional wachsenden Geschäftsfeldern wie Onkologie, Kardiologie, Hämatologie und Gynäkologie. Doch sehen dies viele Analysten offenbar anders. Aus dem Finanzunternehmen UBS hieß es, der Zusammenschluss ziele nur auf Größe und Kosteneinsparungen, die erfolgversprechende Bayer-Pipeline würde eher verwässert. Andere Analysten zweifeln am strategischen Sinn, weil sich die Geschäftsfelder wenig überlappen. Bei der Helaba wird dagegen gerade die komplementäre Ergänzung unterschiedlicher Indikationen gelobt, allerdings werde dies teuer erkauft.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Bayer seinem zuvor propagierten Ziel, die weltweite Nummer eins im OTC-Geschäft zu werden, nicht näher kommt. Denn eine weitere große Übernahme in diesem Bereich erscheint vorläufig unrealistisch. Doch sieht die Börse die Übernahme offenbar eher positiv, wie die günstige Kursentwicklung der Bayer-Aktie seit Bekanntwerden des Angebots zeigt.

Wesentlich stärker profitierten am Freitag Altana und Stada von Spekulationen über mögliche künftige Übernahmen im Pharmabereich, die durch den Bayer-Schering-Deal neue Nahrung erhalten haben.

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