- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 16/2006
- Elektronische ...
DAZ aktuell
Elektronische Gesundheitskarte: Warten auf die nächste Testphase
"Es passiert sehr viel, aber Sie merken sehr wenig." Mit dieser treffenden Zusammenfassung der jüngsten Entwicklung zur elektronischen Gesundheitskarte eröffnete Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, ein Treffen der Flensburger Apotheker am 13. April. Aufgrund der langen Vorgeschichte des schleswig-holsteinischen Projektes (s.a. DAZ Nr. 3/2005, S. 38) sind die Flensburger Apotheker bestens motiviert und betonen, dass dort auch die Technik zu einem großen Teil bereit ist, während die Konzepte in anderen Modellregionen vielfach nur auf dem Papier bestünden. Doch sind die organisatorischen Rahmenbedingungen für weitere Tests insbesondere wegen der nun bundesweiten Zusammenhänge vielfach noch ungeklärt, sodass die Flensburger sich weiter gedulden müssen.
Die im Herbst 2005 gegründete Arbeitsgemeinschaft Elektronische Gesundheitskarte Schleswig-Holstein, der alle Krankenkassen des Landes, die Kassenärztliche Vereinigung, Ärzte- und Apothekerkammer, Apothekerverband und die Krankenhausgesellschaft angehören, verhandelt mit der auf Bundesebene für die Modellversuche zuständigen Gematik über Finanzierung, Haftung und Organisation für die nächste Testphase. Da Tests in acht Regionen stattfinden sollen, besteht starker Wettbewerb um die dafür bereitgestellten 20 Millionen Euro, was zugleich den finanziellen Druck unter den Partnern in den Regionen erhöht. In Schleswig-Holstein wurde vereinbart, dass die Heilberufler eigene Leistungen in das Projekt einbringen, aber keine Finanzmittel für die Arbeitsgemeinschaft bereitstellen. Wegen der Beteiligung öffentlicher Körperschaften an der Arbeitsgemeinschaft sind außerdem schwierige Haftungsfragen, insbesondere zum Vergaberecht, zu klären.
Der 10.000er-Test
Erst kürzlich wurde auf der Bundesebene die Aufgabenstellung formuliert, in der nächsten Testphase die Akzeptanz der elektronischen Gesundheitskarte zu prüfen. Dazu haben die Flensburger Apotheker aber schon viele Erfahrungen gemacht: Die Patienten nehmen die Karte an, wenn sie ihnen erklärt wird, die Apotheker haben ihre Bereitschaft bereits deutlich gemacht, aber für die Ärzte bedeuten elektronische Verschreibungen zusätzlichen Aufwand, der die Arbeit in der Praxis verlangsamt und den sie vermeiden, solange keine zusätzliche Motivation stattfindet. Als nützlich empfinden die Ärzte dagegen die Notfalldokumentation, den Impfausweis, die elektronische Patientenakte und den elektronischen Arztbrief, der den Anstoß für das Modellprojekt des Flensburger Ärztenetzes gegeben hatte. So warten die Apotheker in der Fördestadt derzeit vergeblich auf Kunden mit einem elektronischen Rezept (siehe nachfolgenden Praxisbericht).
Doch immerhin zeichnen sich dort bereits Pläne für die nächste Testphase ab. Dann sollen die Karten, die derzeit von den Hausärzten ausgegeben werden, von den Krankenkassen verteilt werden. Die Kammern werden die elektronischen Heilberufeausweise (health professional cards) ausgeben. Über eine mögliche gemeinsame Zuständigkeit der Ärzte, Apotheker und Krankenkassen für den zentralen Verordnungsdatenserver wird noch verhandelt. Bei dem jüngsten Treffen wurde deutlich, dass die Apotheker nur ein Testkonzept akzeptieren, das nicht in den Wettbewerb zwischen den Apotheken eingreift. Daher müssten elektronische Rezepte in allen Apotheken in der Modellregion lesbar sein, sodass in der Außendarstellung keine Apotheken hervorgehoben werden müssten. Gerade dies wäre auch im Sinne eines Akzeptanztests wesentlich und technisch mit Hilfe von Laptops mit Kartenlesern ohne aufwändige Terminals umsetzbar. Einige zusätzliche interne Funktionen, wie die Einbindung in die Warenwirtschaft und der Datenverkehr mit dem Rechenzentrum, bräuchten dagegen nur in wenigen Apotheken getestet zu werden.
Tests ergebnisoffen
Schon aufgrund der bisherigen Erfahrungen sind die Flensburger Apotheker offenbar überzeugt, dass das elektronische Rezept nur mit einer doppelten Speicherung der Daten auf der Karte selbst und in einem verschlüsselten Postfach auf einem zentralen Server praktikabel ist. Anderenfalls wäre das System zu anfällig für Störungen in der Datenübertragung und zu langsam für den Alltagsbetrieb. Bisher wurde das System nicht mit der Apotheken-Warenwirtschaft vernetzt, die Vernetzung gilt aber als technisch unproblematisch. Doch es bleiben noch viele praktische Fragen, die erst in den künftigen Tests geklärt werden können. Dazu gehört insbesondere die Reaktion großer Patientengruppen auf den regelmäßigen Umgang mit elektronischen Rezepten. Die Ergebnisse der Tests und die daraus abzuleitenden Konsequenzen sind daher weiterhin offen.
Zurzeit gilt der Oktober als realistischer Starttermin für die nächste Testphase. Daher machte Froese deutlich, dass kein Handlungsbedarf für die Apotheker außerhalb der Testprojekte besteht. Die künftige elektronische Gesundheitskarte gebe keinen Anlass, jetzt die Apotheken-EDV zu verändern.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.