Recht

T. SteinrückenÄnderung der Apothekenbetriebsordnun

Am 14. Januar 2006 tritt die Zweite Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung in Kraft [1]. Damit will das Bundesministerium für Gesundheit zum einen die Einführung des elektronischen Rezeptes ermöglichen und die diesbezügliche Zielsetzung des SGB V in die Praxis umsetzen. Insbesondere wurde hier die Handhabung der elektronischen Signatur durch das pharmazeutische Personal geregelt. Zum anderen ermöglicht die Verordnung im Falle einer Pandemie (z.B. Influenza) die rasche Versorgung der Bevölkerung mit spezifischen Arzneimitteln. Hier kann die ansonsten erforderliche Identitätsprüfung des für die Arzneimittelherstellung in der Apotheke benötigten Ausgangsstoffs unter bestimmten Bedingungen entfallen.

Elektronische Gesundheitskarte und eRezept

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, kurz GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), wurde im Jahre 2003 beschlossen, die bisherige Krankenversichertenkarte schrittweise zur elektronischen Gesundheitskarte umzubauen. Die zugehörigen Regelungen im § 291a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beschreiben auch den Funktionsumfang der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), die ab 2006 schrittweise eingeführt werden soll. Eine ihrer Basisfunktionen ist das elektronische Rezept (eRezept).

Bereits heute werden in den meisten Arztpraxen Rezepte per Computer erstellt. Allerdings müssen diese bisher auf Papier ausgedruckt und dem Patienten ausgehändigt werden. Für die Abrechnung müssen die Papierrezepte dann erneut elektronisch erfasst werden. Das eRezept vermeidet diesen Bruch in der Übertragungskette.

Am 15. Dezember 2005 hat die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen, Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gegründete Gesellschaft gematik das Testlabor in Betrieb genommen, in dem die Basisfunktionen der eGK getestet werden. Anfang Januar 2006 hat das Bundesministerium für Gesundheit die acht Testregionen festgelegt, in denen die Karte erprobt werden wird (siehe DAZ Nr. 1, S. 19). Wenn die regionalen Tests erfolgreich abgeschlossen sind, soll die eGK flächendeckend eingeführt werden. Dabei ist vorgesehen, das eRezept zunächst auf apothekenpflichtige Produkte zu beschränken; nicht apothekenpflichtige Produkte und Leistungen, zum Beispiel Heil- und Hilfsmittel, sollen zunächst weiter über Papierrezepte abgerechnet werden.

Heilberufsausweis

Zeitgleich mit der Einführung der eGK sollen dem pharmazeutischen Personal elektronische Heilberufsausweise (HBA oder auch HPC = Health Professional Card) zur Verfügung gestellt werden. Ein HBA wird zur Authentifizierung sowohl gegenüber Computersystemen als auch gegenüber der eGK benötigt und beinhaltet zudem Funktionen zur elektronischen Signierung von Dokumenten und zur Verschlüsselung von Daten. Dokumente, die mit Hilfe eines HBA elektronisch unterschrieben (signiert) worden sind, sind rechtlich einem handschriftlich unterzeichneten Papierdokument gleichgestellt. Dokumente mit einer "qualifizierten elektronischen Signatur" können nicht mehr direkt verändert werden, ihnen können nur Datensätze hinzugefügt werden, sodass Änderungen stets nachvollziehbar bleiben (s.u.).

Elektronische Signatur

Die rechtlichen Regelungen zur Einführung der eGK betreffen den Datenschutz und die Datensicherheit, die Ausgestaltung der eGK und ihrer Anwendungen, Kriterien der Telematikinfrastruktur sowie die Organisation und Finanzierung.

Um den reibungslosen Ablauf beim Gebrauch des eRezeptes zu gewährleisten, reicht der oben genannte § 291a SGB V nicht aus. Zusätzlich wurden bereits die Verschreibungspflichtverordnungen für Arzneimittel und Medizinprodukte angepasst (siehe DAZ Nr. 27/2005, Seite 110 und Nr. 1/2006, Seite 22; Änderungen in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung stehen noch aus), und nun folgt die Änderung der Apothekenbetriebsordnung.

Neben einigen Klarstellungen, die die Vorschriften zur Bearbeitung von Papierrezepten auf eRezepte ausweiten, legt § 17 Abs. 5 ApBetrO nunmehr fest, dass der Apotheker bei der Änderung eines eRezeptes den elektronischen Rezeptdatensatz mit einer qualifizierten elektronischen Signatur signieren muss (Abb. 1). Da die vom Arzt unterzeichnete Verordnung nicht manipuliert werden kann, fügt der Apotheker einen eigenen Datensatz hinzu, den er dann signiert und somit ebenfalls unmanipulierbar macht. Die Signatur des Apothekers liegt also unter Sicherheitsgesichtspunkten auf dem Niveau der Signatur des verschreibenden Arztes.

Wie die Papierrezepte müssen auch die eRezepte bei der Abgabe der verschriebenen Arzneimittel signiert werden. Auf Papierrezepten genügt dafür ein Namens- oder Handzeichen des Apothekers oder von anderem pharmazeutischem Personal wie Apotheken- oder Apothekerassistent und Pharmazieingenieur (die Befugnis dazu kann auch auf pharmazeutisch-technische Assistenten übertragen werden). Der genannte Personenkreis ist nun berechtigt, die eRezepte entsprechend zu signieren (§ 17 Abs. 6 ApBetrO) und kann dafür eine einfache elektronische Signatur verwenden. Das eingelöste eRezept kann auch per fortgeschrittener oder gar qualifizierter elektronischer Signatur unterzeichnet werden, wenn dies gewünscht ist.

Entscheidend ist bei jeder gewählten Methode, dass die Rückverfolgbarkeit zum Unterzeichner gewährleistet ist. Bei Verwendung der einfachen elektronischen Signatur empfiehlt sich dafür ein Verzeichnis, in dem die jeweilige Signatur eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet wird. Diese Dokumentation ist gemäß § 22 Abs. 1b ApBetrO drei Jahre lang aufzubewahren.

Wird eine qualifizierte elektronische Signatur benutzt, können die Unterlagen des Zertifizierers zur Dokumentation herangezogen werden, denn hier liegt die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit in dessen Verantwortung. Einzelheiten sollten aber jeweils mit der Überwachungsbehörde abgestimmt werden. Selbstverständlich bleiben die bisherigen Regelungen für Papierrezepte in Kraft, denn diese werden in absehbarer Zukunft noch gebraucht.

Drei Sicherheitsstufen

Nach dem Signaturgesetz (SigG) sind elektronische Signaturen Datensätze, die der Authentifizierung dienen [2]. Dies beschreibt bereits vollständig die niedrigste der drei Sicherheitsstufen, die (einfache) "elektronische Signatur" nach § 2 Nr. 1 SigG (Abb. 1). Das Verfahren ist sehr einfach und kostengünstig – z.B. müssen nicht wie bei den Signaturarten der höheren Sicherheitsstufen vor jeder Benutzung Zugriffscodes eingegeben oder die Dienste eines auswärtigen Zertifizierers in Anspruch genommen werden. Von Nachteil ist, dass die Daten nicht vor nachträglicher Manipulation gesichert sind.

Um die Authentizität und Integrität elektronischer Dokumente sicherzustellen, bedient man sich einer "fortgeschrittenen elektronischen Signatur" (§ 2 Nr. 2 SigG). Sie ist durch Verschlüsselungen geschützt, die allein der Unterzeichner kontrollieren kann – etwa über die Eingabe eines Codes. Auch eine Identifizierung des Unterzeichners ist bei diesem Verfahren möglich, jedoch ist dessen Identität oder Qualifikation für Außenstehende nicht kontrollierbar.

Um die Identität des Unterzeichners und z.B. seine Approbation als Arzt oder Apotheker zweifelsfrei sicherzustellen, bedient man sich der "qualifizierten elektronischen Signatur", einer noch höheren Sicherheitsstufe. Hierbei wird von einer externen zertifizierenden Stelle Identität und Qualifikation des Antragstellers überprüft und bestätigt. In der Apotheke ist der Heilberufsausweis eine Voraussetzung für die Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur. Damit wird auch für Außenstehende der Status des Unterschreibenden transparent, und der Patient kann darauf vertrauen, dass derjenige, der in der Apotheke sein Rezept ausliest, dazu auch berechtigt ist.

Erleichterungen bei der Dokumentation

Im Zuge dieser Neuerungen gibt es für die Apotheken auch Erleichterungen bei der Dokumentation. Zwar konnten auch früher schon Aufzeichnungen auf Datenträgern aufbewahrt werden. Die Unterschrift musste der Apotheker jedoch immer auf einem Papier nachtragen und dieses in Ordnern aufbewahren. Dies wird in Zukunft einfacher, weil die qualifizierte elektronische Signatur als eigenhändige Unterschrift gilt (z.B. bei der Änderungen von Rezepten). Wo bislang ein Namenszeichen ausreichte wie bei der Abzeichnung von Rezepten, genügt nun eine einfache oder eine fortgeschrittene elektronische Signatur (Abb. 2).

Arzneimittelversorgung bei einer Pandemie

Die novellierte Apothekenbetriebsordnung regelt für den Fall einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, dass spezifische Arzneimittel zur Versorgung der Bevölkerung schnell und in großem Umfang zur Verfügung stehen. Gedacht wurde dabei in erster Linie an eine Influenzapandemie. In diesem Zusammenhang haben die Bundesländer bekanntlich große Mengen an Oseltamivir-Pulver bestellt. Wenn eine Landesbehörde feststellt, dass der gelagerte Wirkstoff der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden soll, können die Apotheken aus ihm die entsprechenden Arzneimittel herstellen und verteilen. Wenn dabei sichergestellt ist, dass die in die Apotheke gelangende Ware unverfälscht und ihre Qualität gesichert ist, kann gemäß § 25a ApBetrO auf die sonst nach § 11 Abs. 2 ApBetrO geforderte Identitätsprüfung dieser speziellen Ausgangsstoffe in der Apotheke verzichtet werden (Abb. 3).

Identität und Qualität des Wirkstoffes sind deshalb gewährleistet, weil bei dieser Art der Beschaffung, Lagerung und Logistik nicht die Schwachstellen bestehen, wie sie bei der üblichen Beschaffung von Stoffen möglich sind. Dabei sind auch die verschiedenen von den Bundesländern gewählten Vertriebswege (z.B. Teilherstellung durch Lohnhersteller, Umfüllen und Abpacken durch den Großhandel) berücksichtigt worden. Die Regelung gilt für öffentliche Apotheken und Krankenhausapotheken gleichermaßen.

Kosten und Kostenersparnis

Die für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in den Apotheken anfallenden Kosten, z.B. für elektronische Hard- und Software, sowie eventuelle Rückvergütungen durch die Krankenkassen kamen in der Diskussion zu dieser Verordnung nicht zum Tragen, da die grundsätzliche Verpflichtung der Selbstverwaltung zur Einführung der eGK bereits mit dem GMG getroffen wurde. Entsprechend wurden die genannten Kosten auch im damaligen Gesetzgebungsverfahren erörtert und in der Begründung zu § 291a SGB V dargelegt.

Die Änderung der Apothekenbetriebsordnung schafft lediglich die erforderlichen Regelungen zum Umgang mit eRezepten. Allerdings wurden die Apotheken dabei möglichst wenig zusätzlich belastet, und durch die elektronische Signierung wurden ihnen sogar neue Möglichkeiten zur Rationalisierung eröffnet. Das Entfallen der Identitätsüberprüfung von Oseltamivir-Pulver im Falle einer Influenzapandemie erleichtert die zügige Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Arzneimitteln und entlastet die verantwortlichen Apotheken zeitlich und auch finanziell. Grundsätzliche Regelungen über die Einbindung der Apotheke in den Vertriebsweg dieser Arzneimittel wurden in der Apothekenbetriebsordnung nicht getroffen, denn über den Vertriebsweg entscheidet das jeweilige Bundesland im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Bestimmungen, doch sind die Apotheken selbstverständlich auch bei einer Pandemie für die Versorgung der Bevölkerung mit den benötigten Arzneimitteln prädestiniert.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Änderung der Apothekenbetriebsordnung für die möglichst reibungsfreie Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und zur optimalen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung im Falle einer Pandemie notwendig war. Dabei wurde Wert darauf gelegt, die Apotheken zu entlasten und ihnen eine Rationalisierung zu ermöglichen. Die Änderung der Apothekenbetriebsordnung trägt dazu bei, die Apotheke als Partner im Gesundheitswesen zu stärken und ihre Schlüsselrolle bei der Distribution von Arzneimitteln zu unterstreichen: sowohl bei der Einführung eines technologischen Meilensteins in der Gesundheitsversorgung als auch bei kritischen Situationen für die öffentliche Gesundheit.

Am 13. Januar 2006 tritt die Zweite Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung in Kraft. Die Änderungen betreffen zum einen die Handhabung der elektronischen Signatur bei der Bearbeitung von elektronischen Rezepten. Zum anderen regeln sie im Falle einer Pandemie (z. B. Influenza) die rasche Versorgung der Bevölkerung mit spezifischen Arzneimitteln.

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