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Schwerpunkt Reisemedizin
Impfungen für Reisende
Grundsätzlich sind Fernreisen oder Urlaubsreisen eine gute Gelegenheit, seinen Impfschutz zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Das gilt für die Standardimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Polio, die von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) hierzulande empfohlen werden, aber auch für die häufigsten Reiseimpfungen. Denn Reisen in subtropische und tropische Regionen sind mit erhöhten Gesundheitsrisiken verbunden! Aber durch adäquate prophylaktische Maßnahmen lässt sich das Risiko reiseassoziierter Infektionskrankheiten deutlich reduzieren, denn es existieren wirksame und gut verträgliche Impfungen.
Ungesunde Reiseandenken
Nach Schätzungen werden bis zu 50% der in Deutschland jährlich auftretenden ca. 30.000 Erkrankungen an Hepatitis A im Ausland erworben. Die Hepatitis A zählt damit zu den häufigen reiseassoziierten Infektionskrankheiten und eine Immunisierung ist für die meisten Reisenden empfehlenswert. Nicht nur bei Reisen in tropische und subtropische Regionen besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko einer Hepatitis A: Schon im Mittelmeerraum oder – wie Weinke es formulierte – "östlich der Oder und südlich der Alpen" kann eine Übertragung durch erregerhaltige Speisen und Getränke erfolgen. Spitzenreiter sind hier kontaminierte Schalentiere und Speiseeis. Gegen Hepatitis A stehen aktive Impfungen zur Verfügung (Havrix®, Vaqta®, Havpur®), die zum Zeitpunkt 0 und nach sechs Monaten verabreicht werden, eine hohe Schutzwirkung haben und nebenwirkungsarm sind.
Typhus
Die Wahrscheinlichkeit einer reiseassoziierten Erkrankung an Typhus oder Paratyphus ist besonders auf dem indischen Subkontinent sehr hoch. Die verfügbaren Schutzimpfungen gegen Typhus bieten für die Dauer von ein bis drei Jahren eine Wirksamkeit von 60 bis 75% und werden als Schluckimpfung (Typhoral®) und in injizierbarer Form (Typhim®) angeboten. Eine Impfung wird bei länger dauernden Reisen unter einfachen Bedingungen empfohlen.
Gelbfieber-Impfung
In einigen Ländern des tropischen Afrika und Südamerikas stellt das durch bestimmte Moskitoarten übertragene Gelbfiebervirus eine Bedrohung für Reisende dar. Da die Erkrankung nicht selten tödlich verläuft, sollten Reisende in entsprechende Endemiegebiete unbedingt geimpft werden.
In Deutschland steht mit Stamaril® ein Impfstoff zur Verfügung, der – einmal 0,5 ml s.c. gespritzt – nach zehn Tagen für zehn Jahre einen Impfschutz gewährleistet. Die Abgabe erfolgt nur an zugelassene Gelbfieber-Impfstellen.
Cholera – für Touristen keine Gefahr
Die Cholera kommt bei Reisenden selbst während Cholera-Epidemien in den entsprechenden Ländern äußerst selten vor. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit ist sehr gering, so Weinke, für Touristen sei die Cholera kein Problem. In Deutschland ist ein oraler Cholera-Impfstoff (Dukoral®) zugelassen. Durch die Antigene des Impfstoffs wird die Bildung von Antikörpern gegen die vier wichtigsten pathogenen Stämme des Cholera-Erregers Vibrio cholerae und dessen Toxins angeregt. Bestimmte hitze–labile Toxine von Vibrio cholerae und von ETEC sind strukturell nahezu identisch, daher kann dieser Impfstoff zugleich auch einen gewissen Schutz vor Diarrhöen durch enterotoxische E. coli (ETEC) bieten. Empfohlen wird die Schluckimpfung für Reisende in Länder mit Cholera-Risiko, wenn wegen Vorerkrankungen ein erhöhtes Komplikationsrisiko bei Reisediarrhöen zu erwarten ist oder wenn sie in besonderem Maße zu Reisediarrhöen neigen. Für die Grundimmunisierung werden zwei Impfdosen benötigt, und zwar im Abstand von je ein bis sechs Wochen, ein Schutz besteht für sechs Monate.
Reisen in den "Meningitisgürtel"
Auch gegen die durch Meningokokken der Gruppe A und C verursachte Meningitis (Hirnhautentzündung) und die Japanische B Encephalitis (Hirnentzündung) sind gut wirksame Impfstoffe verfügbar. Der so genannte afrikanische "Meningitisgürtel" erstreckt sich von der arabischen Halbinsel in einem breiten, südlich der Sahara verlaufenden Band bis ins äußerste Westafrika. Vor allem wer sich länger in Endemiegebieten aufhält oder auf Reisen während der "Meningitis-Saison" in der Trockenzeit von Dezember bis Juni engeren Kontakt zur Bevölkerung hat, sollte sich mindestens zehn Tage vor der Abreise mit einer tetravalenten Polysaccharid-Vakzine (Mencevax®) impfen lassen, der Impfschutz besteht drei Jahre lang.
Vom wilden Hund gebissen
Die Tollwut (Rabies) wird durch den Biss infizierter Tiere übertragen. In Entwicklungsländern spielen dabei streunende Hunde die entscheidende Rolle, ihr Speichel enthält bis zu 10% Virusmaterial und ist hochinfektiös. Zunehmend sind auch Fledermäuse Überträger: In den USA wurden 90% der humanen Tollwutfälle durch infizierte Fledermäuse übertragen. Das Infektionsrisiko ist zwar insgesamt gering, jedoch wegen des ausnahmslos letalen Verlaufes nach Ausbruch der Erkrankung nicht zu vernachlässigen.
Im Verletzungsfall bei nicht auszuschließendem Tollwutverdacht beim Tier ist so schnell wie möglich eine postexpositionelle Impfung einzuleiten, die bei frühzeitigem Beginn zuverlässig wirksam ist. Falls die Impfung zunächst versäumt wurde, ist sie auch zu einem späteren Zeitpunkt generell noch sinnvoll. Eine praexpositionelle Impfung (Rabivac®, Rabipur®, Tollwut Impfstoff HDC®) empfiehlt sich bei länger dauerndem Aufenthalt in Ländern mit hohem Tollwut-Risiko, denn sie kann auch vor einer unbemerkten Exposition schützen. Auch bei Kurzzeitreisenden kann sie sinnvoll sein, falls im Reiseland selbst kein adäquater Impfstoff verfügbar ist.
Wirksamer Schutz vor FSME
Zecken, die den Erreger der Frühsommer-Meningoencephaelitis (FSME) übertragen, kommen in vielen europäischen Ländern und in Asien vor. Wesentliche Verbreitungsgebiete in Deutschland liegen in Baden-Württemberg und Bayern und in vereinzelten Landkreisen in Thüringen, FSME-Endemiegebiete befinden sich auch in Österreich, Tschechien und dem Baltikum. Als wirksamer Schutz für potenziell gefährdete Einwohner und Besucher von Risikogebieten gilt die aktive Immunisierung: Zur Prophylaxe stehen in Deutschland zwei Impfstoffe zur Verfügung: Encepur® und FSME Immun®. Eine Grundimmunisierung erfolgt durch eine Impfung zum Zeitpunkt 0, nach ein bis drei Monaten und einer dritten Impfung nach neuen bis zwölf Monaten. Die Wirksamkeit ist frühestens 14 Tage nach der 2. Impfung gewährleistet und hält mindestens drei Jahre nach voller Immunisierung. Auch eine Schnellimmunisierung mit Impfung zum Zeitpunkt 0, nach sieben und nach 21 Tagen ist möglich, allerdings ist dafür nur Encepur® zugelassen. ck
Impfberatung
Mit wenigen Schritten zur relevanten Information!
Der erste Schritt: Durch Eingabe des Reiseziels und des Reisedatums erhalten Sie eine Übersicht über die notwendigen Impfungen und die relevanten Gesundheitsrisiken z. B. Dengue-Fieber, Tollwut, Zeckenbissfieber etc.
Der zweite Schritt: Die Erstellung eines detaillierten Impfplans. Dabei werden u. a. die folgenden Kriterien berücksichtigt:
- Zwischenaufenthalte
- Rundreisen
- die Reiseart
Pauschalreise mit Hotelaufenthalt oder eine "Risiko-Reise" mit Trekking, Langzeitaufenthalt, medizinisches Personal
- der Impfstatus
- einzuhaltende Impfabstände zwischen den gewählten Impfungen
- Liegen Einreisebestimmungen zur Gelbfieberimpfung vor?
Außerdem bietet das Programm:
- Malaria-Prophylaxe oder Stand-by-Therapieempfehlung mit Präparaten und einer Auswahl von relevanten alternativen Präparaten zur Malariaprophylaxe oder Stand-by-Therapie
- Anzeige von Malariagebieten, Malariaart
- Karte zu jedem Land
- eine ausführliche Beratungsmöglichkeit zum Sonnenschutz mit Präparateauswahl und Aftersun-Präparaten anhand des Hauttyps, Reiseziels, Reisemonats und Zusatzanforderungen an das gewählte Präparat
- Ausdruck des Impfplanes als Datumsimpfplan oder Detailimpfplan mit/ohne Arztanschreiben
- Informationsblatt zur Reiseapotheke
Reisen + Impfen Impfberatungsprogramm für Ärzte Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart (2004). Diese Software können Sie einfach und schnell bestellen unter der Postadresse: Deutscher Apotheker Verlag Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart oder im Internet unter: www.dav-buchhandlung.de oder per Telefon unter: (07 11) 25 82 - 3 41 oder - 3 42
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