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Sonnenschutzmittel: Einheitlich und verständlich deklarieren

So vielfältig wie die derzeitigen Sonnenschutzprodukte sind auch ihre Kennzeichnungen auf den Verpackungen. Was eigentlich aufklären sollte, stiftet nicht selten Verwirrung beim Verbraucher. Daher fordert die Europäische Kommission in Brüssel einheitliche Bezeichnungen auf Sonnencremes und neben dem Lichtschutzfaktor konkrete Angaben zum Schutz vor UVA-Strahlen. Der irreführende Begriff "Sunblocker" soll den neuen Leitlinien entsprechend keine Verwendung mehr finden.

Ab 2007 könnten die Informationen zur Schutzwirkung einer Sonnenmilch genormt, einfach und verständlich werden. Zu diesem Zweck möchte die EU-Kommission statt per gesetzlicher Verordnung eine Empfehlung mit Leitlinien für die Industrie verabschieden und hofft dabei auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie.

Unsichtbare Täter

Anlass für die geplanten Neuerungen bei der Kennzeichnung von Sonnenschutzmitteln ist der deutliche Anstieg von Hautkrebs in Europa. Nach den neuesten Zahlen des Robert Koch-Instituts von 2006 erkranken in Deutschland jährlich fast 14.000 Menschen am malignen Melanom. Dabei besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Entstehung von Hautkrebs und der Einwirkung ultravioletter Strahlung, unabhängig davon, ob sie von der Sonne oder aus dem Solarium kommt. Es gilt als erwiesen, dass neben dem UVB-Anteil auch die UVA- Strahlung an der Entstehung von Hauttumoren beteiligt ist. Auf Sonnenschutzprodukten werden dem Anwender anhand des Lichtschutzfaktors (LSF) derzeit jedoch nur genaue Angaben zum UVB-Schutz geboten.

Eine hohe Empfindlichkeit zeigt die menschliche Haut im unsichtbaren kurzwelligen ultravioletten Strahlungsbereich (UVB). Zwar gelangen nur etwa 10% der Strahlung durch die Ozonschicht zur Erde, doch fördern diese neben der begehrten Bräune auch Sonnenbrand und seine Spätfolgen wie Hautkrebs.

Was sagt der Lichtschutzfaktor aus?

Der Schutz vor UVB-Strahlen ist weltweit einheitlich durch den Lichtschutzfaktor LSF (SPF, sun protection factor) charakterisiert und wird in den Ländern der EU übereinstimmend nach der SPF Test Method gemessen. Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Methode, die 1994 von COLIPA, der europäischen Dachorganisation der nationalen Verbände der kosmetischen Industrie, entwickelt wurde. Der Lichtschutzfaktor ergibt sich aus dem Quotienten der Strahlendosis, die auf der geschützten Haut eine minimale Rötung erzeugt zu jener Strahlenmenge, die das gleiche auf uneingecremter Haut bewirkt und sagt aus, um wie viel länger man mit einem Sonnenschutzmittel in der Sonne bleiben darf, bevor ein Erythem entsteht. Bislang gilt die Angabe des Lichtschutzfaktors auf Sonnencremes als einzige Orientierung zur Schutzleistung eines Produktes. Möglicherweise werden die absoluten Zahlenangaben durch die Nennung von Lichtschutzklassen ersetzt. Die als "Sunblocker" bezeichneten Sonnencremes sollen unter diesem Begriff nicht mehr gehandelt werden, fordert die EU–Kommission. Dem Verbraucher würde eine 100%ige Schutzwirkung vorgegaukelt, die es mit den Dermatika nicht gibt.

Wer sich vor B schützt, sollte auch an A denken

Etwas langwelliger und energieärmer, aber dafür beinahe ohne Absorptionsverlust durch die Ozonschicht ist der UVA-Anteil des Sonnenlichts. Er sorgt für kurzfristige Bräune, beschleunigt die Hautalterung und ist verantwortlich für lichtabhängige Dermatosen. Da UVA-Strahlung keinen Sonnenbrand verursacht, bleiben erworbene Hautschäden lange Zeit unerkannt, werden chronisch und begünstigen die Tumorbildung. Daher sehen Dermatologen schon längst die Notwendigkeit, Sonnencremes zusätzlich mit UVA-Absorbern auszustatten. Auch die EU-Kommission verweist auf die Dringlichkeit umfassender Schutzwirkungen. Einige Markenhersteller haben in ihre Produkte bereits entsprechende Zusatzstoffe eingearbeitet. Jedoch anders als bei der UVB-Protektion existiert zur Bestimmung des UVA-Schutzes bisher noch keine wissenschaftlich akzeptierte Methode, die allgemein anerkannt ist. Als genormtes Verfahren gilt derzeit die In-vitro-Messung nach Australischem Standard. Bei dem Test wird ermittelt, wie viel Strahlung ein mit Sonnenschutzmittel (8 µm dick) bestrichenes Quarzplättchen zurückhält. Bei mehr als 90% UVA-Absorption ist der Standard erfüllt.

Testverfahren mangelhaft

Innerhalb der restlichen 10% ist jedoch keine Differenzierung vorgesehen. Demnach bleibt auch bei hohem Lichtschutzfaktor (Schutz vor UVB) der UVA-Schutz auf gleichem Niveau. Unter Einhaltung der angegebenen Norm kann somit eine verhältnismäßig hohe Dosis dieser Strahlungsart auf die Haut wirken, ohne dass es vom Anwender bemerkt wird.

Auch von den anderen Messverfahren zur Bestimmung des UVA-Schutzes hat sich aus verschiedenen Gründen bisher noch keine als international anerkannter Standard etabliert. So werden bei den IPD-und PPD Methoden die Pigmentierungen zeitlich erfasst, die sich durch UVA-Strahlung infolge der Oxidation von Melaninvorstufen bilden. Nachteilig hier ist der hohe experimentelle Aufwand zur Ermittlung der Daten.

Eine seit Februar 2005 in Deutschland gültige Methode nach DIN 67502 erstellt zur Charakterisierung des UVA-Schutzes eine so genannte UVA-Bilanz. Dazu wird der UVA- und UVB-Schutz der Sonnencreme in vitro bestimmt und der erhaltene Messwert zum in vivo ermittelten UVB-LSF ins Verhältnis gesetzt. Die so errechnete Schutzleistung stößt bei Experten der Gesellschaft für Dermopharmazie jedoch auf Kritik. Bei dem Verfahren wird weder die Dauer des Schutzeffektes berücksichtigt, noch ein biologischer Endpunkt festgelegt, der für langfristige Hautschäden der UVA-Strahlung relevant ist. Schlussendlich fehlt die Angabe einer optimalen UVA-Bilanz. Auch Testmethoden, die mit verschiedenen anderen Zielkriterien arbeiten, wie Immunsuppression oder DNA-Schädigung, sind derzeit nicht aussagekräftig genug.

Die Gesellschaft für Dermopharmazie weist darauf hin, dass neben dem LSF weitere Angaben, wie der Wert für UVA-Schutz, den Verbraucher möglicherweise überfordern könnte. Mittelfristig wäre deshalb ein Verfahren zur Überprüfung des UV-Schutzes geeignet, das mit der Aufführung eines einzigen Wertes den UVA- und UVB-Schutz der Sonnencreme beschreibt.

EU setzt auf Selbstverpflichtung

Bis Mitte Juni 2006 möchte die EU-Kommission der Kosmetikindustrie ihre Leitlinien übermitteln. Die Hersteller werden dazu angehalten, ab Sommer nächsten Jahres auf den Sonnencremes den UVA-Schutz in einheitlicher Form auf Grundlage von standardisierten Testverfahren anzugeben, damit Verbraucher die Produkte vergleichen können. Außerdem sollen der Begriff "Sunblocker" und andere Formulierungen, die dem Anwender 100%igen Schutz versprechen, nicht mehr zum Einsatz kommen. Darüber hinaus müssen Etiketten klare und verständliche Warnungen und Hinweise zur korrekten Anwendung des Sonnenschutzmittels tragen. Die von der Kommission geplanten Leitlinien werden für alle in der EU erhältlichen Sonnenschutzmittel gelten. Ein europaweites Einheitslogo dürfen dann nur jene Produkte tragen, die den vorgegebenen Kriterien entsprechen.

Die Kosmetikhersteller sehen hinsichtlich der kurzen Zeitspanne zur Umsetzung der Richtlinien jedoch Probleme. Sie halten die Änderung der Deklaration erst ab Sommer 2008 für realistisch und planen eine zweijährige Übergangsphase ein. Vertreter der EU-Kommission setzten wiederum auf die Selbstverpflichtung der Industrie, mit entsprechenden Maßnahmen die Abläufe zu beschleunigen.

Apothekerin Franziska Wartenberg

UV-Filter

Chemische Filter nehmen die Strahlen auf und bewirken die Umwandlung der UV-Strahlung in langwellige sichtbare oder Infrarotstrahlung. Die absorbierten Photonen geraten mit den konjugierten Doppelbindungen der chemischen Moleküle in einen angeregten Zustand, aus dem sie unter Wärmeabgabe oder Fluoreszenzstrahlung schrittweise in den Grundzustand gelangen. Je nach Absorptionsspektrum werden UVA-, UVB- oder Breitbandfilter unterschieden.

  • UVA-Filter:
    • Avobenzol
    • Mexoryl SX

  • UVB-Filter:

    • p-Aminobenzoesäure (PABA)
    • Zimtsäureester
    • Campherderivate

  • Breitband-Filter:

    • Mexoryl XL

Mineralische Filter bestehen aus sehr kleinen Partikeln mit reflektierender, streuender und zum Teil auch absorbierender Wirkung, die die Haut sofort abdecken und schützen. Bei richtiger Teilchengröße (Mikropigmente, <30 nm) ist es möglich, UV-Strahlung abzuwehren und Licht durchzulassen, so dass die Partikel auf der Haut nicht mehr weiß erscheinen. Mikropigmente wie zum Beispiel Titandioxid mit Zusatz von Aluminiumoxid oder Siliciumdioxid zur Vermeidung von Agglomeraten oder Zinkoxid zählen zu den Breitbandfiltern. Oft sind die Substanzen mit Silikonölen überzogen, um eine bessere Verteilung in den Cremes zu erreichen.

Reichlich und wiederholt auftragen

Zwei Milligramm pro Quadratzentimeter – soviel Sonnenschutzcreme muss auf die Haut aufgetragen werden, damit der vom Hersteller ausgewiesene Lichtschutzfaktor auch tatsächlich erzielt wird. Die meisten Anwender verteilen aber im Durchschnitt lediglich 0,5 bis 1,5 Milligramm auf einem Quadratzentimeter Körperoberfläche – viel zu wenig, um den erwünschten Schutzfaktor zu erreichen.

Um jeden Quadratzentimeter Haut mit den geforderten 2 mg des UV-Protektivums zu versorgen, ist es hilfreich sich der so genannten "Neuner-Regel" zu bedienen. Danach wird der Körper in elf Zonen unterteilt, die jeweils neun Prozent der Hautoberfläche umfassen: 1. Kopf und Nacken 2. linker Arm 3. rechter Arm 4. oberer Rücken 5. unterer Rücken 6. Brustbereich 7. Bauchregion 8. linker Oberschenkel 9. rechter Oberschenkel 10. linker Unterschenkel und Fuß 11. rechter Unterschenkel und Fuß

Jede dieser Zonen sollte mit der gleichen Menge an Sonnenschutzmittel versorgt werden. Dabei ist ein einfaches Maß hilfreich: Auf die gesamte Länge von Zeige- und Mittelfinger einer Hand wird das Sonnenschutzmittel gegeben und jedes der oben genannten Körperteile nacheinander eingecremt.

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