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Gesundheitsreform: Reformverhandlungen im Endspurt
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt erklärte am 26. Juni, der Koalitionsausschuss habe sich am Abend zuvor darauf verständigt, zur Finanzierung der GKV auch Steuergelder heranzuziehen. Dies sei "ein Weg", dafür zu sorgen, dass die Kassenfinanzen nicht mehr ausschließlich von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen abhängig sind.
Welche Steuern zu diesem Zweck erhöht werden, ist allerdings noch offen. Das Finanzministerium soll diese Woche Vorschläge erarbeiten, wie eine solche Steuerfinanzierung realisiert werden könnte. Aktiviert werden soll ein Finanzvolumen zwischen 16 und 24 Mrd. Euro – je nachdem, ob man lediglich die Krankenversicherung der Kinder mit den Steuermitteln abdecken will oder sämtliche familienpolitische Leistungen. Es zeichnet sich ab, dass das Finanzministerium dem Weg über direkte Steuern gegenüber einer weitern Erhöhung der Mehrwertsteuer den Vorzug gibt. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller machte deutlich, dass der Umstellungsprozess schrittweise erfolgen wird. Die nachhaltige Finanzierung sei ein langfristiges Projekt. In den kommenden ein bis zwei Jahren müsse der Steuerzahler noch nicht damit rechnen, mit zusätzlichen Abgaben für die Gesundheit belastet zu werden.
Sowohl Schmidt als auch Zöller erklärten, dass auch die privaten Krankenversicherungen ihren Beitrag zur Verbreiterung der Solidarität leisten müssen. Das heiße aber nicht, dass die PKV in einen Fonds einbezogen werden soll, betonte Zöller. Es müsse aber möglich sein, dass freiwillig gesetzlich Versicherte in eine private Kasse wechseln können. Ebenso soll der Wechsel zwischen privaten Versicherungen unter Mitnahme der Alterungsrückstellungen ermöglicht werden.
Strukturveränderungen stehen an erster Stelle Bundeskanzlerin Angela Merkel bemühte sich zu Wochenbeginn, den Eindruck zu korrigieren, die Bürger würden mit der geplanten Gesundheitsreform übermäßig belastet. "Es geht in keinem Fall darum, den Bürgern in die Tasche zu greifen", sagte sie am Montag vor einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Vielmehr sei es ihr wichtig, dass die Versicherung von Kindern anders finanziert werde – "nicht mehr und nicht weniger". "Hauptteil" der Reform, so die Kanzlerin, seien Strukturveränderungen, Einsparungen und die Einführung von mehr Wettbewerb. Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, betonte, dass es in erster Linie um Einsparungen gehe. Die Steuern würden "ganz sicher nicht erhöht, um Löcher zu stopfen". Zudem stehe lediglich die Finanzierung der Kindermitversicherung zur Debatte.
Steuergelder in einer von der SPD ins Gespräch gebrachten Höhe von 45 Mrd. Euro in das Gesundheitswesen zu lenken, lehnte Pofalla strikt ab. CSU-Generalsekretär Markus Söder erklärte, 16 Mrd. Euro für die Kindermitversicherung seien "die absolute Schmerzgrenze für die CSU". Pofalla stellte zudem klar, dass der Koalitionsausschusses in seiner letzten Sitzung "in keinem einzigen Punkt Beschlüsse oder Festlegungen" getroffen habe. Union und SPD hätten "Korridore von Lösungsmöglichkeiten" diskutiert und Arbeitsaufträge an den Bundesfinanzminister und an die Gesundheitsministerin erteilt.
Sparvolumen auf der Ausgabenseite noch unklar Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil versuchte die Wogen zu glätten: Die langfristige Umpolung auf eine Steuerfinanzierung des Gesundheitswesens sei sinnvoll und gerecht, sagte er nach den Gremiensitzungen der SPD am Montag. Er betonte ebenfalls, dass das Geld nicht für das Schließen aktueller Löcher verwandt werden dürfe. Dem wegen des wegfallenden Bundeszuschusses drohenden neuen Kassendefizit will man stattdessen Einsparungen entgegensetzen. Diese seien beispielsweise möglich durch Großhandelsrabatte bei Arzneimitteln und das Vermeiden unnötiger Doppeluntersuchungen, sagte Heil. Wie hoch diese Einsparungen sein werden, ist allerdings noch nicht klar. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklärte lediglich, dass das Volumen nach seinen Informationen "über zwei Milliarden hinaus" gesichert sei.
Auch wie die entsprechenden Strukturmaßnahmen aussehen sollen, bleibt weiterhin im Vagen. Der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums Klaus Vater nannte die bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung, die Einführung "modernerer" Verbandsstrukturen und die Kosten-Nutzenbewertung von Arzneimitteln Reformfelder. Wie dies zu kurzfristigen Einsparungen für die GKV führen kann, ist jedoch fraglich. Vater versicherte dennoch, dass die Arbeitsgruppe zur Gesundheitsreform in dieser Woche einen Vorschlag erarbeiten wird, wie das für 2007 erwartete Milliardendefizit der Kassen abzudecken ist.
Entscheidung am Sonntag Nun darf man gespannt sein auf den kommenden Sonntag. Dann sollen im Koalitionsausschuss alle notwendigen Beschlüsse gefasst werden. Regierungssprecher Wilhelm erteilte einer etwaigen Verschiebung der Gesundheitsreform, wie sie die CSU ins Spiel gebracht hatte, eine Absage. Alle Beteiligten hätten die feste Absicht und den guten Willen, Ende der Woche zu einer Entscheidung zu kommen.
Am kommenden Sonntag will der Koalitionsausschuss von Union und SPD die Eckpunkte der Gesundheitsreform beschließen. Unklar ist noch, wie das 2007 drohende Milliarden-Defizit der GKV gestopft werden soll. Einig ist man sich, dass man in eine teilweise Steuerfinanzierung des Gesundheitswesens einsteigen will.
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