Arzneimittel und Therapie

Plaque-Psoriasis: Verringert Etanercept auch Müdigkeit und Depression?

50 mg Etanercept, zweimal pro Woche subkutan injiziert, war in einer randomisierten Doppelblindstudie bei mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis wirksam. Nicht nur die Hauterscheinungen nahmen ab. Nach zwölf Wochen hatte sich unter Etanercept (Enbrel®) im Vergleich zu Placebo bei mehr Patienten die Müdigkeit klinisch bedeutsam verbessert und bei mehr Patienten eine Depression um mindestens 50% verringert.

Eine Psoriasis hat starke emotionale und psychische Auswirkungen. So leiden viele Psoriasis-Patienten an einer Depression. Für die psychischen Effekte scheint der Schweregrad der körperlichen Symptome aber nur zum Teil verantwortlich zu sein; Lebensereignisse, die Umgebung und die eigene Wahrnehmung beeinflussen die Psyche des Psoriasis-Patienten ebenfalls.

In einer randomisierten Doppel–blindstudie mit dem Immunbiologikum Etanercept (Enbrel®) wurden neben der Wirksamkeit auf die Hauterscheinungen auch Veränderungen von Depression und Müdigkeit untersucht.

TNF-alpha-Antagonist Etanercept

Etanercept ist ein rekombinant hergestelltes Fusionsprotein. Das lösliche Derivat des TNF-alpha-Rezeptors verhindert die Bindung des Zytokins an seine Rezeptoren und so TNF-α-vermittelte Effekte. Seit 2002 ist Etanercept zur Therapie der Psoriasis-Arthritis und seit September 2004 zur Therapie der Plaque-Psoriasis zugelassen.

Die Konzentration proentzündlicher Zytokine wie TNF-alpha ist sowohl bei Depressionen als auch bei chronischer Müdigkeit erhöht. Die Behandlung mit einem TNF-alpha-Antagonisten könnte daher auch direkte Wirkungen auf Depression und Müdigkeit haben.

Mittelschwere bis schwere Plaque-Psoriasis Eine randomisierte, multizentrische Doppelblindstudie in den USA und Kanada erfasste 618 erwachsene Patienten mit einer aktiven, klinisch stabilen Plaque-Psoriasis auf mindestens 10% der Körperoberfläche. Als Maß für die Ausprägung und Ausdehnung der Symptome diente der Psoriasis Area and Severity Index (PASI). Er reicht von 0 = keine Psoriasis bis 72 = schwere Psoriasis. Wichtigstes Kriterium für die Besserung der Hauterscheinungen war PASI 75 nach zwölf Wochen. PASI 75 gibt den Anteil der Patienten an, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Verbesserung des PASI um mindestens 75% erreicht haben.

Alle Patienten hatten zu Beginn einen PASI von mindestens 10 und waren mit einer Phototherapie oder systemischen Therapie vorbehandelt oder Kandidaten dafür. Sie litten also an einer chronischen mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis.

Zweimal wöchentlich 50 mg Etanercept Die Patienten oder das Pflegepersonal injizierten zwölf Wochen lang zweimal wöchentlich subkutan 50 mg Etanercept (n = 311) oder ein Placebo (n = 307).

Auf der Skala der Functional Assessment of Chronic Illness Therapy Fatigue (FACIT-F) bewerteten die Patienten, wie Müdigkeit die Aktivitäten der letzten Woche eingeschränkt hatte. Die Depression wurde von den Patienten mittels eines Multiple-Choice-Fragebogens (Beck Depression Inventory, BDI) und vom Fachpersonal auf der Hamilton-Depressionsskala eingestuft. Die Teilnehmer waren durchschnittlich 46 Jahre alt. Zwei Drittel waren Männer. Nach zwölf Wochen hatten 47% der mit Etanercept Behandelten, aber nur 5% der mit Placebo Behandelten eine Verbesserung des PASI um mindestens 75% erreicht. Der Unterschied war signifikant.

Verbesserung der Depressionen klinisch relevant? Gleichzeitig erzielten mehr Patienten eine mindestens 50%-ige Verbesserung der Depressions-Scores:

  • beim BDI 55% der Etanercept gegenüber 39% der Placebo-Patienten
  • auf der Hamilton-Depressionsskala 43% der Etanercept gegenüber 32% der Placebo-Patienten

Allerdings litt zu Beginn nur ein relativ kleiner Teil der Patienten an einer mittelschweren bis schweren Depression: Laut BDI waren es rund 15%, laut Hamilton-Depressionsskala nur 2%.

19% (BDI) bis 24% (Hamilton) zeigten eine leichte Depression und zwei Drittel (BDI) bis drei Viertel (Hamilton) keine Depression. Bei einem so geringen Vorkommen von Depres–sionen muss bezweifelt werden, ob die Verbesserung mit Etanercept überhaupt klinisch relevant ist.

Im Alltag weniger durch Müdigkeit eingeschränkt Die Müdigkeit wurde auf der FACIT-F-Skala (0 bis 52 Punkte) zu Beginn mit durchschnittlich 38 Punkten be–wertet und lag damit höher als in der Allgemeinbevölkerung (44). Nach zwölf Wochen hatte sich der mittlere FACIT-F-Punktwert mit Etanercept um 5 und mit Placebo um 2 verbessert, in der Untergruppe der Patienten mit Psoriasis-Arthiritis sogar um 7 gegenüber 2. Die Unterschiede waren signifikant.

Als klinisch bedeutsame Verbesserung (klinisches Ansprechen) gilt ein Anstieg des FACIT-F-Punktwerts um mindestens 3 Punkte. Nach zwölf Wochen zeigten 58% der Etanercept-Gruppe gegenüber 43% der Placebo-Gruppe ein klinisches Ansprechen in Bezug auf die Müdigkeit.

Die Abnahme der Müdigkeit – nicht jedoch die Verbesserung von Depressionen –– korrelierte gut mit Veränderungen bei Gelenk- und Hautschmerzen.

Fazit Dieser Studie zufolge verringert Etanercept Müdigkeit und Depression bei mittelschwerer bis schwerer chronischer Plaque-Psoriasis. Allerdings litten überraschend wenig Patienten an einer Depression, vermutlich weil Patienten mit psychischen Problemen in der Anamnese ausgeschlossen worden waren. Daher war nur die Verringerung der Müdigkeit eindeutig klinisch bedeutsam.

Psoriasis und ihre negativen Einflüsse auf die Lebensqualität

In Deutschland sind etwa 2 Millionen Menschen von Psoriasis betroffen. Die Krankheit ist nicht heilbar. Sie beginnt überwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr und verläuft in der Regel chronisch. Phasen mit niedriger Aktivität können mit Phasen einer schubartigen Verschlechterung abwechseln. Etwa 30% der Patienten leiden auch an einer Psoriasis-Arthritis.

Die Symptome der Psoriasis, wie Juckreiz, Schuppung und Blutung, gehen mit einer erheblichen psychosozialen Beeinträchtigung einher. Die Patienten sind von einer stärkeren sozialen Stigmatisierung betroffen als Patienten mit anderen Hauterkrankungen. Auch die Behandlung belastet die Lebensqualität des Patienten: die Beschwerlichkeit der topischen Behandlung, der hohe Zeitaufwand für Selbstbehandlung und Arztbesuch, Nebenwirkungen sowie finanzielle Mehrbelastungen.

Quelle: Reich, K., Augustin, M.: Biologics in der Therapie der Psoriasis. Arzneimitteltherapie 23, 384-397 (2005)].

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