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Aus Kammern und Verbänden
Apotheker für Tablettenverbot (9. Lesmüller-Vorlesung)
Dr. Hermann Vogel, Ehrenpräsident der Landesapothekerkammer Bayern, stellte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Stiftungsrates der Lesmüller-Stiftung fest: "Der schrankenlose Wettbewerb in der Pharmazie wäre höchst fragwürdig!" und leitete mit dieser aktuellen Aussage zur Vorlesung über. Die in München ansässige Lesmüller-Stiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, die Stellung von Pharmazie und Apotheker zu fördern und zu stärken.
Als Apotheker noch reich waren Christa Habrich übersetzt den Begriff "apoteca" mit "Lagerraum, Niederlage oder Gewölbe". Um 850 wird in einem Gedicht ein "Arzneihaus" erwähnt, "in dem der Weg zur Gesundheit führt, empfange dort frohgemut die Geschenke der Arznei!" Zu dieser Zeit muss es wohl eine Mischform aus Arzt und Apotheker gegeben haben, in den Klöstern werden Lager für Arzneipflanzen angelegt.1231 bis 1241 erlässt Kaiser Friedrich II. die berühmten "Constitutiones" und trennt die Aufgaben von Arzt und Apotheker. Und damals wird von einem gewissen Heinrich, der "Apotecker" berichtet, der dermaßen reich ist, dass er selbst dem Bischof von Regensburg Geld leihen kann. In Regensburg wird 1397 eine Verordnung erlassen, die das Verhalten der Apotheker regelt: Sie müssen die Vorschriften der Ärzte genau einhalten, einen gerechten Preis machen und frische Ware herstellen. In den Städten Süddeutschlands müssen die Pharmazeuten Eide ablegen und unter anderem geloben: permanente Dienstbereitschaft, tugendhaften Lebenswandel und Gehorsam gegenüber den Ärzten! Dafür gibt's dann ein fixes Honorar von der Stadt. In Norddeutschland sind die Apotheker bei der Stadt angestellt ("Rats-Apotheker") und in Gilden organisiert. Wie Christa Habrich betont, ringen sie immer um ihr Selbstverständnis. Sie sind oft soziale Aufsteiger, aber immer unterhalb der Mediziner angesiedelt. Das, so Habrich weiter, hat Auswirkungen bis zum heutigen Tag.
Als Städte noch Apotheker kauften Die Ausbildung der Apotheker ist lange nicht geregelt. Die "Apotheker-Jungen" sind 12 bis 17 Jahre jung und müssen drei bis fünf Jahre lang schwere Arbeit verrichten, hohes Lehrgeld bezahlen, sie haben keine Freizeit, bekommen Prügel und werden schlichtweg ausgenutzt. Nach ihrer Abschlussprüfung gehen die Gehilfen auf Wanderschaft: Besonders begehrt sind Zeugnisse aus renommierten Apotheken wie der "Kugel" in Nürnberg oder der "Rats-Apotheke" in Hamburg. Gute Apotheker werden - wie Fußballspieler heutzutage - von den Städten umworben und für das beste Honorar "gekauft". In der Renaissance erlebt die Apothekerei ihren ersten Aufschwung. 1725 verfügt Preußen: Die Apotheker müssen in wissenschaftlich anerkannten Labors lernen und ein Examen ablegen, 1825 wird ein Universitätsstudium zwingend vorgeschrieben. Die Bayern sind schneller: Dort wird schon 1808 ein Studium verlangt.
Anfang des 19. Jahrhunderts machen die Apotheker viele medizinische Untersuchungen und Apotheker wie Merck entwickeln in ihren Apotheken zahlreiche Produkte. Daraus entstehen bald große Firmen. Als diese die Tablette einführen, erwirken die Pharmazeuten ein Tablettenverbot gegen die Industrie - ohne Erfolg. Nach einem Jahr wird der pharmazeutische Boykott aufgegeben.
Nach 1860 erleben die Apotheken im Deutschen Reich einen Boom - die Sozialversicherung wird eingeführt und beschert steigende und sichere Einkünfte.
Ihren historischen Streifzug schließt Christa Habrich mit einem Blick auf die Internetapotheken ab und konstatiert: "Die Apotheke wird weiter bestehen - wenn wir alle zusammenstehen!" Mit leidenschaftlichen Worten beklagt die Professorin, dass "wir uns ohne Not viele Bereiche unserer Kompetenz wegnehmen ließen. Die deutschen Apotheker handelten kurzsichtig, demütig oder fahnenflüchtig. Die Kurzsichtigkeit und das Unterlegenheitsgefühl sind berüchtigt, ängstliches Wegducken normal - nicht zuletzt bei unseren Standesvertretern!" Abschließend wies Habrich auf die doppelte Bedeutung des griechischen Wortes "pharmakos" hin: es bedeutet sowohl "Zauberer" als auch "Sündenbock"! lub
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