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Wer Medikamente kauft, braucht Beratung

Mehr Wettbewerb für die öffentlichen Apotheken fordert die Monopolkommission der Bundesregierung in ihrem aktuellen Hauptgutachten: Das Fremd- und Mehrbesitzverbot soll aufgehoben werden, ebenso das Selbstbedienungsverbot. Wenig beratungsbedürftige Arzneimittel sollen aus der Apothekenpflicht entlassen werden. Dazu meint ADEXA: Mehr Wettbewerb ja, aber nur bei gleichbleibender Arzneimittelsicherheit. Die Beratung sollte in Umfang und Qualität weiter verbessert statt ab–gebaut werden.

Apothekenpflicht Für leichte Schmerzmittel, Mittel zur Raucherentwöhnung und andere nach Meinung der Kommission wenig beratungsbedürftige Arzneimittel soll die Apothekenpflicht aufgehoben werden, so die Empfehlung der Monopolkommission. Dabei orientiert sie sich an Ländern wie Großbritannien, wo Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen und Paracetamol frei verkäuflich sind.

Doch das Beispiel zeigt auch, dass hier zu kurz gedacht wurde: Gerade bei ASS ist eine Beratung unbedingt nötig, und auch bei Paracetamol sollte auf die Gefahr einer möglichen Überdosierung hingewiesen werden. Dass dies in der Vergangenheit nicht immer üblich war, ist kein Grund, hier künftig völlig auf Beratung zu verzichten. Es macht aber deutlich, wie wichtig die Beratungsqualität auch und gerade bei solchen "Apotheken-Essentials" ist. Und es zeigt, dass noch viel Überzeugungsarbeit bei den Politikern zu leisten ist, um auf die Leistungen der Apotheken für die Arzneimittelsicherheit hinzuweisen.

Apothekerkammern und -verbände müssen weiterhin verstärkt Maßnahmen ergreifen, um das Beratungsniveau zu verbessern. Allein auf Freiwilligkeit zu setzen reicht ganz offensichtlich nicht aus. Dass zur Beratungsqualität auch angemessene Gehälter für qualifizierte Angestellte gehören, versteht sich von selbst.

Zugang zum Apothekerberuf Der Beruf des Apothekers soll auch für Fachhochschulabsolventen geöffnet werden, empfiehlt die Kommission. Mit Blick auf die in der Pharmazie umstrittenen Bachelor-/Masterstudiengänge wäre dies jedoch ein Schritt in die falsche Richtung. Besser wäre es, das Pharmaziestudium so umzugestalten, dass auch kommunikative Kompetenzen stärker berücksichtigt werden. Für die Übernahme einer Apotheke sollten außerdem unternehmerische und Personalführungskompetenzen zur Voraussetzung gemacht werden.

Räumliche Integration in andere Geschäfte Die Kommission schlägt vor, künftig auch den Betrieb räumlich unselbstständiger Apotheken in Drogeriemärkten oder Kaufhäusern zu erlauben. Die Abgabe von Arzneimitteln in einer räumlich klar definierten Apotheke schafft aber für den Kunden ein besseres Bewusstsein dafür, dass es sich bei Arzneimitteln um besondere Waren handelt – und nicht um harmlose Lebensmittel wie probiotische Joghurts.

Eine vollständige Apotheke mit Labor, Warenlager etc. als Teil eines Drogeriemarktes oder Kaufhauses zu betreiben ist sowohl unpraktikabel als auch bei der heutigen Apothekendichte völlig unnötig. Für den Kunden ist es allemal bequemer, den Fullservice der eigenständigen Apotheke zu nutzen, als auf das reduzierte Angebot eines Shop-in-Shop-Konzeptes zurückzugreifen. Das mag für Kosmetik reichen, für die sichere Medikamentenabgabe ist aber mehr nötig.

Fremd- und Mehrbesitzverbot Eine Aufhebung des Fremdbesitzverbotes lehnt ADEXA grundsätzlich ab. Die pharmazeutischen Kompetenzen eines Heilberuflers sind unabdingbar dafür, dass die Sicherheit des Patienten immer im Vordergrund steht. Durch Fremdkapital könnte der Apotheker nicht mehr unabhängig nach seinem pharmazeutischen Gewissen entscheiden, sondern würde anderen Sachzwängen unterliegen.

Dagegen würden größere Apothekenketten im Besitz von Pharmazeuten möglicherweise effizienter wirtschaften und wären auch für die Angestellten in manchen Punkten vorteilhaft. Dass der Kettengedanke auch bei den Apothekenleitern kein völliges Tabu mehr ist, zeigt die große Zahl an Zusammenschlüssen zu Einkaufs- und Werbegemeinschaften (Linda, Parmapharm etc.).

Vertriebspauschale statt Zuzahlung Die Kommission schlägt vor, von den Patienten statt einer Zuzahlung eine eigenständige Vertriebspauschale zu erheben. Diese könne vom Apothekenleiter variiert werden. Eine andere Möglichkeit sieht die Kommission im Modell der Vertriebsapotheke vor, bei der eine Krankenkasse nur eine bestimmte Anzahl von Apotheken zur Versorgung ihrer Patienten zulässt.

So attraktiv solche Krankenkassen-Apotheken auch wirken mögen, wenn man an qualitative Zulassungskriterien denkt, es muss dennoch die freie Apothekenwahl erhalten bleiben. Man kann nicht einerseits den mündigen Bürger fordern, der selbst die Risiken der an der Tankstelle erworbenen Medikamente beurteilen soll, und ihm auf der anderen Seite vorschreiben, welche Apotheke er besucht.

Vorschlag von ADEXA: Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Industrie, denn die Apotheke gestaltet ihre Preise im verschreibungspflichtigen Bereich ohnehin nicht selbst. Eine "Vertriebspauschale" wird auch nicht automatisch preiswerter. Und freier Wettbewerb mit Ober- und Untergrenze (wie von der Monopolkommission für die Vertriebspauschale vorgeschlagen) ist kein Preiswettbewerb mehr.

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