Doping

W. Dubbels Leistungssport: Blutdoping und Dopingcocktails im Trend?

Kaum hatte die Affäre um den spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes und den darin verwickelten Jan Ullrich die Radsportwelt in ihren Grundfesten erschüttert, tauchte schon der nächste Dopingskandal im Radsport bei der Tour de France auf. Ausgerechnet der Sieger Floyd Landis wurde des Dopings überführt. Interessant ist auch, dass von den 21 Tour-de-France-Gewinnern seit 1960 nur drei dieser Gewinner nie in ihrer Karriere positiv getestet oder mit Doping in Verbindung gebracht wurden. Aber nicht nur im Radsport wird gedopt, sondern in fast allen Sportarten. Gefordert werden daher lückenlose Dopingkontrollen inklusive Blut- und DNA-Proben sowie Blutvolumenmessungen.

Kürzlich wurden bei Justin Gatlin, Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordhalter über 100 Meter, erhöhte Testosteronwerte gemessen. Spektakuläre Dopingfälle der Vergangenheit bestätigen die Vermutung, dass in allen Sportarten gedopt wird, die Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer erfordern. So löste der kanadische Leichtathlet Ben Johnson bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988 einen Skandal aus, als man ihm nach seinem Sieg über 100 Meter die Einnahme verbotener Anabolika nachweisen konnte. Deutschlands Leichtathletikszene wurde 1992 erschüttert als bei Kathrin Krabbe das missbräuchlich angewandte Beta-Sympathomimetikum Clenbuterol nachgewiesen werden konnte. Der Einsatz verbotener Mittel zur Steigerung der Leistungsfähigkeit hat eine lange Tradition. Schon 1896 soll der Radrennfahrer Arthur Linton nach der Einnahme von Aufputschmitteln gestorben sein. Auch wenn andere Quellen berichten, dass er an den Folgen einer Infektion gestorben ist, muss davon ausgegangen werden, dass sich schon zu dieser Zeit vor allem Radrennfahrer verschiedener Cocktails aus aufputschenden Mitteln wie Coffein, Cocain und Morphium bedient haben.

Dopingkontrollen förderten Alternativen Mit Einführung der Dopingkontrollen auf steroidale Anabolika [1] nahm der Einsatz anabol wirkender Alternativen im Leistungssport enorm zu.

Die Angaben zu den Ermittlungsakten der spanischen Polizei über Jan Ullrich und andere in die Affäre um den Sportmediziner Eufemiano Fuentes verwickelten Radrennsportler lassen vermuten, dass auch in Ausdauer- und Konditions-Sportarten neben dem Blutdoping nicht nur mit dem Peptidhormon Erythropoetin (EPO), sondern auch mit den bis dato in der Kraftsportszene gebräuchlichen Peptidhormonen Somatropin und Insulin sowie dem Steroid Testo–steron, einem natürlichen Androgen, gedopt wird. Jan Ullrich soll laut Ermittlungsakten in einem einzigen Jahr 35.000 Euro für seine "Dopingcocktails" ausgegeben haben, so sagte der Heidelberger Dopinganalytiker Werner Franke im Interview mit dem Fernsehkanal "RheinmainTV". Ein Göttinger Narkosearzt versorgte Jan Ullrich mit den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die von dem spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes verabreicht wurden.

Steroid- und Peptidhormone werden nach wie vor über Kraftsportzeitschriften beworben und über das Internet angeboten. Der verbotene Handel mit solch hochwirksamen Medikamenten, die ausschließlich für die Therapie von Krankheiten vorgesehen sind, und deren Missbrauch werden strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen [2].

Blutdoping hat EPO-Ära beendet Wachstumshormone und Insulin stehen zwar auf der Liste der verbotenen Substanzen [3], der Nachweis erfordert jedoch engmaschige Kontrollen mit Abnahme von Blut. So sind gentechnisch hergestellte Wachstumshormone nur bis zu 36 Stunden nach Applikation sicher nachweisbar [4], EPO dagegen immerhin noch bis zu vier Tage nach Applikation. Daher hat das Blutdoping die EPO-Doping-Ära abgelöst.

Die vielfältigen Wirkungen des Somatropins Die natürliche Sekretion von Somatropin (engl. Growth Hormone, GH) wird durch das Somatropin-Releasing-Hormon GHRH induziert und unterliegt dem hypothalamischen Regelkreis. Über genaue Regulationsmechanismen ist im Gegensatz zu den anderen tropen Hormonen wenig bekannt. Vermutlich wird die negative Rückkopplung durch IGF-1 (insulinähnlicher Wachstumsfaktor) ausgelöst. Die Ausschüttung von GHRH und einem antagonistisch wirkenden Hormon wird von Neurotransmittern gesteuert (Noradrenalin, Serotonin, Dop–amin), deren Freisetzung wiederum von verschiedenen Faktoren wie Schlaf, Blutzucker und Stress beeinflusst wird. Erniedrigte Somatropin- und IGF-1-Spiegel korrellieren im Einklang mit erniedrigten Testosteronspiegeln mit einer deutlichen Abnahme der allgemeinen körperlichen Leistungskraft, der Muskelmasse und der Muskelkraft [5, 6].

Muskelaufbau durch IGF-1 Die anabole Wirkung des Wachstumshormons wird nicht direkt durch Somatropin ausgelöst, sondern in erster Linie durch Somatomedin C (siehe Grafik). Somatomedine werden wegen ihrer Insulin-agonistischen Eigenschaften und ihrer strukturellen Verwandtschaft zu Insulin auch als insulinähnliche Wachstumsfaktoren (Insulin-like Growth Factor = IGF) bezeichnet. Neben Somatomedin C (IGF-1) konnten aus menschlichem Serum noch die Somatomedine A und B isoliert werden.

Somatomedine werden bevorzugt in der Leber, aber auch in den Nieren, Muskeln und im Bindegewebe gebildet. Die wachstumsfördernden Effekte von IGF-1 erstrecken sich jedoch nicht nur auf den Proteinstoffwechsel in der Muskulatur, sondern auch auf die Collagensynthese. Die vermehrte IGF-1-Bindung in den Chondrozyten erhöht die Teilungsaktivität dieser Zellen, (trainingsbedingte) Verletzungen heilen deshalb schneller aus. In zu hoher Dosierung muss mit Akromegalie gerechnet werden. Das Längenwachstum kann dagegen im Erwachsenenalter nicht mehr beeinflusst werden. IGF-1 wird inzwischen auch direkt verabreicht. Das muskelaufbauende Peptid wird jedoch sehr schnell wieder abgebaut [6].

In den Fettstoffwechsel greift Somatropin durch Hemmung der Synthese von körpereigenem Fett ein, indem es den Fettsäureeinbau in die Zelle erschwert und die Lipolyse erleichtert. Diesbezüglich wirkt es also antagonistisch zum Insulin.

Insulin und Somatropin: Schillerndes Wechselspiel Auch hinsichtlich der Beeinflussung des Kohlenhydratstoffwechsels wirken Somatropin und Insulin antagonistisch. Somatropin fördert die Gluconeogenese und verringert die Glucoseaufnahme und -verwertung in Muskelzellen und Fettgewebe, was letztlich zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels führt und die diabetogene Wirkung von Somatropin erklärt.

Nicht nur aufgrund dieser unerwünschten Wirkung wird Somatropin im Leistungssport mit Insulin kombiniert. Denn Insulin wirkt ebenfalls anabol und ist schon allein deshalb für den missbräuchlichen Einsatz im Sport interessant. In dieser Hinsicht wirken Insulin und Somatropin also synergistisch [7].

Betrachtet man alle Eigenschaften des Somatropin im Wechselspiel mit Insulin, dann fällt auf, wie biologisch sinnvoll das Vorhandensein solch verschiedener Partialwirkungen auf den Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel einerseits für das Wachstum (anabole Wirkung) und andererseits für die Erhaltung des Individuums (antikatabole Wirkung) ist, was diese beiden Peptidhormone so interessant für Leistungssportler macht!

Testosteron, die Reinkarnation eines Klassikers Testosteron ist ein natürliches Androgen, das überwiegend im Hodengewebe in den Leydigschen Zwischenzellen gebildet wird. Der Körper eines gesunden jungen Mannes produziert 6 bis 8 mg Testosteron pro Tag. Testosteron und sein Metabolit Dihydrotestosteron sind unter anderem für die Entwicklung der Geschlechtsorgane und sekundären Geschlechtsmerkmale verantwortlich. Für den Sportler, der sich (unerlaubte) Vorteile verschaffen möchte, ist die Substitution auf Grund der anabolen Wirkung auf die Proteinsynthese interessant. Darüber hinaus vermindert Testosteron das peritoneale Fettgewebe und erhöht die Glucosetoleranz.

Sportler mit hohen Testosteronwerten, egal ob natürlichen oder unnatürlichen Ursprungs, bauen daher leichter Skelettmuskelmasse auf, verbrennen schneller Fett und können ihre Glykogenspeicher schneller nach Belastung wieder auffüllen. Die Regeneration nach anstrengenden Trainings- oder Wettkampfetappen wird beschleunigt.

Testosteron lässt sich mit der GC/MS-Technik nachweisen. Hohe Testosteronwerte allein sind jedoch noch kein Indiz für Doping, da der Testosteronwert individuellen Schwankungen unterliegt und endogen gebildetes Testosteron nicht von synthetischem Testosteron unterschieden werden kann, bevor der eindeutige Nachweis durch den Isotopentest erbracht wurde. Daher wird bei Dopingverdacht der Testosteron/Epitestosteron-Quotient (T/E-Quotienten) bestimmt. Der T/E-Quotient ist zwar auch individuell verschieden, aber relativ konstant, und erhöht sich bei Applikation synthetischen Testosterons.

Bei der Bestimmung wird Epitestosteron, ein Stereoisomer von Testosteron, als Referenzsteroid benutzt. Epitestosteron ist kein Metabolit des Testosterons. Bei Testosteronapplikation bleibt sein Wert daher unverändert. Bei einem T/E-Quotienten oberhalb 6 wird durch eine relativ aufwendige Isotopenbestimmung die Detektion abgesichert.

Beliebt: Testosterongele und -pflaster Außergewöhnlich erhöhte Testosteronwerte sowie ein unnatürlich hoher Testosteron/Epitestosteron-Quotient wurden nicht nur Floyd Landis, sondern auch seinem Landsmann Justin Gatlin zum Verhängnis. Testosteron ist keineswegs eine neue "Modedroge", sondern wurde im Leistungssport schon missbräuchlich eingesetzt, bevor es Anabolika gab. Neu ist jedoch die Applikationsform. Mit Testosteronpflastern und Testerongels werden bei Hypogonadismus mit entsprechender Testosteronmangel-Symptomatik erniedrigte Testosteronwerte durch Substitution auf physiologische Werte angehoben [8, 9]. Geschickt angewandt, laufende Laborkontrollen vorausgesetzt, kommt es bei gesunden jungen Sportlern bei einem Urintest nicht zu Auffälligkeiten, wenn das Timing stimmt. Leistungssportler setzen die transdermale und perkutane Applikationsform insbesondere vor oder zwischen den Wettkampftagen in niedriger Dosierung ein, um die durch vorherige körperliche Belastung erniedrigten Werte wieder auszugleichen. Mit transdermal oder perkutan appliziertem Testosteron werden schnell wieder physiologische Plasmaspiegel erreicht. Außergewöhnliche Peaks werden vermieden. Weitere Vorteile sind die schnelle Anflutung und die schnelle Elimination, wodurch im Vergleich zur intramuskulären Anwendung die Manipulation leichter steuerbar ist. Es werden keine Steroidkonzentrationen in der Leber induziert, die oberhalb physiologischer Werte liegen, wie es bei oralen Androgenen, Anabolika und Prohormonen der Fall ist. Durch Pflaster und Gele wird die zirkadiane Rythmik imitiert und die aktiven Hauptmetaboliten Dihydrotestosteron und Estradiol werden wie bei endogenem Testosteron in physiologischen Mengen gebildet.

Die Rechnung geht nicht immer auf... Kürzlich wurde in einem kalifornischen Labor eigens zum Zweck der Manipulation im Leistungssport eine Creme zur perkutanen Anwendung entwickelt, die neben Testosteron auch Epitestosteron in einem ausgeklügelten Verhältnis enthält. Epitestosteron hat keine pharmakologische Wirkung, sondern dient hier lediglich zur Verschleierung von Doping. Auf diese Weise wird auch der Grenzwert für den T/E-Quotienten nicht überschritten.

Dennoch scheint die Rechnung nicht für alle Sportler aufzugehen. Dosierungen, die beim Hypogonadismus physiologische Werte imitieren, können beim gesunden Sportler, insbesondere wenn nur gelegentlich gedopt wird, zu hohe Werte ergeben. Auch nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch, wie zum Beispiel Auftragen eines Testosterongels auf die Skrotalhaut, erhöht die Resorption auf ein Vielfaches gegenüber der perkutanen Resorption und führt zu supraphysiologischen Testosteronspiegeln.

Kaum hatte die Affäre um den spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes und den darin verwickelten Jan Ullrich die Radsportwelt in ihren Grundfesten erschüttert, tauchte schon mit dem diesjährigen Toursieger Floyd Landis der nächste Dopingskandal im Radsport auf. Die Angaben zu den Ermittlungsakten der spanischen Polizei lassen vermuten, dass auch in Ausdauer- und Konditions-Sportarten neben dem Blutdoping nicht nur mit dem Peptidhormon Erythropoetin, sondern auch mit den bis dato in der Kraftsportszene gebräuchlichen Peptidhormonen Somatropin und Insulin sowie dem Steroid Testosteron gedopt wird.

Blutdoping und Doping mit EPO

Blutdoping dient der Erhöhung der Hämoglobinkonzentration im Blut und damit einer verbesserten Aufnahme von Sauerstoff. Ziel ist eine Steigerung der Ausdauerfähigkeit. Dieses Ziel lässt sich sowohl mit Transfusionen von Fremdblut (homologe Transfusion) als auch mit Eigenblutspenden (autologe Transfusion) erreichen. Beide Methoden sind jedoch verboten. Erlaubt ist dagegen das Höhentraining, mit dem sich ein ähnlicher Effekt erreichen lässt. Beim Training in Höhen von mehreren 1000 Metern werden verstärkt Erythrozyten gebildet, damit der Körper trotz des geringeren Sauerstoffangebots in der Luft mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden kann. Während Bluttransfusionen und Höhentraining die Hämoglobin-Konzentration unmittelbar erhöhen, muss Erythropoetin (EPO) die Erythrozytenneubildung im Knochenmark erst anregen und benö–tigt damit mehr Zeit, um entsprechende Werte zu erzielen. Blutdoping und Doping mit EPO sind schwierig nachzuweisen. Als Anhaltspunkt kann ein erhöhter Hämatokrit-Wert dienen. Er gibt den prozentualen Anteil der Blutzellen am Gesamtvolumen des Blutes an und liegt unter normalen Bedingungen bei 40%. Da Flüssigkeitsverlust während eines Wettkampfs ebenfalls zu einer Erhöhung des Hämatokrit-Wertes führen kann, wurde der Grenzwert, der zur Sperrung eines Sportlers führt, auf 50% festgelegt.

Quelle: www.dopingnews.de

T/E-Quotient

IOC-Regel: Als Verstoß gegen die Dopingregeln gilt ein Verhältnis Testosteron zu Epitestosteron (T/E-Quotient) von höher als 6 zu 1 im Urin eines Athleten, solange kein Beweis vorliegt, dass diesem Verhältnis eine physiologische oder pathologische Ursache zugrunde liegt. Voraussetzung für die Regel ist die Stabilität des T/E-Quotienten bei einem Athleten. Es werden deshalb bei erhöhten T/E-Quotienten zur Feststellung, ob ein Athlet mit Testosteron gedopt hat, individuelle Referenzwerte erstellt.

Quelle: www.dshs-koeln.de/

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