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- DAZ 38/2006
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Schwerpunkt Rheuma
Rheuma und Ernährung: Gemüse und Fisch schonen die Gelenke
In der medizinischen Literatur findet man schon seit Hippokrates Ansätze, rheumatische Erkrankungen durch Ernährung zu lindern. Zwangsläufig leiteten sich daraus eine Vielzahl von mehr oder weniger obskuren "Rheumadiäten" ab, die teilweise sehr widersprüchlich sind.
Gleichwohl geben wissenschaftliche Forschungsergebnisse der letzten Jahre Hinweise darauf, dass bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen die Beschwerden durch eine geeignete Ernährung gebessert werden können. Es zeichnet sich heute ab, dass bei der Bildung der Entzündungsmediatoren bestimmte Nahrungsbestandteile eine Rolle spielen.
Verschiedene Inhaltsstoffe von Lebensmitteln können dazu beitragen, eine Entzündung im Körper entweder zu fördern oder zu hemmen. Die entzündungsfördernden Inhaltsstoffe sollten daher gemieden und hemmende Substanzen bevorzugt werden. Eine entsprechende Ernährungsumstellung kann helfen, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die Schmerzen zu lindern, wodurch sich auch der Arzneimitteleinsatz reduzieren lässt.
Fettreiche tierische Lebensmittel vermeiden Wenn auch die Pathogenese rheumatischer Erkrankungen noch nicht völlig geklärt ist, so wurden doch die Mediatoren, die schließlich die Entzündung der Gelenke bewirken, während der letzten Jahre identifiziert. Es sind dies die Eicosanoide, die im Gelenk enzymatisch freigesetzt werden und maßgeblich an der Entzündung der Gelenke mitbeteiligt sind. Der Körper bildet die entzündungsfördernden Eicosanoide aus der Fettsäure Arachidonsäure, die nur in fettreichen Lebensmitteln tierischer Herkunft wie Schweineschmalz, fettreichen Fleisch- und Wurstwaren, Butter, Sahne, Käse etc. vorkommt. Fettreiche Lebensmittel tierischen Ursprungs mit Ausnahme von Fisch sollten deshalb eher selten oder nur in kleinen Mengen auf dem Speiseplan stehen. Denn je mehr Arachidonsäure zur Verfügung steht, desto mehr entzündungsfördernde Eicosanoide können gebildet werden.
Mit der in Industrienationen üblichen Kost werden täglich etwa 300 mg Arachidonsäure zugeführt. Der Verbrauch im Körper liegt aber unter 1 mg, so dass jede diese Menge übersteigende Zufuhr zur Akkumulation von Arachidonsäure in Körperzellen und damit zum Anstieg der Eicosanoidbildung führen kann. Experimentell hat sich gezeigt, dass sich durch eine Verminderung der Arachidonsäurezufuhr eine Abnahme der Arachidonsäurespiegel und Eicosanoidbildung erzielen lässt.
Oxidative Prozesse hemmen Die Bildung von Eicosanoiden ist ein oxidativer Prozess, den Omega-3-Fettsäuren und anti–oxidativ wirkende Substanzen hemmen können. Es liegen Untersuchungen vor, dass Omega-3-Fettsäuren, die antioxidativ wirkenden Vitaminen C und E sowie die Spurenelemente Selen, Zink, Kupfer und Eisen (als Cofaktoren antioxidativ wirkender Enzyme) einen Einfluss auf das Entzündungsgeschehen bei rheumatischen Erkrankungen haben. Sie hemmen die Umwandlung von Arachidonsäure in Eicosanoide, wodurch die Entzündung abnimmt.
Fetter Seefisch liefert Omega-3-Fettsäuren Die entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren kommen vor allem in fettreichem Seefisch (z. B. Lachs, Hering, Makrele) und in einigen Pflanzenölen (z. B. Raps-, Soja-, Walnussöl) vor. Diese Pflanzenöle sollten täglich auf dem Tisch stehen, die genannten Fischarten mindestens zweimal pro Woche gegessen werden. Für Patienten, die keinen Fisch mögen, gibt es spezielle, mit Omega-3-Fettsäuren angereicherte, Lebensmittel oder Fischölkapseln, die nach Absprache mit dem Arzt ergänzend eingenommen werden können.
Omega-3-Fettsäuren scheinen ihre entzündungshemmende Wirkung durch eine kompetitive Hemmung der Eicosanoidbildung zu entfalten. In klinischen Studien haben sich diese Fischölfettsäuren als wirksames Therapeutikum bei chronischer Polyarthritis erwiesen. Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zeichnet sich ab. Ein weiteres Ergebnis derartiger Studien ist, dass sich die Wirkung von Fischölfettsäuren durch diätetische Verminderung der Arachidonsäurezufuhr mittels einer lacto-vegetabilen Kost steigern lässt. Bei Gabe von Fischölkapseln und gleichzeitiger lacto-vegetabiler Kost ist der Krankheitsverlauf günstiger, ausgewiesen durch weniger Schmerz, geringere Morgensteifigkeit, größere Griffstärke und niedrigere Anzahl schmerzhafter und geschwollener Gelenke. Auch die Laborparameter zeigen eine Verminderung der Entzündungsparameter.
Antioxidanzien bevorzugt Mit Vitamin E ist bei Patienten mit chronischer Polyarthritis ebenfalls eine Besserung klinischer und laborchemischer Befunde zu erzielen. Hierfür sind aber Dosen deutlich über der derzeit empfohlenen Zufuhr mit der Nahrung von 12 mg/d erforderlich. Auch die ausreichende Zufuhr von Vitamin C und antioxidativ wirkenden Spurenelementen wie Kupfer, Zink und vor allem Selen scheint für die Entzündungshemmung förderlich zu sein.
Fasten kann Linderung bringen Verschiedene Studien zeigen, dass Fasten während eines Rheumaschubs bei Patienten mit chronischer Polyarthritis Besserung bringen kann. Das Fasten wird meist als Nulldiät mit einer täglichen Flüssigkeitszufuhr von drei Litern (Mineralwasser, Gemüsebrühe, Molke oder andere elektrolytreiche Getränke) durchgeführt. Nach Wiederaufnahme der üblichen Kost kommt es allerdings erneut zu Beschwerden, während eine anschließende vegetarische Kost (mit nur ca. 50 mg Arachidonsäure) den entzündlichen Prozess weiter mindert. Als Erklärung für den günstigen Effekt des Fastens wird neben einem hierdurch erhöhten Cortisonspiegel ein Abfall der Eicosanoid-Biosynthese angeführt, letzteres möglicherweise durch die fehlende Arachidonsäurezufuhr mit der Nahrung. Hierfür würde auch die anhaltende Besserung unter vegetarischer Kost sprechen. Zusätzliche Gaben hochdosierter Omega-3-Fettsäuren und von Vitamin E unterstützen die Entzündungshemmung.
Fazit Es scheint heute erwiesen, dass bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß der Gelenkentzündung und ihrer Ernährung bestehen. So zeichnet sich ab, dass eine lacto-vegetabile/mediterrane Kost mit niedriger Arachidonsäurezufuhr, sowie eine Hemmung der Eicosanoidbildung aus Arachidonsäure durch Fischölfettsäuren und Antioxidanzien, geeignete Maßnahmen sind, die Krankheitsbeschwerden zu lindern. Eine Besserung kann bei Patienten mit chronischer Polyarthritis auch durch totales Fasten erzielt werden. Mit einer anschließenden lacto-vegetabilen Kost lässt sich diese Besserung zum Teil erhalten und durch Gabe von Fischölfettsäuren verstärken. Unabhängig davon verringern Antioxidanzien wie Vitamin E und Selen die Lipidperoxidation und damit die Bildung von Entzündungsmediatoren.
Hervorragend geeignet sind für Rheumatiker Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst. Zum Vergleich: Eine gemischte, normale Kost enthält 200 bis 400 mg Arachidonsäure pro Tag, eine pflanzliche Kost nur ca. 50 mg. Eine obst- und gemüsereiche Kost hat zudem den Vorteil, dass sie gleichzeitig Antioxidanzien wie Vitamin E, C und Selen liefert und hilft, den erhöhten Bedarf der Patienten zu decken.
Die Ernährung der Patienten mit chronischer Polyarthritis muss auch der sich entwickelnden Osteoporose (zum Teil medikamentenbedingt!) Rechnung tragen. Auf eine ausreichende Calciumzufuhr unter Beachtung der Phosphathöchstmengen sowie eine ausreichende körperliche Aktivität muss deshalb bei diesen Patienten besonders geachtet werden. Zur Entlastung der Gelenke ist bei Übergewicht eine Normalisierung des Körpergewichts anzustreben. Basis jeder gesunden Ernährung, somit auch der des Rheumakranken, sollte eine ausgewogene, abwechslungsreiche Mischkost sein, um die Versorgung mit allen essentiellen Nährstoffen zu sichern. Sie soll energetisch angepasst sein, genügend Eiweiß liefern, sowie reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Ballaststoffen sein.
- Gewichtsnormalisierung bei Übergewicht zur Entlastung der Gelenke.
- Eventuell kurzfristig fasten (Nulldiät mit täglich zwei bis drei Litern elektrolytreichen Getränken).
- Die Zufuhr von Arachidonsäure durch fettarme, überwiegend lacto-vegetabile-Basiskost vermindern. Dabei sind etwa zwei Mahlzeiten pro Woche mit Fleisch und Fleischprodukten zur Deckung des Nährstoff–bedarfs erlaubt.
- Zwei Seefischmahlzeiten (Lachs, Makrele, Hering) pro Woche zur Deckung des Bedarfs an Omega-3-Fettsäuren einplanen.
- Ausreichend Calcium aufnehmen (1 g/d) zur Osteoporosevorbeugung, bevorzugt aus (mageren) Milchprodukten.
- Tierische Fette vermeiden, dafür hochwertige Pflanzenöle verwenden.
- Vitamin-E- und -C- sowie Selen-reiche Nahrungsmittel verzehren.
- Wenig Alkohol, möglichst viel Bewegung.
- Ausreichende UV-Bestrahlung zur Vitamin-D-Synthese (Osteoporoseprophylaxe).
- Schonende Zubereitungsmethoden und Garverfahren wählen, um Vit–amine und Spurenelemente zu erhalten.
- Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren und Antioxidanzien nach Absprache mit dem Arzt.
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