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Großbritannien: Warnung vor Oligopol auf Apothekenmarkt
Bereits im Sommer 2004 hatte die britische Wettbewerbsbehörde (Office of Fair Traiding) der Regierung in London empfohlen, die totale Öffnung des Apothekenmarktes durchzusetzen. Noch im selben Jahr kündigte das Gesundheitsministerium an, wie die weitergehende Deregulierung aussehen werde: freier Markteintritt von Apotheken, die ihre Dienstleistungen mehr als 100 Stunden pro Woche anbieten und solcher, die in große Geschäftskomplexe mit mehr als 15.000 qm zu vermietender Grundfläche ziehen. Zwar betonte das Ministerium, vor allem den Patienten den Zugang zur Versorgung mit Medikamenten erleichtern zu wollen, erließ jedoch Regelungen zum Markteintritt, die nach Ansicht vieler Apotheker das Kriterium "Notwendigkeit für die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung" missen lassen.
Anträge um jeden Preis Das Verhandlungskomitee für pharmazeutische Dienstleistungen (Pharmaceutical Services Negotiating Committee – PSNC) erhielt indessen die Information, dass viele Antragstellungen weniger der Verbesserung der Services geschuldet seien als vielmehr dem Bemühen, um jeden Preis in die Aufnahmeliste für Betriebserlaubnisse zu gelangen. An die 40 Prozent aller positiv beschiedenen Anträge, so das Verhandlungskomitee PSNC, seien vor der Reform abgelehnt worden. In einigen Geschäftskomplexen befänden sich nun zwei Apotheken auf einer Etage. Allein zwischen April 2005 und 2006 wurden 300 Anträge auf Eröffnung einer 100-Stunden-Apotheke gestellt, 74 für die Inbetriebnahme einer Apotheke in Einkaufszentren auf der grünen Wiese und 43 für die Aufnahme des Postversands beziehungsweise Internethandels.
Unabhängige fordern Korrekturen Nucare, Repräsentant von 1200 unabhängigen Apotheken, forderte nun in einer öffentlichen Stellungnahme dazu auf, die äußerst freizügigen Regelungen zum Markteintritt zu überdenken. Die völlige Deregulierung des Marktes werde zu einer Polarisation führen, zu einem Oligopol, in dem wenige Ketten und Supermärkte die dominierenden Akteure sein würden. Mahesh Shah, Geschäftsführer im Einkauf von Nucare, beklagte vor allem den zunehmenden finanziellen Druck auf benachbarte Apotheken und äußerte Bedenken in Bezug auf Risiken für verunsicherte Patienten. 100-Stunden-Apotheken sollten seiner Ansicht nach nur zehn Meilen oder eine zwanzigminütige Fahrt voneinander entfernt eingerichtet werden dürfen. Die Apothekenvereinigung Com–pany Chemists' Association (CCA), der mehrere namhafte Apothekenketten und Supermärkte angehören, erklärte die Kritiken indessen für gegenstandslos. In einer Stellungnahme der CCA heißt es: "In den meisten Fällen war keine andere Apotheke in der unmittelbaren Nachbarschaft, so dass der Effekt auf den Wettbewerb dementsprechend nicht beurteilt werden kann". Es sei noch zu früh, die Auswirkungen zu untersuchen.
Ehrgeizige Pläne Viele unabhängige Apotheker bestreiten die Richtigkeit dieser Aussage und verweisen auf die Aktivitäten verschiedener Supermärkte, darunter Asda und Tesco. Beide Unternehmen bestätigten ihre ambitionierten Expansionspläne für die nächsten Monate. "Da bestehen viele Möglichkeiten durch die 100-Stunden-Verträge, die wir ausloten werden. In den nächsten zwei Jahren möchten wir unseren derzeitigen Apothekenbestand um weitere 50 Prozent erhöhen", erklärte ein Sprecher der Supermarktkette Tesco, die landesweit 200 Apotheken betreibt. Und auch das Unternehmen Asda, derzeit mit 90 Apotheken auf dem britischen Markt vertreten, enthüllte seine ehrgeizigen Pläne: "Apotheke ist der an erster Stelle erbetene Service in unseren Geschäften, und da–rum wachsen wir allein in diesem Jahr um 50 Prozent", sagte ein Unternehmenssprecher. –Mahesh Shah von Nucare verwies in seinem jüngsten Interview mit der britischen Presse nicht nur auf die Gefahren für den Markt. "Im 'Marsch der Ketten' wären unabhängige Apotheken, arme und verletzliche Menschen und schließlich der NHS die Verlierer." (Anmerkung: Der NHS – National Health Service – ist der nationale Gesundheitsdienst Großbritanniens.)
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