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Arzneimittel und Therapie
Eisenchelatbildner: Deferasirox gegen chronische Eisenüberladung
Eine Eisenüberladung ist die Folge von Bluttransfusionen, die bei der Behandlung von bestimmten Anämieformen und anderen Erkrankungen lebensnotwendig sind. Dazu gehören Thalassämie, Sichelzellenan–ämie, andere seltene Anämien und myelodysplastische Syndrome. Nicht erkannt oder unbehandelt kann eine Eisenüberladung Leber, Herz und endokrine Drüsen schädigen.
Eisenüberschuss senken Viele Transfusionspatienten müssen den Eisenüberschuss durch eine medikamentöse Therapie mit so genannten Eisenchelatbildnern senken. Gegenwärtig ist Deferoxamin (Desferal®) hier der Behandlungsstandard. Diese Substanz muss täglich an fünf bis sieben Tagen pro Woche subkutan über eine Pumpe bis zu zwölf Stunden lang in die Bauchdecke infundiert werden, was mit Unannehmlichkeiten und Schmerzen verbunden ist. Bei vielen Patienten können Transfusionen und die Behandlung mit Chelatbildnern ein Leben lang erforderlich sein.
Orale Einnahme möglich Deferasirox soll die Therapie mit Deferoxamin ersetzen. Deferasirox ist ein oral wirksamer Chelator mit hoher Selektivität für dreiwertiges Eisen. Der dreiarmige Ligand bindet mit hoher Affinität Eisen im Verhältnis 2:1. Deferasirox fördert die Ausscheidung von Eisen, vorwiegend über die Fäzes. Der neue Eisenchelatbildner wird einmal täglich in einem Glas Wasser oder Orangensaft aufgelöst und oral eingenommen.
Daten für die Zulassungsanträge Das weltweite Programm klinischer Studien mit Deferasirox umfasste mehr als 1000 Patienten. Die Zulassungsanträge stützen sich auf die Ergebnisse von mehreren klinischen Studien. Dazu gehört auch eine direkte Vergleichsstudie der Phase III mit Deferoxamin, in der für Deferasirox eine signifikante Reduktion der Eisenkonzentration in der Leber nachgewiesen wurde. Die Lebereisenkonzentration (liver iron concentration, LIC) ist ein anerkannter Indikator für den Eisengehalt des Körpers bei Erwachsenen und Kindern, die regelmäßig Bluttransfusionen erhalten.
In Dosen von 20 und 30 mg/kg Körpergewicht und Tag war Deferasirox der Deferoxamin-Gabe etwa gleichwertig. Die Studien zeigten, dass Exjade® bei regelmäßig transfundierten Patienten mit verschiedenen zugrunde liegenden Krankheiten zur Erhaltung oder Reduktion der absoluten Lebereisenkonzentration führt.
Gut verträglich In den klinischen Studien bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren wurde Deferasirox im Allgemeinen gut vertragen. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Hautausschlag und leichte stabile Zunahmen des Serumkreatinins, die für gewöhnlich im Normbereich lagen.
Orphan-drug-Status und beschleunigtes Zulassungsverfahren In der EU wurde der Zulassungsantrag für Exjade® bei der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln im Rahmen des zentralen Zulassungsverfahrens eingereicht. In der EU und den USA erhielt Exjade® 2002 Orphan-drug-Status. Ziel der Orphan-drug-Bestimmungen ist, die Erforschung, Entwicklung und Zulassung von Produkten für die Behandlung seltener Krankheiten zu fördern. In der EU bezieht sich der Ausdruck Orphan drug auf ein Medikament zur Behandlung einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung mit einer Prävalenz von weniger als fünf Fällen pro 10.000 Einwohner. In den USA bezieht sich Orphan drug auf ein Medikament zur Behandlung einer Krankheit, von der weniger als 200.000 Menschen des Landes betroffen sind.
Die Behörden der Schweiz und der USA bewilligten Deferasirox zudem ein beschleunigtes Zulassungsverfahren, das Medikamenten gewährt wird, die für die Behandlung von schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten vorgesehen sind und das Potenzial aufweisen, Patienten in Indikationen zu helfen, in denen es bisher keine oder nur sehr begrenzt wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt. hel
Eine Eisenüberladung ist die Folge von Bluttransfusionen, die bei der Behandlung von bestimmten Anämieformen und anderen Erkrankungen lebensnotwendig sind. Deferasirox (Exjade) ist ein neuer Eisenchelatbildner, der zur Behandlung einer chronischen Eisenüberladung geeignet ist. Er wird einmal täglich oral eingenommen.
Handelsname:
Exjade
Hersteller:
Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Einführungsdatum:
1. Oktober 2006
Zusammensetzung:
1 Tablette zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen enthält 125, 250 bzw. 500 mg Deferasirox.
Sonstige Bestandteile:
Lactose-Monohydrat, Crospovidon Typ A, mikrokristalline Cellulose, Povidon, Natriumdodecylsulfat, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat.
Packungsgrößen, Preise und PZN:
Exjade 125 mg Tabletten zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen: 28 Tabletten, 239,90 Euro, PZN 6327334; 84 Tabletten, 700,90 Euro, PZN 6327340. Exjade 250 mg: 28 Tabletten, 470,40 Euro, PZN 6327357; 84 Tabletten, 1392,41 Euro, PZN 6327363. Exjade 500 mg: 28 Tabletten, 931,40 Euro, PZN 6328523; 84 Tabletten, 2704,86 Euro, PZN 6328546.
Stoffklasse:
Eisenchelator. ATC-Code: V03AC03.
Indikation:
Zur Behandlung der chronischen Eisenüberladung auf Grund häufiger Transfusionen bei Patienten mit Beta-Thalassämia major im Alter von sechs Jahren und älter sowie auf Grund einer kontraindizierten oder unangemessenen Deferoxamin-Therapie bei Patienten mit anderen Anämien, im Alter zwischen zwei bis fünf Jahren oder bei Patienten mit Beta-Thalassämia major mit Eisenüberladung auf Grund seltener Transfusionen.
Dosierung:
Initiale Tagesdosis: 20 mg/kg Körpergewicht, einmal täglich auf nüchternem Magen mindestens 30 Minuten vor einer Mahlzeit. Die Tabletten werden durch Rühren in einem Glas Wasser oder Orangen- oder Apfelsaft verteilt, bis eine feine Suspension entsteht. Je nach Bedarf können auch Dosierungen zwischen 10 und 30 mg/kg in Erwägung gezogen werden. Das Serumferritin sollte einmal monatlich bestimmt und die Exjade®-Dosis, sofern erforderlich, alle drei bis sechs Monate entsprechend dem Trend des Serumferritins angepasst werden.
Gegenanzeigen:
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, Kombination mit anderen Eisenchelattherapien, Kreatininclearance < 60 ml/min.
Nebenwirkungen:
Gastrointestinale Beschwerden (hauptsächlich Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö oder Bauchschmerzen), Hautausschlag; erhöhte Transaminasen und erhöhtes Serumkreatinin.
Wechselwirkungen:
Deferasirox soll nicht zusammen mit aluminiumhaltigen Antazida eingenommen werden. Ein Abfall der Plasmakonzentration von Deferasirox kann nicht ausgeschlossen werden, wenn es zusammen mit potenten UGT-Induktoren wie Rifampicin, Phenobarbital oder Phenytoin gegeben wird. Eine Wechselwirkung zwischen Deferasirox und CYP2C8-Substraten wie Paclitaxel und Repaglinid kann nicht ausgeschlossen werden.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen:
Während des ersten Monats nach Beginn oder nach einer Änderung der Therapie sollten der Serumkreatininspiegel, die Kreatininclearance und/oder Plasma-Cystatin-C-Spiegel wöchentlich und danach monatlich überprüft werden. Bei Patienten, die mit Exjade® behandelt werden, sollten monatlich Leberfunktionstests durchgeführt werden. Unter der Behandlung mit Exjade® können Hautausschläge auftreten. Bei Hör- und Sehstörungen sollte eine Dosisreduktion oder eine Unterbrechung der Behandlung erwogen werden. Um das Ansprechen des Patienten auf die Therapie festzustellen, wird eine monatliche Bestimmung des Serumferritins empfohlen. Patienten mit Schwindel, der gelegentlich als Nebenwirkung auftritt, sollten vorsichtig sein, wenn sie am Verkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen.
Normalerweise werden täglich etwa 1 bis 2 mg Eisen aus der Nahrung aufgenommen. Bei regelmäßigen Bluttransfusionen wird jedoch dem Körper die zehn- bis 20-fache Eisenmenge zugeführt. Eisen wird nach der Absorption im Zwölffingerdarm an ein Transportprotein, das Transferrin, gebunden. Der Transferrin-Pool im Blutplasma dient als wichtigste Eisenquelle für die Erythrozyten-Synthese, die einen täglichen Eisenbedarf von 20 bis 30 mg hat. Das durch den Erythrozyten-Abbau frei werdende Eisen gelangt an den Transferrin-Pool zurück.
Ist dieser Plasma-Transferrin-Pool gesättigt, so werden in der Folge labile Eisenverbindungen im Blutplasma, das so genannte nontransferrin-bound iron (NTBI) gebildet.
Dieses wird unabhängig vom normalen Transferrin-Stoffwechsel hauptsächlich in die Leberzellen, aber auch in die Zellen anderer Organe aufgenommen. Es wird mit der Bildung von hochreaktiven Hydroxylradikalen in Zusammenhang gebracht, die ihrerseits einen oxidativen Stress auf Proteine und DNA ausüben und damit Zellen und Gewebe zerstören können. Besonders empfindlich reagieren der Herzmuskel und die Leber. Unbehandelt führt die chronische Eisenüberladung zu lebensbedrohlichen Erkrankungen: Leberversagen infolge Fibrose, Zirrhose und Tumorbildung, Herzversagen und Störungen des Hormonhaushalts.
Chelatbildner können Eisen binden und fördern dessen Ausscheidung über die Nieren und den Darm, mit dem Ziel, dem Körper das überschüssige Eisen zu entziehen und damit den freien Eisenspiegel und die Belastung durch zelluläre Eisenablagerungen zu reduzieren.
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