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Hat der Apotheker als freier Heilberufler Zukunft?

BINZ (ck). Die Vorstände der Scheele-Gesellschaft, der Apothekerkammer und des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern veranstalteten vom 10. bis 12. November die Scheele-Tagung gemeinsam mit dem Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern in Binz. Rund 170 Kolleginnen und Kollegen konnte der Vorsitzende der Scheele-Gesellschaft Priv.-Doz. Dr. Thomas Jira begrüßen, der in das Thema "Wenn die Seele schreit - sind psychiatrische Erkrankungen ein Spiegel der Gesellschaft?" einführte.

Depressionen werden als die Krankheit des 20. Jahrhunderts bezeichnet: Etwa 20% der Bevölkerung machen einmal im Leben eine depressive Phase durch. Und Sätze wie "Manchmal wird mir alles zu viel", "Ich weiß gar nicht wie es weitergehen soll", "Ich sehe schwarz für die Zukunft" hat wohl schon jeder einmal gedacht. Angesichts der momentanen Entwicklung kommt man um solch düstere Gedanken gar nicht herum – bei der aktuellen politischen Lage fällt es aber auch schwer, nicht in eine Depression zu verfallen. Wie Depressionen entstehen und welche medikamentösen Möglichkeiten es gibt, das lesen Sie im Bericht in der nächsten Ausgabe der DAZ.

Das Umfeld ist mit ausschlaggebend Unklare Verhältnisse im Umfeld können Unsicherheit und Angst bei jedem Einzelnen erzeugen – sei es auf persönlicher Ebene oder im Hinblick auf die berufliche Zukunft. Und die Unsicherheit für den Berufsstand der Apotheker ist sehr groß, da die Auswirkungen der in letzter Zeit angestoßenen Reformen und Gesetze in ihrer ganzen Konsequenz nicht abzusehen sind. Der kleine Hoffnungsschimmer, der sich nach der Debatte um die Aufhebung des apothekenrechtlichen Fremd- und Mehrbesitzverbotes im Bundestag am Horizont zeigte, ist mit dem Entscheid, dass dm-Drogerien einen Bestell- und Abholservice für Arzneimittel unterhalten dürfen, wieder zerschlagen worden, so der Vorsitzende des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern, Axel Pudimat. Die Folgen dieses Urteils seien noch nicht abzusehen, es werde nur immer deutlicher, dass jetzt in allen Bereichen der eisige Wind der Marktwirtschaft weht – auch bei den rezeptpflichtigen Arzneimitteln setzt jetzt ein Kampf um die Zuzahlung ein. Es kann doch nicht gewünscht sein, so Pudimat, dass es für Patienten möglich ist, mit der Zuzahlung von Rezepten sich einen kleinen Nebenverdienst zu sichern!

Ordnungsgemäße Versorgung gefährdet Düster stellte Pudimat die Folgen des so genannten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes in den Raum: Apotheken "dürfen" auf ihre Handelszuschläge verzichten, Apotheken "dürfen" teilweise – bis zu 99,9% – die gesetzliche Zuzahlung des Patienten übernehmen. Hinzu kommt, dass auch Krankenkassen künftig die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Versicherten ebenso wie Vertragsärzte über preisgünstige Bezugsquellen für Arzneimittel informieren zu können. Ziel ist es, mit allen Mitteln Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro zugunsten der GKV zu generieren. Gelingt dies nicht, so sollen die Apotheker in die Haftung genommen werden. Pudimat sieht damit die Existenz von Apotheken und die ordnungsgemäße qualitativ hochwertige Versorgung des Patienten gefährdet: Es könnte sein, dass Apotheker zunehmend auf Leistung verzichten, die wenig oder kein Geld einbringen, ein ethisches Arbeiten, wie es der Freie Heilberuf eigentlich verlangt, ist so kaum möglich. Um auf die dramatischen Folgen aufmerksam zu machen, forderte Pudimat alle zu einer regen Teilnahme an den zurzeit stattfinden Protestaktionen auf.

Wie viel Freiheit hat der Freie Beruf Apotheker? Dass die Zukunft der Apotheker im Besonderen eng mit der Zukunft der Freiberufler im Allgemeinen verknüpft ist, darauf machte Lutz Tisch, Geschäftsführer Apotheken- und Arzneimittelrecht, Berufsrecht der ABDA, Berlin, in seinem Referat eindringlich aufmerksam. "Angehörige Freier Berufe erbringen aufgrund ihrer besonderen beruflichen Qualifikation persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig geistig-ideelle Leistungen im Interesse ihrer Auftraggeber und der Allgemeinheit", so lautet eine Definition für diese besondere Berufsform, die den Spagat zwischen Staat und Wirtschaft schaffen muss.

Dem Gemeinwohl verpflichtet Damit übernimmt der Apotheker auch Gemeinwohlpflichten, denn mit der Erfüllung der Aufgabe, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen, dient er der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes. Diese Gemeinwohlaufgabe hat zur Folge, dass die Ausübung des Freien Berufs Apotheker –einer hochgradigen Reglementierung mit spezifischen berufs- und standesrechtlichen Bedingungen nach der Maßgabe der staatlichen Gesetzgebung unterliegt: Der Staat hat den Kammern als Standesorganisationen eine große Verantwortung übertragen. Sie stehen in besonderer gesetzlicher Pflicht und nehmen hoheitliche Aufgaben wahr, wie die Überwachung der Berufsausübung der jeweiligen Berufsgruppe. Die demokratische Legitimierung hierfür findet sich in Kammer- und Heilberufsgesetzen der einzelnen Länder, mit einem Genehmigungserfordernis für Satzungen sowie einer gerichtlichen Überprüfbarkeit – und zwar nur auf Rechtmäßigkeit, nicht jedoch auf Sinnhaftigkeit. Die fachliche Kompetenz und Verantwortung hierfür liegt ganz allein in den Händen der Apotheker!

Kammern als autonome Selbstverwaltung erhalten Mit dem Prinzip der Subsidiarität sind die Kammern für die Umsetzung der Gesetze zuständig, der Staat gibt lediglich einen Normenkorridor vor. Hierdurch soll der Staat ebenso entlastet werden wie durch die Dezentralisierung. Nur so können sachliche und örtliche Verschiedenheiten berücksichtigt werden, die für den Staat oft nur schwer erkennbar sind und auf deren Veränderungen er nicht rasch genug reagiert werden könnte. Auch das Prinzip der Partizipation der Betroffenen zielt in dieselbe Richtung: Den gesellschaftlichen Gruppen soll die Regelung solcher Angelegenheiten eigenverantwortlich überlassen werden, die sie selbst betreffen und die sie in überschaubaren Bereichen am sachkundigsten beurteilen können. So soll auch die Kreativität des einzelnen gefordert werden und gemeinsam mit der Arbeit direkt vor Ort soll ein Optimum an Leistung aus dem bestehenden System geholt werden.

Alternative: staatlicher Dirigismus? Freie Heilberufe organisiert in Kammern sind für eine freiheitlich pluralistische Gesellschaft nach wie vor die beste Option, so Tisch. Eine Destabilisierung des Systems, wie sie im Moment angestrebt wird, kann nicht ohne Folgen für die Qualität von Leistungen bleiben. Daher befürwortete Tisch die dezentrale, autonome Selbstverwaltung der Kammern als Körperschaft des öffentlichen Rechts und die damit einhergehende Pflichtmitgliedschaft der Apotheker. Ein Aufweichen dieses Prinzips, das mit dem Streben nach individueller Freiheit begründet wird, hätte einen Vertrauensverlust und ein erhöhtes Risiko für die Patienten ebenso zur Folge wie repressive Haftungsregeln von Seiten des Staates. Die Alternative zur Verkammerung ist nicht die grenzenlose Freiheit, betonte Tisch. Denn wegen des hohen Regelungsbedarfs der Arzneimittelversorgung, der nicht von der Hand zu weisen ist, wäre ein staatlicher Dirigismus die Folge, der noch mehr Vorschriften und Beschränkungen mit sich bringen würde.

"Aufrecht und mit Mut in den Tag und nicht deprimiert" Doch Tisch zeigte auch die Grenzen der Belastbarkeit dieses momentan gut funktionierenden Systems auf. Die Veränderungen im Gesundheitssystem in den letzten Jahren von der Niederlassungsfreiheit, der sukzessiven Ausweitung des Randsortiments über die Genehmigung von Filialbetrieben bis hin zum Versandhandel zeigen eindeutig einen erschreckenden Trend weg von der eigentlichen Pharmazie, dem es entgegen zu wirken gilt. Die Freien Berufe sind geprägt durch hohe Professionalität, eine Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl, strenge Selbstkontrolle und Eigenverantwortlichkeit. Das ist es, was den Freien Heilberuf Apotheker ausmacht und darauf gilt es stolz zu sein. "Freiberufler brauchen Selbstbewusstsein im Sinne des sich selbst bewusst Seins", so der Anspruch Tischs. Nur wenn sich jeder Apotheker im Klaren darüber ist, was es eigentlich in der momentanen Situation zu verteidigen gilt, kann dieses auch der Öffentlichkeit und den Kunden überzeugend als erhaltenswert vermittelt werden.

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