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Aktuelle Gesundheitspolitik fördert Arzneimittelmissbrauch (Offener Brief an di
Frau Eichhorn ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Sie hatte vor Kurzem in einer Pressemitteilung die hohe Anzahl an Arzneimittelabhängigen in Deutschland beklagt. Dabei bezog sich Frau Eichhorn auf die Mitte November veröffentlichte Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zur gestiegenen Anzahl Medikamentenabhängiger in Deutschland. Das nachfolgende Schreiben an MdB Eichhorn haben über 70 Apothekerinnen und Apotheker aus dem Raum Regensburg unterzeichnet:
"Sehr geehrte Frau Abgeordnete Eichhorn, mit großem Interesse haben wir die kürzlich veröffentlichte Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zur gestie–genen Anzahl Medikamentenab–hängiger in Deutschland zur Kenntnis genommen. Völlig zu Recht kommentieren Sie in Ihrer Stellungnahme als Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dass der Medikamentenmissbrauch in Deutschland ein erschreckendes Ausmaß angenommen habe. Hierzulande seien mittlerweile 1,9 Millionen Deutsche von Tabletten und anderen Medikamenten abhängig. Besonders Frauen benutzten Mittel, um die alltäglichen Belastungen in Familie und Beruf zu bewältigen. Von den Arzneimitteln mit hohem Suchtpotenzial würden mittlerweile 25 bis 30% nicht wegen akuter medizinischer Probleme, sondern langfristig zur Suchterhaltung und zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet. Diese Entwicklung sehen die bayerischen Apotheker ebenfalls mit großer Sorge! Wir teilen Ihre Bedenken zum Thema. Es zeigt, dass Sie das Problem erkannt haben.
Umso mehr verwundert es uns, dass die Bestrebungen der Großen Koalition in der aktuellen Gesundheitspolitik eine Richtung einschlagen, die dem Missbrauch Tür und Tor öffnet. Die geplante Gesundheitsreform sieht die Möglichkeit vor, dass den Patienten anteilig die Zuzahlung zu verschreibungspflichtigen Medikamenten erlassen wird. Der damals gewünschte Steuerungseffekt, näm–lich eine Hemmschwelle beim übermäßigen Arzneimittelgebrauch zu schaffen, würde dadurch entfallen. Wie wirkt sich das Herabsetzen dieser Hemmschwelle auf das Suchtproblem aus? In Saarbrücken hat der zuständige Gesundheitsminister – wider geltendes deutsches Recht! – der niederländischen Kapitalgesellschaft DocMorris erlaubt, eine öffentliche Apotheke zu betreiben. Das Ziel von Kapitalgesellschaften ist Vermehrung von Gewinn. Das heißt im konkreten Fall, mehr Abgabe von Arzneimitteln. Wie wirkt sich das Streben nach mehr Abgabe auf das Suchtproblem aus? Der Drogerie-Markt-Kette dm ist es laut dem OVG Münster erlaubt, als Rezeptsammelstelle für einen Versandhändler zu fungieren. Die Rezepte werden in der Filiale abgegeben, an den Versandhändler weitergeleitet, das Medikament kann nach einigen Tagen dort abgeholt werden. Ohne Kontrolle, ohne gezielte Beratung. Wie wirkt sich der Mangel an Kontrolle und Beratung auf das Suchtproblem aus?
Wir Apotheker möchten eine Politik, die dem Missbrauch entgegenwirkt! Die Berufsordnung der bayerischen Apotheker legt das in § 6 ≠Maßnahmen gegen Missbrauch und zur Abwehr von Risiken' ganz klar fest:
(1) Der Apotheker hat geeignete Maßnahmen bei erkennbarem Missbrauch zu ergreifen und gegebenenfalls die Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu verweigern.
(2) Der Apotheker hat eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten an Kinder und Jugendliche.'
Kann diesen Ansprüchen Rechnung getragen werden, wenn die gesamte Arzneimittelversorgung einer Geiz-ist-geil-Mentalität unterworfen wird? Bei Nikotin und Alkohol setzt man immer restriktivere Maßnahmen ein, um dem Missbrauch vorzubeugen. Warum nimmt die Politik die Gefahr bei Arzneimitteln dann auf die leichte Schulter? Deswegen sehen wir es als unsere Pflicht an, Sie in Ihrer Funktion als Bundestagsabgeordnete, Mitglied des Gesundheitsausschusses und insbesondere Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf diese Gefahr mit aller Dringlichkeit aufmerksam zu machen. Wenn die Politik jetzt nicht gegensteuert, so werden wir künftig von mehr als 1,9 Millionen Menschen sprechen müssen. Menschen die in Abhängigkeit geraten sind. Menschen die Hilfe brauchen. Können Sie das verantworten? Wir nicht!
Dieses Thema ist äußerst wichtig! Das haben die Apothekerinnen und Apotheker in Ihrem Wahlkreis mit den beiliegenden Unterschriften klar ausgedrückt. Sie fordern eine verantwortungsvollere Gesundheitspolitik. Sicherlich werden wir dazu auch die gezielte Diskussion in der Öffentlichkeit suchen. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich daran beteiligen würden und sehen Ihrer Reaktion entgegen."
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