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Arzneimittel und Therapie
Eingestreut: Zucker und Zimt
Es ist eigentlich keine Frage: Präparate, die mit der Intention, Krankheiten zu heilen, zu lindern oder zu verhüten in den Handel gebracht werden, sind zulassungspflichtige Arzneimittel. Doch tauchen immer wieder Abgrenzungsprobleme zu diätetischen Lebensmitteln auf. Aktuelles Beispiel: Zimt-haltige Präparate, die im Rahmen von Diabetes mellitus zur Beeinflussung des Blutzuckerspiegels eingesetzt werden.
Nach Auffassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Instituts für Risikobewertung (BfR) sind solche Präparate ganz klar als Arzneimittel einzustufen und müssen entsprechend zugelassen werden. Als diätetische Lebensmittel sind sie nicht verkehrsfähig. Damit geben die beiden Bundesinstitute eine Bewertung ab, die rechtliche Umsetzung obliegt jedoch den Behörden der Bundesländer, in denen der pharmazeutische Unternehmer oder Inverkehrbringer seinen Sitz hat. Die Landesbehörden können der Einschätzung folgen und entsprechende Maßnahmen einleiten, wovon auszugehen ist.
So hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zimthaltige Präparate gutachterlich bewerten lassen und ist zu dem Schluss gekommen, dass diejenigen, die einen Hinweis zur Blutzuckersenkung haben, ohne Zulassung nicht verkehrsfähig sind. Das Gutachten mit den als Arzneimittel einzustufenden Produkten wurde an die für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Bezirksbehörden weitergeleitet, mit der Bitte, unverzüglich tätig zu werden. Auch in anderen Bundesländern sind Überwachungsbehörden auf den Plan gerufen worden und teilweise schon eingeschritten. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine Nachfrage bei der zuständigen Behörde.
Die betroffenen Hersteller haben nun die Möglichkeit, entsprechend der Verfügung der Behörde das Präparat ganz vom Markt zu nehmen, den mühsamen Weg der Arzneimittelzulassung zu beschreiten oder Rechtsmittel einzulegen. Dass der Rechtsweg durchaus erfolgversprechend sein kann, zeigt das am 6. Dezember 2006 vom Landgericht Bielefeld gefällte Urteil in Sachen Diabetruw®, das in diesem Präparat weiterhin ein verkehrsfähiges diätetisches Lebensmittel sieht. Dagegen hatte das Landgericht Hannover schon im Juli 2006 dem Hersteller des Zimtextrakt-Präparates Nobilin® Gluco Zimt untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Mittel als diätetisches Lebensmittel zur besonderen Ernährung bei Diabetes mellitus im Rahmen eines Diätplans zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen. Dieses Urteil befindet sich zurzeit in Berufung beim Oberlandesgericht Celle, das Präparat wird weiterhin als diätetisches Lebensmittel vertrieben. In beiden Fällen hatten Wettbewerbsverbände geklagt. Weitere Verfahren, auch unter Beteiligung der zuständigen Überwachungsbehörden, sind anhängig, so ein Verfahren beim Verwaltungsgericht Minden. Solange keine rechtskräftigen Urteile ergangen sind, dürfen die betroffenen Präparate weiterhin abgegeben werden.
Dieser Streit hat zunächst einmal nichts mit der Diskussion um den Cumaringehalt in Zimt und Zimtprodukten zu tun. Sowohl Diabetruw® als auch Nobilin® Gluco Zimt enthalten wässrige Zimtextrakte, in denen der Cumaringehalt so gering ist, dass eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen ist. Doch es gibt andere zimthaltige diätetische Lebensmittel, die Pulver des Cassia-Zimts und damit hohe Cumarinkonzentrationen beinhalten. Folgt man der Argumentation des Bundesinstituts für Risikobewertung, dann müssten entsprechende Präparate, bei denen die Gefahr besteht, dass die tolerierbare Tagesdosis und damit der TDI-Wert von 0,1 mg/kg Körpergewicht überschritten wird, unverzüglich vom Markt genommen werden. Da sich diese Präparate alle als diätetische Lebensmittel auf dem Markt tummeln, sind die Lebensmittelüberwachungsbehörden gefordert. Gleiches gilt für Cassia-Zimt-haltige Lebensmittel.
Doch auch hier regt sich Widerstand, der allerdings nicht zwingend mit seriösen Argumenten überzeugt. So wird über eine Agentur mit dem wohlklingenden Namen "Zentrum für Ernährungskommunikation und Gesundheitspublizistik" verbreitet, dass die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA dem Cassia-Zimt den GRAS-Status (GRAS steht für generally recognized as safe) zuerkennt und ihn damit als sicher einstuft. Verwiesen wird auf eine FDA-Liste von Ölen und natürlichen Extrakten aus dem Jahre 1998. Eine Aussage zum Cumaringehalt in Zimtstangen und damit zur Unbedenklichkeit von Pulver und Pulverpräparaten sucht der interessierte Leser vergebens.
Was ist nun das Fazit? Auch im neuen Jahr wird so schnell nicht klar sein, ob zimthaltige Präparate, die wegen ihrer Blutzucker-senkenden Eigenschaften den Diabetikern ans Herz gelegt werden, nun weiterhin als diätetische Lebensmittel firmieren dürfen. Möglicherweise wird das eine oder andere Cassia-Zimtpulverpräparat aus den Regalen verschwinden. Die Diskussion um Zimtplätzchen, Lebkuchen und Milchreis mit Zucker und Zimt hat dagegen das Potenzial, ganz schnell in Vergessenheit zu geraten. Sollte sie jedoch zur nächsten Weihnachtszeit wieder aufflammen, dann gibt es ja immer noch den unbedenklichen Ceylon-Zimt aus der Apotheke, so dass wir auch dann die guten Zimtsterne und Lebkuchen weiterhin unbeschwert genießen können.
Doris Uhl
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