Wann sich eine Filiale lohnt

Welche Voraussetzungen müssen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeben sein, damit sich die Übernahme einer zusätzlichen Apotheke lohnt?
Eine Filialisierung sollte man nur wagen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen

Die Apothekenlandschaft kommt immer mehr in Bewegung. Ob mit DocMorris, einem Versandhandel bzw. einer Filiale in Saarbrücken, die zunächst geschlossen, dann wieder geöffnet wurde, oder mit der Harmonisierung des EU-Rechts sowie der anstehenden Gesundheitsreform stehen die Apotheken vor großen Herausforderungen. Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob eine Filialisierung eine mögliche Antwort auf die oben dargestellten Fragestellungen sein kann.

Synergien im Personalbereich sind vor allem in Form von Urlaubsvertretung und Krankheitsvertretung möglich. Diese lassen sich am Besten realisieren, wenn sich die Apotheken in der gleichen Region respektive im gleichen Marktgebiet befinden.

Darüber hinaus sind Vorteile in einem zentralen Einkauf, Organisation, EDV und der Planung und Konzeption von Marktaktivitäten zu sehen. Sowohl das Know-how als auch die Ressourcen selbst müssen nur noch an einer Stelle vorgehalten werden. Die dadurch freiwerdende Managementkapazität kann für mehr Verkauf genutzt werden.

Einkauf Eine alte Weisheit lautet, dass der Gewinn im Einkauf liegt. Bei einer Filialisierung würde man dies aufgrund der höheren Bestellmengen auch erwarten. Doch gerade hier hat das AVWG Veränderungen gebracht. Durch die strikten Regelungen im Rabattbereich hat sich die Einkaufssituation der Apotheken stark verändert. Die neue Gesetzgebung verbietet Naturalrabatte und begrenzt im verschreibungspflichtigen Bereich Barrabatte auf die Großhandelsmarge. Wenn man davon ausgeht, dass eine durchschnittliche Apotheke ca. 60% ihres Umsatzes mit Rx-Präparaten, 30% mit apothekenpflichtigen und 10% mit freiverkäuflichen Produkten erzielt, dann ist der Filialisierungseffekt niedrig, da bei den Rx-Präparaten, wenn überhaupt, nur ein kleiner Vorteil über die zusätzlichen Mengen entsteht. Größere Effekte entstehen nur bei 40% des Einkaufvolumens. Wenn es einer Apotheke gelingt diesen Teil des Sortimentes insbesondere für freiverkäufliche Produkte gezielt auszubauen, dann wären die Einkaufsvorteile deutlich spürbar.

Vertrieb/Marketing Aufgrund der geringen Einkaufsvorteile bei den Rx-Produkten müsste der Hauptfokus der Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf den apothekenpflichtigen respektive den freiverkäuflichen Produkten liegen. Prinzipiell würden hier Produkte aus den Bereichen Wellness, Ernährung, Sport und Kosmetik das klassische Sortiment sehr gut abrunden. Vor dem Hintergrund einer Filialisierung macht es Sinn, eine Apotheke im gleichen Marktgebiet zu übernehmen, da mit gleichem Werbeaufwand in Printmedien für zwei Apotheken eine höhere Erreichbarkeit der Kunden besteht.

Für den Vertriebsweg Online-Shop muss nur eine Plattform und eine Versandstelle vorgehalten werden. Das Gleiche gilt für die elektronische Kundendatei.

Die Nutzung der Synergieeffekte im Bereich Vertrieb/Marketing setzt ein schlüssiges Konzept voraus, das sich dann in einem monatlichen Aktivitätenplan widerspiegelt. Damit ist gemeint, dass zu bestimmten Jahreszeiten die Artikel aus den Sortimenten Wellness, Ernährung, Sport und Kosmetik beworben und aktiv verkauft werden.

Ein weiter wichtiger Gesichtspunkt ist natürlich, dass in der bestehenden als auch in der zukünftigen Apotheke genügend Raum vorhanden ist, diese Artikel auch entsprechend präsentieren zu können.

Finanzen/Rechnungswesen Bei den Finanzen sind die nutzbaren Synergien eher gering einzustufen. Vorteile hingegen sind im Rechnungswesen zu sehen. Die Kosten für die Buchhaltung inkl. Löhne und Jahresabschlusskosten lassen sich deutlich reduzieren.

Steuern Nach deutschem Recht dürfen Apotheken nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werden. Die europäische Niederlassungsfreiheit steht dem deutschen Fremd- und Mehrbesitzverbot nichtsdestotrotz entgegen. Welches Recht hat nun Vorrang? Angesichts der beschränkten Haftung, der relativ einfachen Aufnahme weiterer Gesellschafter (Partner), der einfachen Gestaltung der Unternehmensnachfolge sowie der Abzugsfähigkeit des Unternehmerlohns und seiner Altersvorsorgebeiträge als Betriebsausgaben bietet die GmbH Vorteile gegenüber einem Einzelunternehmen. Für das Einzelunternehmen sprechen dagegen eine schnelle und einfache Gründung, mehr Möglichkeiten der steuerlichen Verlustverrechnung sowie ein Freibetrag und ein Staffelsatz bei Berechnung der Gewerbesteuer.

Fazit

Die Frage, ob Apotheken eine Filialisierung zu raten ist, sollte nicht pauschal beantwortet werden. Zu sehr hängen die Auswirkungen durch die Übernahme einer zusätzlichen Filiale von der individuellen Situation einer Apotheke ab. Dennoch lassen sich gewisse Aussagen machen. Eine erfolgreiche Filialisierung würde sich dann ergeben, wenn sich die zu übernehmende Apotheke im gleichen Marktgebiet befindet und die Marktbearbeitung mit einem deutlichen Fokus auf den apothekenpflichtigen und den freiverkäuflichen Produkten liegt. Die Synergien bei diesen Produkten liegen im Einkauf und in der Marktbearbeitung (Werbungskosten) sowie in der Senkung der Personalkosten durch bessere Urlaubs- und Krankheitsvertretungen und Ausnutzung der freiwerdenden Managementkapazitäten. Sollten darüber hinaus die notwendigen Räumlichkeiten für die Ausweitung des Sortimentes gegeben sein, sollte die Prüfung des Kaufes einer weiteren Apotheke eine Pflicht sein..

Anschriften der Autoren: Artur Spraul und Markus Schäfer, Advico Unternehmensberatung AG, Tel. (07 11) 5 50 59 90-0, E-Mail info@advico-ag.de Michael Karle, Geschäftsführer der R.T.S. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/Steuer-

beratungsgesellschaft mbH., Tel. (07 11) 95 54-1 30, E-Mail mkarle@rts-d.net

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