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- AZ 30/2007
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Das Imperium schlägt zurück
"Wir werden uns jeden Euro Umsatz, den wir verlieren, zurückholen", drohte vor wenigen Tagen Celesio-Vorstandsmitglied Stefan Meister an. Damit räumte er wohl indirekt ein, dass Gehe seit der Übernahme von DocMorris durchaus bereits empfindliche Umsatzverluste durch abgewanderte Kolleginnen und Kollegen hat hinnehmen müssen. Im Gegenzug dazu steigen die Umsätze der Mitbewerber, wie sich aus Äußerungen anderer Großhandlungen schließen lässt. Die negativen Reaktionen der Gehe-Kunden dürften demnach nicht im "erwarteten Rahmen" geblieben sein, wie anfangs Gehe-Chef Blümel noch hoffte. Jetzt wird es offensichtlich: So nach und nach kehren ehemalige Gehe-Kunden diesem Unternehmen aus Protest den Rücken und wandern ab. Sie fühlen sich verraten und verkauft und stufen Gehe mittlerweile als Rivale ein. Teilnehmer an der Gehe-"Kooperation" Commitment sehen den parallelen Aufbau der DocMorris-Partnerapotheken als deutlichen Widerspruch zu ihren Intentionen. Es gehen Gerüchte, dass Gehe-Mitarbeiter potenzielle Abwanderer mit deftigen Rabatten halten wollen, ihnen mit einer DocMorris-Ansiedlung drohen oder wie jüngst vernommen, sogar vierstellige Summen anbieten, wenn sie bei Gehe bleiben.
Doch die jetzige Durchsuchung des Kartellamts bei den Apothekerverbänden – die für Gehe "nicht überraschend" kam – wird Gehe/Celesio sicher keine Freunde unter den Apothekern machen. Spätestens jetzt dürfte so manchem Kollegen deutlich werden, welche Strippen ein solcher Konzern zieht, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt, wenn seine Kunden nicht so mitspielen, wie er will, und er seine Pläne beim Aufbau einer Apothekenkette durch vermeintliche Boykottaufrufe durchkreuzt glaubt. Was hier abläuft, sieht ganz nach gezielter Einschüchterung aus. Hier wird Macht demonstriert.
Ich bin überzeugt, die Vorwürfe des Kartellamts, die Apothekerverbände hätten zum Boykott von Gehe aufgerufen, sind nicht haltbar und werden sich nicht bestätigen lassen. In einer solchen Lage weiß jeder Verband, dass er sich tunlichst in seinen Formulierungen zurückhält. Die Aktion zeigt aber auch, dass wir in Deutschland ein fantastisches Apothekensystem haben, in dem jeder einzelne Apotheker das tun kann, was er für richtig hält – egal, was ihm ein Apothekerverband oder eine Großhandlung sagt oder empfiehlt. In einem System mit Apothekenketten dagegen müssten die Kettenglieder den Weisungen der Direktion folgen, ob es dem Einzelnen passt oder nicht. Seien wir froh, dass wir frei sind, dem grünen Kreuz zu folgen oder eben nicht.
Peter Ditzel
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