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- AZ 35/2007
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DAX: Cool bleiben!
Es ist ja schon erstaunlich: Da vergeben Banker großzügig Hypothekenkredite an Leute mit niedriger Bonität und reden ihnen dabei noch ein, dass man mit Immobilien ja praktisch nur gewinnen könne. Dabei machten es die US-Banken ihren Kunden auch verführerisch einfach: Oftmals null Anzahlung für das Eigenheim und das Darlehen zum variablen Zinssatz, der zudem vor zwei Jahren auch noch lächerlich gering war. Hunderttausende griffen zu, der US-Immobilienmarkt boomte mit zweistelligen Zuwachsraten pro Jahr. Andere belasteten ihre vorhandene Immobilie, um mit dem Kredit Autos und Luxusgüter zu finanzieren. Dann drehte die US-Notenbank an der Zinsschraube. 17 Mal in Folge stiegen die Zinssätze um je 0,25 Prozentpunkte. Das Hypothekengeschäft brach ein, für viele wurde ihre monatliche Hypothek unerschwinglich. Unter den Subprime-Krediten beträgt die Ausfallrate ca. 20%. Aber bis zu diesem Punkt handelte es sich um ein überschaubares Problem. Der Hund lag anderorts begraben.
Die US-Banken gaben spezielle Anleihen heraus, bei denen als Sicherheit die Hypotheken der Subprime-Kunden hinterlegt wurden. Durch den Verkauf dieser frei handelbaren Wertpapiere finanzieren sich diese Institute und schieben dabei das Risiko der Subprimes an den Käufer der Anleihe weiter. So fanden die Papiere alsbald ihren Weg in die Portfolios verschiedener Banken und Investmentfonds. Die Verzinsung bestand dabei aus den Hypothekenzinsen der Immobilienkäufer – eben schlechter Bonität. Es versteht sich von selbst, dass es sich dabei durchweg um hochverzinsliche Anleihen handelte. Und obwohl die eiserne Regel lautet: hohe Verzinsung korrespondiert immer mit hohem Risiko, glaubten die Banken tatsächlich, ihre traumhaften Renditen ganz ohne Wagnis einstreichen zu können. Unter den Anleihenkäufern fanden sich nun auch feine Adressen aus ganz Europa: Unter anderem verschiedene Fonds der BNP Paribas, die Société Generale, die WestLB und vor allem die Industriekreditbank (IKB).
Die Banken, die sich für gewöhnlich untereinander Geld leihen, trauten sich nun gegenseitig nicht mehr über den Weg. Sie zapften lieber die EZB an. Diese schoss in einer Blitzaktion 156 Milliarden in den Markt, um die Gemüter zu beruhigen. Schließlich kam sogar die US-Notenbank zur Hilfe und setzte ihren Diskontsatz (aber nicht ihren Leitzins) herunter. Das dürfte die Märkte allerdings nur kurzfristig beruhigt haben. Da wird noch die eine oder andere schlechte Nachricht auf den Markt kommen, zur weltweiten Katastrophe wird diese Krise jedoch nicht führen. Die Jubelschreie beim Sturm auf das all-time-high beim DAX (erinnern wir uns: Noch am 13. Juli hat man am Frankfurter Parkett gediegen mit einem Glas Sekt auf den Durchbruch angestoßen und sich betont optimistisch gegeben) sind genauso wenig aussagekräftig wie die jetzige Weltuntergangsstimmung der Pessimisten. Börsenaltmeister Kostolany hätte es so ausgedrückt: "Die ganze Börse hängt davon ab, ob es mehr Aktien als Idioten gibt – oder umgekehrt."
Naive Banken
Jede Phase, ob Hausse oder Baisse, wird begleitet von lautem Geschrei. Erinnern Sie sich noch an die Orange County-Krise von 1994, als eine ganze US-Gemeinde in Kalifornien nach hochspekulativen Spielchen mit Derivaten für bankrott erklärt wurde? Was ist davon geblieben? Eine kleine Delle im Kursaufschwung. Sicher zieht auch der Handel mit den Subprimes weite Kreise. Dennoch muss man die Kirche im Dorf lassen: Die Großbanken nehmen solche Hochverzinslichen als Risikobeimischung ins Depot auf. Geht es gut, hellt es ihre Performance ein wenig auf. Geht es schief, ist der Schaden von vorneherein begrenzt. Die Frage ist doch hier eine ganz andere: Wie kamen denn die Rating-Agenturen überhaupt dazu, den Handel mit Hypotheken von Schuldnern mit schlechter Bonität mit der höchsten Qualitätsstufe "AAA" (und damit vergleichbar mit dem Rating der Bundesrepublik als Schuldner) zu versehen? Die Großbanken haben sich blindlings auf diese Einstufung verlassen und sie nicht im Mindesten hinterfragt. Weitere Frage also: Wie viel Naivität gilt als für Großbanken gerade noch zulässig?
Und schon zeichnet sich das nächste Thema ab, das die Profis im Kollektiv depressiv werden lässt: Der starke Yen gegenüber dem Dollar. Seit Monaten haben wir an dieser Stelle davor gewarnt, jetzt ist es eingetreten: Der Dollar ist von 124 Yen auf 113 Yen abgestürzt. Solche Abstürze sind aber nicht neu. Und immer wieder finden sich auf ermäßigtem Niveau Spekulanten, die aufs Neue in den Markt gehen und sich sogar Währungsgewinne versprechen. Das dürfte spätestens bei 110 Yen der Fall sein.
Als Fazit kann man daher nur festhalten: Die derzeitige Stimmung wird gemacht, um noch mehr Anleger in die falsche Richtung zu schicken. Aber die Börse wird getrieben von der Gier nach Geld und günstigere Kurse laden da zum Wiedereinstieg ein. Erste Stabilisierungsversuche sind heute schon auszumachen.
Der Ausblick
Wie an dieser Stelle schon ausgeführt wurde, sollte man nachgebende Kurse als Chance zum Einstieg verstehen. Allerdings dürfte der derzeitige Erholungsversuch bei ca. 7600 bis 7700 Punkten auf Sand laufen. Es ist völlig normal, dass die Pessimisten nochmals ausholen werden. Der Boden bei 7200 Punkten scheint aber tragfähig zu sein. Nach dem neuerlichen Kursrückgang dürfte die Konsolidierung abgeschlossen sein. Die Tendenz ist dann aufwärts gerichtet, wenngleich die Dynamik vergangener Tage vermutlich nicht mehr zu sehen sein wird. Die Devise sollte lauten: Nach wie vor boomende Weltwirtschaft mit einem Quäntchen Zinsphantasie beflügelt die Unternehmensgewinne, wobei die Ölpreise wieder relativ erträglich sind. DAX am 22. August: 7500 Punkte..
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