- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 38/2007
- Die Weiterempfehlung ...
Die Weiterempfehlung herausfordern
In der heißen Phase des Verkaufsgesprächs befindet sich der Apotheker in einer emotional prekären Situation: Er hat für die Präsentation einiger hochwertiger Produkte aus dem Sicht- und Freiwahlbereich sein ganzes verkäuferisches Können mobilisiert. Er weiß: Ohne diese Verkaufsorientierung geht es in einer Apotheke, die sich vom bloßen Rezeptverkauf zum serviceorientierten Dienstleistungsunternehmen entwickeln will, einfach nicht mehr. Das liegt nicht jedem Apotheker, das muss so mancher erst erlernen. Umso (an)gespannter ist er, ob er den Kunden überzeugen konnte.
Hat der Kunde dann gekauft, gerät der Apotheker ins andere Gefühlsextrem: Er freut sich über den positiven Ausgang des Gesprächs. Es ist wohl diese psychologisch schwierige Situation, die ihn häufig vergessen lässt, den Kunden wegen einer Weiterempfehlung anzusprechen.
Viele Apotheker glauben, einen Kunden, dem sie etwas verkauft haben, mit der Bitte um Weiterempfehlung vor allem zu nerven. Und darum lassen sie es lieber bleiben! Zudem fristet die Weiterempfehlung in den meisten Gesprächsleitfäden ein Stiefmütterchen-Dasein. Diese orientieren sich oft an dem 5-Phasen-Schema, das ein Kundengespräch in eine Aufmerksamkeits-, eine Analyse-, eine Angebots-, eine Argumentations- und eine Abschlussphase gliedert. Die so wichtige sechste Phase der Weiterempfehlung bleibt unberücksichtigt.
Das gesamte Apothekenteam sollte sich in einem regelmäßig stattfindenden Meeting für die Bedeutung der Weiterempfehlung sensibilisieren. Deren Notwendigkeit liegt auf der Hand: Kundenzufriedenheit ist die beste Werbung, die zudem nichts kostet. Ein Kunde, der sich als "Werbechef" im Verwandten- und Bekanntenkreis und am Arbeitsplatz positiv über die Apotheke, die Dienstleistungen und Produkte sowie das freundliche und serviceorientierte Team äußert, spricht aus voller Überzeugung und wirkt glaubwürdig. Und einem Bekannten, der sich positiv oder gar begeistert über die Kundenorientierung einer Apotheke äußert, schenken wir mehr Glauben als noch so professionell gestalteten Werbeprospekten.
Der Apotheker und seine Mitarbeiterinnen können einiges tun, damit die Weiterempfehlung zum festen Bestandteil ihres Gesprächsleitfadens wird. So darf der Verkauf nicht den Schlussstein des Gesprächs bilden. Hauptziel des Teams muss vielmehr der Aufbau einer langfristig wirksamen Kundenbeziehung sein, die die aktive Weiterempfehlung einschließt. "Wem man vertraut, den empfiehlt man guten Gewissens weiter" – und darum wendet das Team die Methoden des Beziehungsmanagements an, betrachtet den Kunden als Partner, dem es Achtung und Respekt zollt und mit Hilfe eines Angebotes einen höchstmöglichen Nutzen oder eine Problemlösung bietet.
Nachdem der Verkauf zur Zufriedenheit des Kunden erfolgt ist, schätzt er es in aller Regel, wenn sich – zum Beispiel – der Apotheker noch eine Zeit lang intensiv um ihn kümmert. Denn jetzt hätte er es aus seiner Sicht ja eigentlich nicht mehr nötig! Dieser aber geht folgendermaßen vor: Er gratuliert dem Kunden zum Kauf, dankt ihm für sein Vertrauen – und bringt die Möglichkeit einer Weiterempfehlung ins Gespräch.
Muss er ein schlechtes Gewissen haben, weil er die Euphorie eines zufriedenen Kunden nach dem Kauf "ausnutzt"? Nicht solange er mit dem Kunden fair und kundenorientiert umgeht und verdeutlicht, dass dieser der Bitte um Weiterempfehlung natürlich auch nicht nachkommen kann.
Der Weiterempfehlungssatz
Große Bedeutung bei der Weiterempfehlung kommt der konkreten Formulierung zu, also dem Satz oder den Sätzen, mit denen der Apotheker die Weiterempfehlung ins Spiel bringt. Es lohnt sich daher, sich vorab einige griffige Formulierungen zu überlegen – am besten im Team und bezogen auf verschiedene Kundentypen. Denn während der beziehungsorientierte Kunde eine flapsigere Formulierung verträgt, etwa: "Vielleicht können Sie mir mit einer Empfehlung helfen, meinen Gewinn zu steigern", muss der Apotheker dem sachlichen Kunden gegenüber Argumente ins Feld führen: "Wenn Ihnen das Produkt nutzt, dann vielleicht auch jemandem in Ihrem Freundeskreis?"
Also: Ein paar pfiffige Sätze bieten dem Apotheker ein Gerüst, das er dann im konkreten Einzelfall auf den individuellen Kunden anpassen muss.
Auch Nichtabschluss bietet Chancen
Der Kundenkontakt, der ohne Abschluss bleibt, bietet ebenfalls die Chance zur Weiterempfehlung – nämlich dann, wenn der Apotheker den Kunden trotz der Enttäuschung auch weiterhin intensiv betreut und durch eine freundliche Verabschiedung dafür sorgt, dass dieser das Gespräch in guter Erinnerung behält. Wichtig ist: Der Kunde sollte den Eindruck gewinnen, der Apotheker habe ihm nicht "um jeden Preis etwas verkaufen wollen". Darum lohnt es sich, dem Kunden einen kleinen Zusatznutzen zu bieten und ihm zum Beispiel eine gute Internetseite zu empfehlen, auf der er Tipps zur Gesundheitsprophylaxe findet.
Zudem sollte der Apotheker jede Gelegenheit nutzen, es dem Kunden so leicht wie möglich zu machen, Weiterempfehlungen auszusprechen. So sendet er zum Beispiel einen Brief an den Kunden – etwa ein Dankesschreiben nach dem Kauf eines hochwertigen Produkts. Dem Brief legt er einige Visitenkarten bei – mit der Anmerkung im PS: "Anbei ein paar Visitenkarten, wenn Sie meine Dienste und unsere Apotheke weiterempfehlen möchten. Schon jetzt recht herzlichen Dank dafür!"
Passiv-Empfehlung und Referenz
Falls der Kunde keine Empfehlung aussprechen möchte, bleibt die Möglichkeit der passiven Weiterempfehlung: Der Apotheker bittet den Kunden um die Adressen von einigen Bekannten, die er mit der Erlaubnis des Kunden kontaktieren darf.
Eine weitere Option besteht darin, einen zufriedenen Kunden zu fragen, ob der Apotheker ihn als Referenzkunden nennen darf – zum Beispiel auf der Homepage der Apotheke: "Darf ich Sie auf unserer Seite als zufriedenen Kunden zitieren?" oder gar: "Sind Sie bereit, einen Referenzbrief zu schreiben?" – so die entsprechenden Fragen des Apothekers..
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.