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- AZ 38/2007
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Endlich: SSV bei Arzneimitteln
Es war eine Frage der Zeit, nun ist sie – endlich – zur Befriedigung der wettbewerbs-geilen Monopolkommission, vieler Politiker und Medien gekommen. Wir haben ihn, den SSV bei Arzneimitteln! Die Versandapotheke Zur Rose wirbt auf ihren Internetseiten mit dem Slogan "SSV bei Zur Rose". Arzneimittel werden hier angeboten wie T-Shirts, Sandalen und kurze Hosen. Alles muss raus. Preisersparnis bis zu 52 Prozent gegenüber UVP bei Ibuprofen. Oder der Super-Tiefpreis bei Grippostad C: "2 zum Preis von 1"– der nächste Winter kommt bestimmt. Das sind die September/Oktober-Angebote bei Zur Rose. Da heißt es zugreifen. Vielleicht bietet sich Zur Rose auch als Einkaufsquelle für Präsenzapotheken an? Die Konditionen bekommen Sie von Ihrem Großhandel nicht. Dazu gibt es Gratis-Geschenke, für die ersten 1000 Internetbesteller beispielsweise "ein digitales Fieberthermometer im Wert von 4,25 Euro".
Was hatten wir in Deutschland doch für ethische Vorstellungen von Arzneimitteln und ihrem Vertrieb, über Pharmakologie und Pharmakotherapie. Früher durfte eine Apotheke nicht einmal im Entferntesten den Eindruck eines Drogeriemarktes erwecken, geschweige denn, dass sie für Arzneimittel plakativ und unangemessen werben durfte. Vorbei. Der Unterschied zwischen Arzneimitteln, Gummibärchen und Brötchen ist nun endgültig aufgehoben. Und es hat den Anschein, es ist so von der Politik gewollt. Erinnern Sie sich noch, als es hieß: "Arzneimittel sind Waren der besonderen Art" – nicht im SSV bei Zur Rose.
Ein damit verwandtes Problem: der Versandhandel. Nur zögerlich reift auf europäischer Ebene das Bewusstsein, dass vor allem auch der Arzneiversand in Europa so seine Sicherheitslücken hat. So hat der Europarat als gesamteuropäische Organisation mit 47 Mitgliedstaaten eine Resolution herausgegeben, in der darauf hingewiesen wird, welchen Anforderungen ein sicherer Versandhandel mit Medikamenten genügen muss. Man stellte fest, dass der Versandhandel zwar zugelassen ist, aber bisher keine umfassend gültigen Qualitäts- und Sicherheitsstandards existierten. (In der Wirtschaft wäre das ein gravierender Managementfehler.) Das Bundesgesundheitsministerium hängt sich dran und warnt vor unseriösen Angeboten. Das reicht nicht, wir brauchen ein klares Versandverbot für Verschreibungspflichtiges. Oder will die Politik einen SSV der Arzneimittelsicherheit?
Peter Ditzel
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