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- AZ 40/2007
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Fehler, die teuer werden
Die Kandidatin ist im Vorstellungsgespräch selten ausgeglichen. Sorgen Sie daher für eine entspannte Gesprächsatmosphäre, um das wahre Persönlichkeitsbild von ihr zu erhalten. Häufig gibt es im Vorstellungsgespräch einen entscheidenden Fehler: Der Apotheker redet zu viel, die Bewerberin zu wenig. Entwickeln Sie sich also nicht zum Rede-Löwen, und sorgen Sie durch geschickte Fragen für ein ausgeglichenes Verhältnis der Redezeit. Es hat sich auch als falsch erwiesen, den ersten Eindruck, den Sie von ihr gewinnen zum Maßstab für Ihre Entscheidung zu machen.
Bei einer sorgfältigen Vorbereitung des Gesprächs werden keine wichtigen Fragen an die Bewerberin vergessen. Das Bewerbergespräch darf keinesfalls unter Zeitdruck stattfinden. Also selbst weniger reden, mehr Fragen stellen. Mit vorbereiteten Fragen steckt man den Rahmen des Interviews ab. Die Fragen dürfen aber nicht zum Kreuzverhör werden. Ein stures Abfragen wirkt wie ein Verhör und motiviert niemanden, mehr über sich zu erzählen als unbedingt nötig. Mehrere Fragen hintereinander schaffen die unangenehme Situation, in der sich die Bewerberin unwohl fühlt. Zwischen den Fragen muss auch mal eine Aussage sein. Übrigens: Die wichtigste von mehreren Fragen kommt stets an den Anfang des Gesprächs.
Zu vermeiden sind vor allem geschlossene Fragen im Einstellungsgespräch. Das sind solche, die mit einem Zeit- oder Hilfszeitwort beginnen. Beispiel: "Haben Sie Ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich gelöst?" Die Antwort ist vorprogrammiert. Auch bei dieser Frage ist die Antwort klar: "Sind Sie mit Ihren Kollegen immer zurechtgekommen?" Wer antwortet da mit "Nein"? Offene Fragen sind besser: "Warum haben Sie Ihr Arbeitsverhältnis gelöst?" Die Bewerberin wird eine ausführliche Antwort geben.
Das Auftreten der Bewerberin nicht überbewerten
Das Gespräch mit ihr ist nicht nur vom Inhalt her interessant, sondern auch von ihrem Auftreten. Mienen, Gesten und Gebärden sind oft einstudiert, dürfen bei der Beurteilung nicht so stark ins Gewicht fallen. Je länger man mit ihr spricht, desto besser kann man sie kennen lernen. Mit einem 10-Minuten-Gespräch ist es also nicht getan. Trainierte Bewerberinnen verstellen sich, sie wollen einen optimalen Eindruck hinterlassen, haben ein freundliches Lächeln und die sympathische Stimme einstudiert. Wer sich vom ersten Eindruck verleiten lässt, fällt zu früh sein Urteil über die Kandidatin. Der erste Eindruck muss außen vor bleiben.
Was Arbeitszeugnisse aussagen
Inzwischen weiß man, wie wenig Arbeitszeugnisse aussagen. Wer kennt sie nicht, die sogenannten Gefälligkeitszeugnisse? Nicht nur gesetzliche Vorschriften, auch Gefälligkeiten führen zu unklaren Formulierungen im Zeugnis. Bekanntlich wird die Wahrheit über das Leistungspotenzial des Bewerbers im Zeugnis verschleiert. Am besten ruft man den letzten Arbeitgeber an und macht sich dort schlau. Dabei erkennt man häufig an der Art der Aussage, was der Arbeitgeber meint. Hier heißt es, zwischen den Worten zu hören, was er von seinem früheren Mitarbeiter gehalten hat. Denn auch er wird sich nicht negativ über eine frühere Mitarbeiterin äußern.
Das Anforderungsprofil
Es soll die ausgeschriebene Stelle exakt formuliert werden. Denn damit weiß die Bewerberin, was auf sie zukommt, und kann selbst entscheiden, ob sie den Erwartungen entsprechen kann. Dieses Profil nennt die persönlichen und fachlichen Qualifikationen, die mit der zu besetzenden Position verbunden werden. Auch bei Beurteilungsgesprächen kann es immer wieder eine Hilfe sein. Schließlich kann die Bewerberin damit selbst ihre Über- oder Unterforderung feststellen. Ein schriftliches Anforderungsprofil (Schlagworte) vermeidet auch Missverständnisse, die im Vorstellungsgespräch leicht entstehen können.
Bewerberfragen vollständig beantworten
Was unangenehm ist, verheimlichen Stellenanbieter gerne. Wenn Überstunden häufiger anfallen als woanders, dann muss das angesprochen werden. Zu erwähnen sind Sondereinsätze, auch wenn sie nur selten vorkommen. Die Gefahr, die Bewerberin abzuschrecken, ist zwar gegeben, aber ist es nicht viel schlimmer, wenn falsche Erwartungen geweckt werden, und die Bewerberin schon in der Probezeit kündigt?
Es muss auch Negatives zur Sprache kommen. Wer aber eine bessere Position für die Zukunft in Aussicht stellt, muss es auch ernst meinen. Für neu eingestellte Mitarbeiterinnen ist es demotivierend, wenn Zusagen nicht eingehalten werden..
Rolf Leicher, Kommunikationstraining, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg, E-Mail: Rolf.Leicher@t-online.deDie Fragen ... ... und ihre Bedeutung"Welche Tätigkeit in Ihrer letzten Stellung hat Ihnen am besten gefallen?" Passt sie zu uns? Bieten wir ihr die Lieblingsbeschäftigung an?"Was macht Ihnen bei der Arbeit weniger Spaß?" Wie ist ihre Reaktion? Wo ihre "empfindliche Stelle"?"Wo sehen Sie Ihre eigenen Stärken?" Einsatzgebiet?"Warum wechseln Sie die Stelle?" Ist sie enttäuscht worden?"Was gefällt Ihnen an der angebotenen Tätigkeit besonders?" Will sie nur irgendeine oder nur diese Stelle?"Was erwarten Sie von uns?" Spielt Gehalt oder etwas anderes eine Rolle?
Da heißt es im Zeugnis ... ... und gemeint ist ..."Sie hat ihre Arbeiten ordnungsgemäß erledigt." "Sie war eine durchschnittliche Mitarbeiterin, die sich schnell überfordert fühlte.""Wegen ihrer Pünktlichkeit und Disziplin wurde sie überall geschätzt." "Sie ist zwar pünktlich, aber viel mehr steckt nicht in ihr.""Wir haben uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt." "Trotz ihrer Bemühungen hat sie es nicht sehr weit gebracht.""Sie hat sich voll eingesetzt." "Sie tut nur, was sie tun muss. Sie ist nicht bereit, mehr zu leisten.""Wir lernten sie als umgängliche Kollegin kennen." "Viele sahen sie lieber von hinten als von vorne.""Sie erledigte mit Fleiß und Umsicht die ihr übertragenen Aufgaben." "Besonders fleißig war sie nicht."
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