Närrisches Treiben

Närrisch ist’s – in den Hochburgen des Karnevals, bei Fastnachtssitzungen und Faschingsumzügen. Ein kunterbuntes Treiben scheint sich aber auch bei deutschen Land- und Oberlandesgerichten breit zu machen. Dieser Eindruck muss sich aufdrängen, wenn man die Beschlüsse und Urteile der Herren Richter verfolgt, die sie in Sachen DocMorris, Heilmittelwerbegesetz und Wettbewerbsrecht fällen. Auffällig widersprüchlich sind zwei Urteile, die in den letzten Wochen Bedeutung erlangten.

Das Oberlandesgericht Hamm hatte bereits im September 2004 entschieden, dass die holländische Versandapotheke DocMorris auf die hierzulande vorgeschriebenen Patientenzuzahlungen verzichten und Arzneimittel auch weiterhin günstiger verkaufen darf, als es die deutsche Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) vorschreibt (siehe DAZ Nr. 7, S. 20). Ein Apotheker hatte zwar dagegen Revision vor dem Bundesgerichtshof eingelegt, sie aber zurückgezogen mit der Folge, dass dieses Urteil nun Mitte Februar rechtskräftig geworden ist.

Einen vollkommen anderen Tenor weist ein (noch nicht rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Saarbrücken auf, das in diesen Tagen bekannt wurde (siehe Bericht in dieser AZ-Ausgabe auf Seite 8). Danach darf DocMorris die Ärzte nicht mehr auffordern, DocMorris-Patientenbroschüren in der Praxis auszulegen. Auch das Ankündigen von Patienten-Boni ist wettbewerbswidrig, entschieden die Richter und begründeten ihre Entscheidung damit, dass dadurch die AMpreisV umgangen werde, an die sich auch DocMorris halten müsse. Auch wenn die Arzneimittel zum vollen festgesetzten Preis abgegeben werden, so das Gericht sinngemäß, bewirkten die Boni, dass dieser Preis letztlich nicht zu zahlen ist.

Ein gutes Urteil für alle deutschen Apotheken, die sich an die AMpreisV halten müssen, die sinnlose Wettbewerbskämpfe mit Boni und Gutscheinen ablehnen und rechtswidrige Absprachen mit Ärzten nicht mitmachen.

Doch welche Konsequenzen lassen sich daraus ziehen? Was ist dieses an und für sich positive Urteil des Landgerichts Saarbrücken wert, wenn das Oberlandesgericht Hamm der Versandapotheke erlaubt, auf Patientenzuzahlungen zu verzichten und die Arzneimittelpreisverordnung zu ignorieren?

Zieht man in die Betrachtungen das Wild-Ost-Treiben der deutsch-tschechischen VfG-Versandapotheke mit ein, die Patienten mit 5 Euro-Gutscheinen ködert und damit quasi gegen die Preisverordnung verstößt, außerdem die vom Gericht abgesegneten 5-Euro-Gutschein-Aktionen der Zur Rose-Versandapotheke, dann ist das Tollhaus nicht mehr weit. Wie schön wäre ein endgültiger Richterspruch des Bundesgerichtshofs, der den Versand- und Wettbewerbsklamauk beendet!Peter Ditzel

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