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Wenn das Finanzamt auf die Festplatte schaut
Seit dem 1. Januar 2002 haben die Finanzämter das Recht, auch bei Apotheken betriebliche und steuerrelevante Daten elektronisch zu prüfen. Zunächst mussten aber rund 14.000 Außenprüfer im Umgang mit der Prüfsoftware IDEA geschult werden. Zeitgleich musste die Hardware der Prüfer hochgerüstet werden. Dadurch blieben die Steuerpflichtigen bis ins Jahr 2004 von digitalen Prüfungen weitgehend verschont – dies ist nun vorbei.
Bei solchen Prüfungen können die Beamten verlangen, alle "steuerlich relevanten Daten" aus den vergangenen zehn Jahren einzusehen. Das regeln die "Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen" (GDPdU). Dabei gilt das Prinzip der digitalen Inventur. Das bedeutet: Alle Daten, die originär digital erzeugt worden sind, müssen auch digital vorgehalten werden. Die Oberfinanzdirektionen haben eine klare Haltung: Es ist Aufgabe des Pharmazeuten, die betreffenden Daten zu strukturieren, sie zu archivieren und bei Prüfungen jederzeit parat zu haben. Wer sich gründlicher informieren will, kann auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums sowohl das GDPdU-Dokument als auch einen Katalog von Fragen und Antworten zum Thema lesen (www.bundesfinanzministerium.de – dabei sollte der Suchbegriff "GDPdU" eingegeben werden).
Steuerlich relevant – was heißt das?
Aber welche Daten gelten als "steuerlich relevant"? Das ist bisher nicht abschließend geregelt, vielmehr heißt es vielsagend: Steuerrelevant sind alle Daten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Eine Liste gibt es nicht, deshalb wird dieser Begriff wohl erst im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung konkretisiert werden. Schon jetzt sind die Pharmazeuten aufgefordert, u. a. Buchungsbelege, empfangene und versendete Geschäftsbriefe und sonstige Rechnungsunterlagen aufzuheben. Darüber hinaus aber müssen sie alle Daten nachweisen, die für die Besteuerung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sind.
Den Datenschutz beachten!
Gibt der Pharmazeut Kundendaten preis, macht er sich strafbar.
In diesem Zusammenhang sollte beachtet werden, dass es kein Verwertungsverbot für die Prüfer gibt. Die Beamten können also sämtliche Daten nutzen, die sie von den Apotheken erhalten – auch wenn sie bestimmte Daten nicht explizit angefragt und nur versehentlich erhalten haben. Der Gesetzgeber hat den Prüfrahmen sehr weit gefasst.
Daher sollten die Pharmazeuten darauf achten, den Finanzbehörden nur diejenigen Daten zur Verfügung zu stellen, die tatsächlich verlangt werden. Auch aus datenschutzrechtlichen Gründen darf die Apotheke den Prüfern nicht einfach eine Kopie sämtlicher Daten der Warenwirtschaft zur Verfügung stellen. Denn zu diesen Daten würden auch Patienten-Angaben gehören, die dem Bundesdatenschutzgesetz unterliegen. Selbstverständlich ist der Apotheker zur Datensicherheit und zur Verschwiegenheit verpflichtet; so darf z. B. nicht bekannt werden, wer aus welchen Gründen wie oft welches Medikament einnimmt. Die kompletten gesicherten Daten darf der Prüfer also nicht erhalten – das macht die Sache kompliziert.
Wie darf der Steuerprüfer zugreifen?
Die Pharmazeuten müssen den Prüfern alle drei Zugriffsarten ermöglichen, Der Steuerpflichtige darf den Prüfer grundsätzlich bei der Wahl der Zugriffsart nicht einschränken: Der Prüfer kann entweder unmittelbar in der Apotheke auf das System zugreifen, oder mittelbar – dann bittet er das Apothekenpersonal, ihm die gewünschten Daten aus dem System zu selektieren. Oder aber die Apotheke überlässt ihm die zu prüfenden Daten in Form einer gebrannten CD-Rom, wobei es auch hier Vorgaben für Datenformate und Speichermedien gibt.
Erfüllt ein Betrieb die Anforderungen der "GDPdU" nicht und sind die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Apotheke atypisch, kann die Finanzbehörde Gewinn hinzuschätzen, was natürlich zu Steuernachzahlungen führt.
Aufbewahrungsfristen für Daten
Mit dem Inkrafttreten dieser Regelung vor fünf Jahren hätten sich die deutschen Pharmazeuten und letztlich alle Steuerpflichtigen, die digital geprüft werden könnten, aus Sicht der Finanzbehörden schon Gedanken über die langfristige Archivierung ihrer "steuerlich relevanten" Daten machen müssen. Viele haben dies versäumt. Zwar prüfen die Beamten üblicherweise nur die Daten der vergangenen drei bis vier Jahre. Aber die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen sehen zehn Jahre vor. Auch darf bei einem EDV-Systemwechsel nur dann von der Aufbewahrung bislang verwendeter Hard- und Software abgesehen werden, wenn die maschinelle Auswertbarkeit der Daten durch das neue System oder ein anderes System gewährleistet ist.
Software-Angebote versprechen Lösungen
"Wir wussten zwar, dass die Regelung in Kraft ist, aber im Alltagsgeschäft haben wir das Thema verdrängt, weil wir – ganz ehrlich – auch nicht wussten, wie wir das Problem lösen sollten", sagt beispielsweise Martin Böck, Leiter der St. Georg-Apotheke in Biessenhofen: "Zum Glück hat unser EDV-Dienstleister eine leicht handhabbare Lösung entwickelt, die wir einsetzen. Damit sehen wir Betriebsprüfungen jetzt gelassener entgegen."
Gegenwärtig gibt es im Markt zwei Programme, die den Pharmazeuten den zielgerichteten Datenexport aus der Warenwirtschaft und die Archivierung erleichtern, nämlich von Pharmatechnik und von Asys. Je nach technischer Ausstattung können sich die Apothekerinnen und Apotheker die Daten mit den Programmen entweder selbst auf eine CD-Rom brennen oder sich diese Arbeit von ihrem Softwarehaus abnehmen lassen. Zusätzlich können im Fall einer Prüfung die erforderlichen Daten auch nach den konkreten Vorgaben der Finanzbehörden selektiert werden.
Das ist gerade jetzt wichtig, denn seit dem 1. Januar 2007 ist mit einem weiter steigenden Prüfaufkommen zu rechnen, da die Finanzbehörden ab diesem Zeitpunkt ein weiteres Prüfungswerkzeug einsetzen werden. Dieses neue Instrument soll digitale Außenprüfungen gerade für diejenigen Prüfer vereinfachen und beschleunigen, die bisher lediglich Belegprüfungen vorgenommen haben..
Wolfram Weisse, Starnberg
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