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- DAZ 12/2007
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Arzneimittel und Therapie
Ginkgo-Spezialextrakt
Bei Gesunden die geistige Leistungsfähigkeit steigern
Die Aufklärung der Wirkungen und Wirkungsmechanismen von Extrakten aus Ginkgo biloba beschäftigt die Forschung schon seit mehreren Jahren. Aktuelle klinische Studien zeigen, dass der Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® (Tebonin®) über das zugelassene Indikationsgebiet Demenz hinaus auch bei hirnorganisch Gesunden zu einer Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit beitragen kann.
Der Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® ist in Deutschland derzeit zugelassen zur symptomatischen Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen bei demenziellen Syndromen (primär degenerative Demenz, vaskuläre Demenz und Mischformen) mit den Leitsymptomen Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmung, Schwindel, Ohrensausen und Kopfschmerzen. Die Anwendung sollte im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes erfolgen.
Der Ginkgo-Spezialextrakt entfaltet seine Wirkung wahrscheinlich hauptsächlich
- über eine Stabilisierung der Mitochondrien im Gehirn,
- durch Wirkung auf verschiedene Neurotransmittersysteme und
- über eine Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes.
Forschergruppen aus den USA, Frankreich und Deutschland konnten darüber hinaus in den vergangenen Jahren zeigen, dass der nach einem patentierten Verfahren hergestellte Extrakt auch bei Menschen ohne definierte Hirnleistungsstörungen wirksam ist und zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit und emotionalen Belastbarkeit beitragen kann.
In eine deutsche Studie [1] wurden 104 gesunde, berufstätige Personen mit einem Mindestalter von 45 Jahren (Durchschnittsalter 52 Jahre) eingeschlossen, die mindestens 50% ihrer Arbeitszeit am Computerbildschirm verbrachten. Die Teilnehmer der Ginkgo-Gruppe (n = 56) erhielten über acht Wochen zweimal täglich 120 mg des Spezialextrakts EGb 761® • Jeweils vor und nach dem Untersuchungszeitraum absolvierten die Probanden zwei Computertests zur Messung der Daueraufmerksamkeit, der reaktiven Belastbarkeit und des räumlichen Sehens. Außerdem wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität, das Stressempfinden der Teilnehmer sowie das Auftreten unerwünschter Ereignisse dokumentiert.
Die Probanden, die den Ginkgo-Extrakt eingenommen hatten, konnten im Verlauf der Studie im Vergleich zur Kontroll-Gruppe sowohl ihre Daueraufmerksamkeit (p = 0,035) als auch ihre Stresstoleranz (p = 0,007) signifikant verbessern. Im Bereich Lebensqualität zeigte sich bei den weiblichen Probanden, die Ginkgo eingenommen hatten, eine höhere Vitalität als in der Kontroll-Gruppe (p = 0,04) . Bei der reaktiven Belastbarkeit sowie dem räumlichen Sehen konnten keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen nachgewiesen werden. Die Verträglichkeit des Ginkgo-Spezialextrakts wurde als gut bewertet, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten nicht auf.
Leistungsfähigkeit und Lebensqualität gestiegen
In einer weiteren deutschen, doppelblinden placebokontrollierten Untersuchung [2] wurde in einer vierwöchigen Anwendung der Effekt des Spezialextrakts auf die mentale Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität gesunder Personen untersucht. 66 Teilnehmer zwischen 50 und 65 Jahren ohne altersbedingte Einschränkungen der Kognition wurden auf die Einnahme von 240 mg des Extrakts (n = 34) oder Placebo (n = 32) randomisiert. Bei den Personen, die Ginkgo einnahmen, zeigten sich nach Auswertung zahlreicher Fragebögen und neurobiologischer Testverfahren unter anderem eine signifikant bessere mentale Gesundheit und eine höhere Lebensqualität. Ein Unterschied hinsichtlich des allgemeinen Gesundheitszustandes (nach Selbsteinschätzung) wurde nicht beobachtet.
In einer amerikanischen doppelblinden randomisierten placebokontrollierten Untersuchung [3] erhielten 262 mindestens 60 Jahre alte, kognitiv gesunde Probanden über sechs Wochen entweder den Ginkgo-Spezialextrakt (180 mg/d, n = 131) oder Placebo (n = 131). Zur Bestimmung der Effektivität wurden verschiedene kognitive Testverfahren und Fragebögen herangezogen. Es zeigte sich dabei, dass die Behandlung mit Ginkgo-Extrakt im Vergleich zu Placebo zu einer Verbesserung verschiedener Gedächtnisleistungen führte, so beispielsweise eine Steigerung um 22% beim Erinnern von Buchstaben und um 10% beim Wiedererkennen von Gesichtern.
Kommt Ginkgo im Gehirn an?
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist gegenwärtig die Fragestellung, ob die Ginkgo-Inhaltsstoffe auch tatsächlich ins Gehirn gelangen und damit am Wirkort zur Verfügung stehen können. Erste Untersuchungen [4] lassen vermuten, dass die aktiven Inhaltsstoffe des Spezialextrakts EGb 761® nach oraler Applikation nicht nur den systemischen Kreislauf erreichen, sondern auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Danach reichern sie sich wahrscheinlich in genau den Hirnregionen an, die von essenzieller Bedeutung für die Informationsverarbeitung, die Gedächtnisleistung, Lernvorgänge, die emotionale Kontrolle und die feinmotorische Muskelkoordination sind: im Hippocampus, im Striatum, im Frontal- und im Kleinhirn.
Quelle[1] Kaschel, R.; et al.: Einfluss von Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® auf die Leistungsfähigkeit bei gesunden Probanden am Bildschirmarbeitsplatz – offene klinische Studie im Prä-Post-Design mit Kontrollgruppe. J. Pharmakol. Ther. 16(3-9) , 1 (2007).
[2] Cieza, A.; et al.: Effects of Ginkgo biloba on mental functioning in healthy volunteers. Arch. Med. Res. 34(5) , 373-381 (2003).
[3] Mix, J. A.; Crews, W. D.: A: A double-blind, placebo-controlled, randomized trial of Ginkgo biloba extract EGb 761 in a sample of cognitively intact older adults: neuropsychological findings. Hum. Psychopharmacol. 17(6), 267-277 (2002).
[4] Prof. Dr. rer. pol. Axel Olaf Kern, Ravensburg-Weingarten; Prof. Dr. Henning Scheich, Magdeburg; Prof. Dr. rer. nat. Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt: Pressekonferenz "Wie das Gehirn mit Ginkgo besser arbeitet", Saalfelden, 2. Februar 2007, veranstaltet von der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Karlsruhe.
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
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