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- DAZ 18/2007
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Arzneimittel und Therapie
Diskussion um Coxibe
Keine Zulassung für Etoricoxib in den USA?
Das Coxib Etoricoxib ist in Deutschland als Arcoxia® zur Behandlung der Arthrose und der rheumatoiden Arthritis im Handel. Auch in den USA wird von der Firma Merck eine Zulassung angestrebt. Doch soeben hat sich ein Gutachtergremium der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA gegen die Zulassung von Etoricoxib ausgesprochen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die FDA der Empfehlung folgen und Etoricoxib die Zulassung verweigern wird.
Inzwischen ist erwiesen, dass selektive wie nicht-selektive Hemmstoffe der Cyclooxygenase 2 das kardiovaskuläre Risiko erhöhen können. Danach hat Diclofenac ein ähnlich hohes kardiovaskuläres Gefährdungspotenzial wie das vom Markt genommene Rofecoxib (Vioxx®) in einer hohen Dosierung von 25 mg/Tag. Auch Etoricoxib erhöht die kardiovaskuläre Komplikationsrate in ähnlichem Ausmaß wie Diclofenac. Das hat eine zusammenfassende Analyse von drei randomisierten und kontrollierten Vergleichsstudien zur kardiovaskulären Sicherheit von Etoricoxib und Diclofenac (MEDAL-Studien = Multinational Etoricoxib and Diclofenac Arthritis Long-term) ergeben. Ein FDA-Mitarbeiter warnt, dass Etoricoxib im Falle einer Zulassung jährlich zu 2300 Herzinfarkten, Schlaganfällen und Todesfällen pro einer Million Anwender führen würde. Zudem konnten die FDA-Gutachter nicht davon überzeugt werden, dass mit Etoricoxib eine therapeutische Lücke geschlossen wird.
Etoricoxib ist in Deutschland seit September 2004 für die Behandlung der Arthrose, der rheumatoiden Arthritis und der Gichtarthritis für Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren auf dem Markt. Außer in Deutschland ist es in über 60 weiteren Ländern zugelassen.
Wir haben Prof. Dr. med. Josef Zacher, den Ärztlichen Leiter der Helios-Kliniken in Berlin-Buch, um eine Bewertung der unterschiedlichen Einstufung in den USA und Deutschland gebeten und nachgefragt, ob er die Einschätzung der FDA-Experten nachvollziehen kann.
DAZHerr Professor Zacher, welchen Stellenwert hat Etoricoxib in Deutschland in der Rheumatherapie?
Zacher: In Deutschland stehen drei Coxibe für die Behandlung von Gelenkschmerzen zur Verfügung: Celecoxib, Etoricoxib und Lumiracoxib. Derzeit wird Etoricoxib am häufigsten von den drei Substanzen eingesetzt, mit stetig steigender Tendenz. Dennoch entspricht der Einsatz von Coxiben immer noch nicht den Anforderungen von Leitlinien, d. h. Patienten mit gastrointestinalen Risikofaktoren erhalten kein Coxib.
DAZKönnen Sie die Auffassung der FDA-Experten teilen, dass genügend andere Substanzen zur Verfügung stehen und mit Etoricoxib keine therapeutische Lücke geschlossen wird?
Zacher: Üblicherweise erfolgt die Zulassung von Arzneimitteln dann, wenn für die beantragte Diagnosenpalette die Wirksamkeit durch Studien hinreichend belegt ist und keine Sicherheitsbedenken bestehen. Es ist auch in den USA ein Novum, dass bei Zulassungsverfahren von Behörden der Aspekt, ob die Substanz eine therapeutische Lücke schließt, überhaupt eine Rolle spielt. In den USA steht als einziges Coxib die Substanz Celecoxib, ein Sulfonamid, zur Verfügung. Schon aus Gründen von möglichen Hautallergien scheint es sinnvoll, ein zweites Coxib zur Verfügung zu haben, das kein Sulfonamid ist. Aus diesem Grunde teile ich die Auffassung der FDA-Experten nicht.
DAZWie muss das kardiovaskuläre Risiko einer Etoricoxib-Behandlung eingestuft werden?
Zacher: Gerade für das Coxib Etoricoxib existieren die umfangreichsten Daten zur kardio-vaskulären Sicherheit von allen eingesetzten NSAR und Coxiben. Das kürzlich veröffentlichte MEDAL-Programm hat insbesondere aufzeigen können, dass die kardiovaskuläre Sicherheit von Etoricoxib vergleichbar ist wie von Diclofenac, dem in Europa und Deutschland am häufigsten eingesetzten NSAR. Aktuelle Metaanalysen [Kearney, P. M.; et al.: Brit. Med. J. 332 , 1302–1308 (2006)] aus allen prospektiv, randomisierten Studien zu den Coxiben zeigen, dass (mit Ausnahme des Naproxen) bezüglich der NSAR zu den Coxiben keine Unterschiede in den kardiovaskulären Nebenwirkungen bestehen. Naproxen wiederum hat die höchsten gastrointestinalen Nebenwirklungen. Wohl deshalb spielt Naproxen in Deutschland eine untergeordnete Rolle.
DAZHerr Professor Zacher, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Prof. Dr. med. Josef Zacher Ärztlicher Leiter Klinikum Buch Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Rheumatologie Hobrechtsfelder Chaussee 96 13125 BerlinDas Gespräch führte Dr. Doris UhlQuelleCannon, C. P.; et al.: Cardiovascular outcomes with etoricoxib and diclofenac in patients with osteoarthritis and rheumatoid arthritis in the Multinational Etoricoxib and Diclofenac Arthritis Long-term (MEDAL) programme: a randomised comparison. Lancet 368 , 1771-1781 (2006).
FDA Background Package for the Arthritis Advisory Committee Meeting, 12. April 2007, www.fda.gov.
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