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Biopharmazeutika auf dem Vormarsch

BERLIN (ks). Biotech-Medikamente gewinnen auch in Deutschland an Bedeutung. Ihr Potenzial für Patienten und die Gesellschaft insgesamt wird jedoch noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Wirtschaftliche Situation, Nutzen und Einsatz von Biopharmazeutika in Deutschland". Sie wurde von der Boston Consulting Group (BCG) für den VFA Bio – die Interessengruppe für Biotechnologie im Verband Forschender Arzneimittelhersteller – erstellt.

Aus der Behandlung chronischer und schwerer Erkrankungen wie Krebs, multipler Sklerose, rheumatoider Arthritis oder erblichen Stoffwechselstörungen sowie aus der Prävention sind Biopharmazeutika nicht mehr wegzudenken. Dies betonte Frank Mathias, VFA Bio-Vorsitzender und Geschäftsführer der Amgen GmbH, bei der Präsentation der Studie am 27. April in Berlin. Neben dem Nutzen für den einzelnen Patienten böten sie aber auch einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Dazu zählten etwa der Erhalt der Arbeitsfähigkeit, die Vermeidung hoher Kosten aufgrund von Behinderung, Hospitalisierung oder Pflege und – bei Impfungen – die Verhütung von Epidemien.

Ein Blick auf die Behandlung der multiplen Sklerose, einer häufigen Ursache für Behinderung und Erwerbsunfähigkeit, zeige das Potenzial von Biopharmazeutika: Im Behinderungsstadium 4 muss der Studie zufolge pro Patient mit einem jährlichen Produktivitätsverlust von 17.000 Euro gerechnet werden; hinzu kommen Therapie- und Pflegekosten von 23.000 Euro. Vergleichsweise gering sind dagegen die Kosten von 9000 Euro für eine früh begonnene Therapie mit immunmodulatorischen Biopharmazeutika, die die Behinderungen um Jahre hinauszögern können. Dennoch erreicht diese Therapie lediglich zwei Drittel der für diese Behandlung geeigneten Patienten. Auch bei der seit 2006 verfügbaren Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs sollte man nicht nur die Kosten der Impfung vor Augen haben, betonte Mathias: Die Durchimpfung aller in Frage kommender Mädchen in Deutschland würde rund 160 Mio. Euro kosten – würden dadurch nur 70% aller Erkrankungen verhindert, könnten jährlich 200 Mio. Euro gespart werden.

Handlungsempfehlungen

Laut BCG besteht noch Handlungsbedarf, um Patienten den Nutzen von Biopharmazeutika umfassend zukommen zu lassen. So müsse die Arzneimittelentwicklung beschleunigt und seltene Krankheiten verstärkt erforscht werden. Zudem müsse der Dokumentationsaufwand und der Budgetdruck auf die Ärzte verringert werden. Ärzte bräuchten mehr Sicherheit, dass ihnen bei Leitlinien-gerechtem Verordnen von Biopharmazeutika keine Regressforderungen entstehen. Überdies sollte Deutschland – wie andere EU-Länder – für seltene Erkrankungen "Compassionate use-Programme" vorlegen. Diese ermöglichen die Erstattung von Medikamenten, die nach erfolgreicher klinischer Prüfung noch im Zulassungsverfahren sind, aber schon jetzt von Patienten mit lebensbedrohlichen Krankheiten benötigt werden.

Die Branche boomt

Insgesamt blickt Mathias optimistisch in die Zukunft: 2006 erreichte der deutsche Umsatz mit Biopharmazeutika 3,13 Mrd. Euro und trägt inzwischen 12% zum Gesamtumsatz der Pharmabranche bei. 85 Biotech-Unternehmen haben hierzulande bereits erfolgreich Produkte auf den Markt gebracht oder eine Innovation in der Pipeline. In den kommenden Jahren dürfte der Studie zufolge die Bedeutung von Biopharmazeutika weiter wachsen: Die Zahl in klinischer Erprobung befindlicher Medikamente aus biopharmazeutischer Forschung hat sich 2006 um 23% auf 321 Medikamente erweitert. Ein Drittel dieser Präparate richtet sich gegen verschiedene Arten von Krebs.

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