Apothekertag Thüringen

Apothekenmarkt

Kettenkonzerne und Apothekenmarkt

Eine Bestandsaufnahme über die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen und die Entwicklungen am Apothekenmarkt stellte Patrick Hollstein von der Kommunikationsagentur El Pato dar. Er zeigte, wie sich der Markt in den vergangenen Jahren verändert hat. Und das, obwohl bislang kein Nachweis dafür erbracht werden konnte, dass eine Deregulierung des Apothekenmarktes Einsparungen für Gesundheitswesen und Verbraucher oder eine qualitativ bessere Versorgung nach sich zieht.

Europaweit gehen die Schätzungen von etwa 150.000 Apotheken aus, von diesen befinden sich derzeit rund 15.000 in Fremdbesitz und gehören zu einer Apothekenkette mit mehr als zehn Filialen. Davon gehören 6000 Apotheken zu drei großen Handelskonzernen. Mit Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien halten die Länder Europas mit den meisten Apotheken – zurzeit zumindest am – eingeschränkten Fremd- und/oder Mehrbesitzverbot fest. In Norwegen und den baltischen Ländern gehören dagegen etwa 80% der Apotheken einer Kette an; in Großbritannien besitzen Branchenriesen mehr als die Hälfte aller Apotheken. Noch vor zehn Jahren waren Apotheken in vielen EU-Ländern meist inhabergeführt. Heute gehört bereits jede zehnte Apotheke einer Kette an.

Europaweit lässt sich eine Vertikalisierung des Marktes beobachten. Große Pharmahandelskonzerne wie Celesio, Phoenix oder Alliance Boots versuchen sich so breit wie möglich aufzustellen: Durch die Integration der verschiedenen Handelsstufen innerhalb einer Konzerngruppe wird das Geschäft möglichst rational gestaltet. Wenn eine Kette erfolgreich sein soll, so muss eine Mindestgröße erreicht und ein möglichst kostengünstiges Einheitskonzept durchgesetzt werden. Um vor Ort schnell eine gewisse Mindestgröße zu erreichen, ist die Übernahme etablierter Ketten, Apothekenkooperationen oder Einzelapotheken eine gängige Methode, so Hollstein.

Geänderte Strukturen

Vor allem auf kleineren Märkten haben sich schnell Kettenstrukturen herausgebildet. In den ehemaligen Ostblockstaaten gab es nach dem Wegfall der staatlichen Strukturen und Regeln viele Veränderungen: Mit wenigen Ausnahmen sind in allen Ländern Fremd- und Mehrbesitzverbot gefallen. Auch im Westen stehen immer mehr selbstständige Apotheker vor der Entscheidung zwischen Unabhängigkeit und Angestelltenkarriere: Während in einigen Ländern die inhabergeführte Apotheke Bestandsschutz genießt, sind in Norwegen, Island, Belgien und den Niederlanden Fremd- und Mehrbesitzverbot in den vergangenen Jahren gefallen. In Großbritannien, Irland und in der Schweiz sind die Märkte seit jeher strukturell dereguliert. Darüber hinaus haben in allen Ländern unabhängige Apotheken Einkaufskooperationen gegründet oder sich Franchise-Konzepten angeschlossen, die häufig von Großhändlern geführt werden. Die einzelnen Märkte unterscheiden sich hinsichtlich Größe und Struktur zum Teil erheblich.

Überlegenheit nicht nachgewiesen

Obwohl auch in Deutschland politisch immer wieder der Ruf nach einer Deregulierung des Apothekenmarktes laut wird, gibt es bislang keinen stichhaltigen Beweis für eine volkswirtschaftliche oder qualitative Überlegenheit von Kettenapotheken gegenüber Einzelapotheken, wie Hollstein betonte. Auf die Preise hat die Marktfreigabe keineswegs den erhofften Effekt. Zwar schwanken in Ländern wie Irland und Norwegen die Preise für OTC-Produkte stärker als in Ländern ohne Fremd- und Mehrbesitz. Dauerhaft billiger geworden sind Medikamente jedoch nicht.

Dass der Apothekenmarkt kein gewöhnlicher Markt ist, haben auch die Gesundheitspolitiker anerkannt. In keinem Land in Europa warfen sie sämtliche Regularien zum Besitz oder Betrieb von Apotheken über Bord. An bestimmten regulatorischen Zugangsbarrieren wie Niederlassungsbeschränkungen, Mindestöffnungszeiten oder Personalvorgaben wird festgehalten. Eine totale Marktfreiheit – zumindest darin sind sich die meisten Beteiligten einig – verbietet sich jedoch im Gesundheitswesen.

ck

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