Arzneimittel und Therapie

Grippeimpfung bei Kindern

Totoder Lebendimpfstoff – Spritze oder Spray?

Eine nasale Grippeimpfung mit einem Lebendimpfstoff führt bei Säuglingen und Kleinkindern zu deutlich besseren Impfergebnissen als die Vakzinierung mit dem herkömmlichen Totimpfstoff. Bei unter einjährigen Kindern war dieser Benefit allerdings mit einer höheren Hospitalisierungsrate verbunden, was Kommentatoren zu einer zurückhaltenden Bewertung veranlasst.

Jüngere Kinder sind bei einer Grippeerkrankung besonders gefährdet, da eine Influenza im Kindesalter einen schweren Verlauf nehmen kann, was auch die erhöhte Hospitalisierungsrate bei Kleinkindern aufgrund einer Grippe widerspiegelt. Daher empfehlen amerikanische Beratungsgremien eine allgemeine Grippeimpfung bei Kindern im Alter von sechs bis 59 Monaten mit einem trivalenten inaktivierten Influenza-Impfstoff (Totimpfstoff). Diese Empfehlung wird unterschiedlich bewertet, unter anderem, weil der trivalente Impfstoff bei kleineren Kindern nur begrenzt wirksam ist, da diese noch keine Grundimmunität besitzen, auf welche die Impfung aufbauen kann. Eine mögliche Alternative ist die Impfung mit einer Lebendvakzine. Diese Lebendvakzine könnte aus folgenden Gründen eine Alternative für die herkömmliche Impfung werden: Sie zeigt bei Kindern eine höhere Wirksamkeit als die herkömmliche Vakzine, und sie kann nasal verabreicht werden, was dem Kind eine intramuskuläre Injektion erspart. Allerdings ist diese Vakzine nur für Kinder ab fünf Jahren zugelassen. Eine Impfung im früheren Alter erscheint aber sinnvoll, da kleine Kinder schwerer erkranken und als wichtige Vektoren der Grippeausbreitung gelten. Daher befasste sich eine große internationale Studie mit der Frage, ob dieser Impfstoff auch im Hinblick auf Effektivität und Sicherheit für Kleinkinder geeignet ist.

In einer großen internationalen Studie an 249 Zentren in 16 Ländern wurden knapp 8500 Kinder im Alter von sechs bis 59 Monaten im Verhältnis eins zu eins für eine der folgenden Impfungen randomisiert:

  • Totimpfstoff: Konventioneller, trivalenter inaktivierter Influenza-Impfstoff, enthält drei inaktivierte Virenstämme und wird intramuskulär appliziert (Fluzone® Vaxigrip®)
  • Lebendimpfstoff: Attenuierter Influenza-Impfstoff, enthält ebenfalls drei Influenza-Virenstämme und wird intranasal verabreicht (FluMist®).

Das Auftreten einer influenzaartigen Erkrankung wurde während der folgenden Grippesaison 2004 bis 2005 mit Hilfe von Kulturen überwacht.

7852 Kinder schlossen die Studie prüfplanmäßig ab. 153 Kinder, die den Lebendimpfstoff erhalten hatten, erkrankten an einer Influenza vs. 338 Kinder, die mit dem Totimpfstoff geimpft worden waren. Das heißt, durch die Verwendung der nasalen Vakzine traten knapp 55% weniger Grippeerkrankungen auf. Die überlegene Wirksamkeit des Lebendimpfstoffs wurde sowohl für antigenisch sehr ähnliche als auch gedriftete Viren beobachtet.

Gute Impfergebnisse und mehr Nebenwirkungen

Das bessere Impfergebnis mit der Lebendvakzine war allerdings bei Kindern unter einem Jahr mit einem vermehrten Auftreten unerwünschter Wirkungen verbunden. So war die Rate aller stationärer Einweisungen während der ersten sechs Monate nach der Impfung bei den sechs- bis elfmonatigen Kindern signifikant höher als bei den Kindern, die den Totimpfstoff erhalten hatten (6,1% vs. 2,6%; p = 0,002). Die Studie hatte keinen Placeboarm, so dass unklar bleibt, ob auch der konventionelle Impfstoff mit einer erhöhten Hospitalisierungsrate einhergeht. Auch hatten die Kinder, die mit der Lebendvakzine geimpft wurden, häufigere Episoden von Giemen (3,8% vs. 2,1%; p = 0,076). Die Pathogenese dieses Giemens (asthmatischer Atemgeräusche) ist noch unklar.

Studienbegleiter und Kommentatoren fordern weitere Studien, bis für die Impfung von Kleinkindern eine Empfehlung für die neue Vakzine ausgesprochen werden kann. Auch sollten Kinder unter vier Jahren, die an Asthma oder Giemen leiden, nicht mit der nasalen Vakzine geimpft werden.

Quelle

Belshe, R.; et al.: Live attenuated versus inactivated influenza vaccine in infants and young children. N. Engl. J. Med 356 , 685-696 (2007).

Cox, N.; et al.: Inactivated and live attenuated influenza vaccines in young children – how do they compare? N. Engl. J. Med. 356 , 729-731 (2007).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
FluMist® (Firma MedImmune) ist der erste Lebendimpfstoff gegen Grippe. Er enthält abgeschwächte, attenuierte Erreger von drei Influenza-Virenstämmen und induziert eine Immunantwort durch eine virale Replikation. Durch eine Kälteadaption (mittels Senkung der optimalen Temperatur zur Virusvermehrung) wurde das Impfvirus so verändert, dass es sich nur in der Nasenschleimhaut und nicht in der Lunge vermehren kann. Die Viren replizieren sich also nur in den oberen Atemwegen, wo eine Immunreaktion stimuliert wird, ohne eine Erkrankung auszulösen.
Die Impfung wird mit einem speziellen Applikator einmal nasal (je ein Stoß pro Nasenöffnung) appliziert. Der Impfstoff ist in den USA nur für gesunde Personen im Alter von fünf bis 49 Jahren zugelassen. FluMist® ist in Deutschland nicht zugelassen.
Die nächste Grippeimpfung? In den USA wird eine allgemeine Grippeimpfung bei Kindern im Alter von sechs bis 59 Monaten empfohlen. Doch was ist besser: Lebend- oder Totimpfstoff? Das bessere Impfergebnis mit der Lebendvakzine war bei kleinen Kindern mit einem vermehrten Auftreten unerwünschter Wirkungen verbunden.
Foto: AK Nordrhein/Müller-Bringmann

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