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Fortbildungskongress
Herzinsuffizienz
Eine schwere Krankheit wird unterschätzt
Das Herz eines Menschen leistet Schwerarbeit. Täglich befördert es 7000 l Blut durch den Körper, in 70 Jahren schlägt es 2,5 Milliarden Mal.
Wird die Muskulatur schwächer, sinkt seine Pumpleistung, das Blut staut sich in den Herzkammern und überdehnt den Herzmuskel. Durch die zunehmende Dehnung schließt die Mitralklappe nicht richtig, und das Blut fließt in den linken Vorhof zurück; es kommt zu einer Linksherzinsuffizienz. Hierbei steigt der Blutdruck im kleinen Kreislauf, Flüssigkeit wird in die Lungenbläschen gedrückt, und im schlimmsten Fall entwickelt sich ein Lungenödem mit Atembeschwerden und Luftnot. Patienten im schwersten Stadium (NYHA IV) haben bereits beim Sprechen Atembeschwerden.
Bei einer isolierten Rechtsherzinsuffizienz kommt es zu einem Rückstau im venösen System, Fußrücken und Knöchel schwellen an, und im Bauch staut sich das Wasser. Durch den erhöhten Venendruck vergrößert sich außerdem die Leber.
In Europa leiden rund 14 Millionen Menschen an einer chronischen Herzinsuffizienz. Insgesamt muss jeder fünfte Einwohner in Deutschland damit rechnen, im Laufe seines Lebens an einer Herzschwäche zu erkranken. Mit dem Alter steigt das Risiko: Bei den über 75-Jährigen sind mindestens 10 % betroffen.
Die Prognose dieser Erkrankung ist schlechter als die vieler Krebsarten. Dennoch ist die Herzinsuffizienz in der Bevölkerung kaum bekannt und wird auch nicht als sehr bedrohlich wahrgenommen. Dietz betonte, wie wichtig Aufklärung ist, denn "nur aufgeklärte Patienten gehen rechtzeitig zum Arzt".
Die Therapie: mit Digitalis fing es an
Schon 1785 wurde Digitalis zur Behandlung der Herzinsuffizienz entdeckt. 200 Jahre lang gab es keine weiteren Fortschritte in der Arzneimitteltherapie, bis dann 1950 die Diuretika eingesetzt wurden.
Unter der Therapie mit Digitalis ging es den meisten Patienten zwar besser, aber die Gesamtsterblichkeit verringerte sich nicht. Dietz führte das darauf zurück, dass Digitalis vor allem bei leichtgewichtigen Frauen meistens überdosiert wird. "Viele Patienten waren extrem hoch digitalisiert und sahen dann alles gelb", beschrieb Dietz die Folgen einer Digitalisvergiftung. Als Folge kam es zu malignen Rhythmusstörungen, an denen viele Patienten starben.
Die wichtigste Therapieoption bei Herzinsuffizienz sind heute Diuretika. Sie verbessern die Symptomatik, allerdings sei fraglich, ob sie auch die Mortalität senken, meinte Dietz. Diuretika sollten wenn möglich immer mit ACE-Hemmern kombiniert werden. ACE-Hemmer können die Prognose einer Herzinsuffizienz deutlich verbessern, wie in mehreren klinischen Studien gezeigt wurde.
Betablocker galten früher bei der Herzinsuffizienz als kontraindiziert. Heute sind sie nach den ACE-Hemmern der zweitwichtigste Pfeiler der Therapie. Derzeit werden Bisoprolol, Carvedilol und Metoprolol zur Behandlung der Herzinsuffizienz verwendet.
Nur noch kleine Zusatzeffekte zu erwarten
Eine neue Behandlungsoption ist die Kombination von ACE-Hemmern mit Angiotensin-1-Rezeptorenblockern. Durch diese zweifache Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems kann das Risiko einer Herzinsuffizienz weiter gesenkt werden. Ob weitere Arzneimittel zukünftig das Risiko über die Effekte von Betablockern und ACE-Hemmern hinaus noch weiter deutlich senken können, hielt Dietz für fraglich.
Statine haben in kleineren Studien bei der Behandlung der Herzinsuffizienz einen möglichen Zusatznutzen zu den etablierten Arzneimitteln gezeigt. Eine neue Substanz in der Entwicklung ist der Renin-Inhibnitor Aliskiren, der momentan zur Blutdrucksenkung und auch zur Behandlung der Herzinsuffizienz erprobt wird.
Zebrafische und Molche können zerstörte Herzmuskeln aus Stammzellen neu bilden. So weit ist der Mensch jedoch nicht. Bisherige Versuche mit dem intrakoronaren Transfer von Stammzellen aus Knochenmark in den Herzmuskel waren bisher nicht erfolgreich. hel
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