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Praxis aktuell
Gemeinsames Statement von DPhG und APV
Wann Tabletten geteilt werden dürfen
Da es immer häufiger vorkommt, dass Patienten – aus den unterschiedlichsten Gründen – ihre Tabletten teilen, auch auf Anraten des Arztes, sehen sich die Fachgesellschaften DPhG (Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft) und APV (Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik) veranlasst, mit dem nachfolgenden gemeinsamen Statement einige wichtige Hinweise hierzu zu veröffentlichen.
Das Teilen von Tabletten ist gängige Praxis in Deutschland. Ärzte nutzen die zusätzlichen Dosierungen, Patienten schätzen Einsparungen bei der Zuzahlung. Das Teilen von Tabletten hat aber nicht nur Vorteile, sondern birgt auch Risiken. Manche Tabletten lassen sich schlecht teilen, andere dürfen überhaupt nicht geteilt werden. Je nach Arzneistoff können beim Teilen Stäube entstehen, die Patienten oder Personal gefährden können. Eine geteilte Tablette lässt sich zudem durch die Bruchkanten deutlich schlechter schlucken. Da Fachinformation und Beipackzettel nicht immer Angaben zur Teilbarkeit enthalten, sollte zur Sicherheit ein Apotheker konsultiert werden.
Die Teilbarkeit stellt ein wichtiges Qualitätsmerkmal für Tabletten dar. Zu Recht enthält das Europäische Arzneibuch seit 1997 in seiner Tabletten-Monographie eine Prüfung auf Teilbarkeit. Das Thema Teilbarkeit von Tabletten ist relevant für die ärztliche Praxis. Eine Studie der Universität Heidelberg hat 2006 ergeben, dass etwa ein Viertel aller Tabletten in Deutschland von ambulant behandelten Patienten vor der Einnahme geteilt wird. Seit Einführung der DDD bei den am häufigsten verordneten Arzneistoffgruppen werden deutlich mehr Tabletten geteilt als früher. 8,7 % dieser geteilten Tabletten enthielten aber keine Bruchkerbe, und 3,8 % hätten gar nicht geteilt werden dürfen. In der Praxis kann es zu gefährlichen Über- oder Unterdosierungen mit gesundheitlichen Risiken für die Patienten kommen.
Tabletten dürfen bzw. dürfen nicht geteilt werden, wenn sich in der Fachinformation und im Beipackzettel dazu ein entsprechender Hinweis findet. Häufig fehlt jedoch eine klare Aussage zur Teilbarkeit. Kerben oder Rillen auf den Tabletten sind kein eindeutiger Hinweis auf die Teilbarkeit, denn in manchen Fällen sind sie nicht zum Teilen der Tabletten vorgesehen, sondern um Tabletten zu unterscheiden, die Tablette zu stabilisieren oder einfach als "Schmuckkerbe". Schon das unsachgemäße Teilen von zur Teilung geeigneten Tabletten führt diversen Untersuchungen zufolge zu Abweichungen im Tablettensollgewicht, die außerhalb der von den Arzneibüchern berechtigt geforderten Grenzen liegen. In diesen Fällen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Teilstücke der Tabletten sich bioäquivalent verhalten. Bei nicht geeigneten Tabletten und unsachgemäßem Vorgehen sind die Auswirkungen noch deutlicher.
Tabletten ohne Bruchkerben dürfen in der Regel nicht geteilt werden. Sie enthalten häufig einen Überzug (Filmtablette, Dragee), der durch das Teilen zerstört würde. Dient der Überzug der Verlängerung der Arzneistofffreisetzung (Retardierung), kommt es zu einer verfrühten Freisetzung großer Wirkstoffmengen und möglicherweise zu Überdosierungen. Besteht der Überzug aus einem magensaftresistenten Filmbildner, kann nach Teilen der Tablette der Wirkstoff durch das saure Magenmilieu zerstört werden oder umgekehrt die Magenschleimhaut schädigen. Das Teilen verbietet sich auch dann, wenn eine komplexe Tablettenstruktur zerstört würde. Zum Beispiel bestehen Mantel- oder Zweischichttabletten aus einem Kern (bzw. einer Schicht), der den Wirkstoff in Retardform enthält, sowie aus einem Mantel (bzw. einer weiteren Schicht), der den Wirkstoff schnell freigibt. Ein Teilen dieser Tabletten hätte eine veränderte Pharmakokinetik mit nicht reproduzierbaren Blutspiegeln zur Folge.
Fehlen entsprechende Angaben zur Teilbarkeit in der Fachinformation und im Beipackzettel, kann nur der Fachmann (Apotheker) aufgrund des galenischen Aufbaus des Arzneimittels beurteilen, ob der Arzt die Tablette zum Teilen verordnen kann. In diesen Fällen sollte der Arzt einen Apotheker zu Rate ziehen, denn nur dieser kann aufgrund seiner wissenschaftlichen Ausbildung in der pharmazeutischen Technologie kompetent Auskunft geben. Der Apotheker spielt außerdem eine wichtige Rolle in der Beratung und Betreuung des Patienten, wenn es darum geht, wie man welche Tablette am besten teilt, um möglichst gleichförmige Bruchstücke ohne Substanzverlust zu erhalten (siehe Abb.). Die Teilung mit der Hand erfordert oft einen hohen Kraftaufwand und viel Geschick. Auf dem Markt sind spezielle Hilfsmittel, Tablettenteiler, erhältlich, die allerdings auch nicht präziser teilen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Thema "Teilbarkeit von Tabletten" in der Praxis eine bedenkliche Rolle spielt, weil unsachgemäßes Teilen häufig vorkommt und es große gesundheitliche Risiken für die Patienten birgt. Die für das Gesundheitssystem resultierenden Folgekosten können bei unsachgemäßer Teilung deutlich höher sein als die vordergründigen Spareffekte. DPhG und APV fordern daher, dass eine Teilung von Tabletten nur in den dafür vorgesehenen Fällen durchgeführt wird und aus diesem Grund alle Fachinformationen und Beipackzettel von Tabletten deutliche Angaben zur Teilbarkeit enthalten müssen. Um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten, sollte bei dieser und ähnlichen Fragestellungen die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker verstärkt werden.
Prof. Dr. Jörg Breitkreutz, Fachgruppe Ausbildung und Wissenschaft der APV; Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Präsidentin der DPhG; Prof. Dr. Peter Kleinebudde; Präsident der APV; Dr. Kurt Michel, Schatzmeister der DPhG; Dr. Anke Ritter, Vizepräsidentin der DPhG; Dr. Frank Stieneker; Leiter der APV-Geschäftsstelle
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