Arzneimittel und Therapie

Suizidgefahr

FDA-Gutachter sprechen sich gegen Rimonabant aus

Ein 14-köpfiges Gutachtergremium der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA hat sich einstimmig gegen die Zulassung von Rimonabant (Zimulti® , in Deutschland Acomplia®) zur Gewichtsreduktion ausgesprochen. Den Ausschlag dürften neurologische und psychiatrische Nebenwirkungen und eine erhöhte Suizidgefahr unter Rimonabant gegeben haben. Es gilt als wahrscheinlich, dass die FDA der Empfehlung folgen wird.

Rimonabant ist seit Mitte 2006 europaweit zur Gewichtsreduktion zugelassen. In Deutschland steht es seit September 2006 unter dem Namen Acomplia® zur Verfügung. Zielgruppe sind Patienten mit einer Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m2) oder übergewichtige Patienten (BMI > 27 kg/m2), die darüber hinaus einen oder mehrere Risikofaktoren wie Typ-2-Diabetes oder Dyslipidämie aufweisen.

Rimonabant ist ein Antagonist des Endocannabinoid-Rezeptors CB1, der sich sowohl im Gehirn als auch in der Peripherie befindet. Er wird durch endogene Cannabinoide aktiviert, die damit ihrerseits vielfältige Wirkungen auslösen können. Vor kurzem wurde über entzündungshemmende und antiallergische Wirkungen der Endocannabinoide in der Haut berichtet (siehe Seite 8 in dieser Ausgabe der DAZ). CB1-Rezeptoren sind an der körpereigenen Regulation der Nahrungsaufnahme, des Lipid- und des Glucosemetabolismus beteiligt. So wird beispielsweise der CB1-Rezeptoragonist Dranabinol zur Appetitanregung bei Tumorkachexie eingesetzt. Der CB1-Rezeptorantagonist Rimonabant hingegen ist in der Lage, den Appetit zu zügeln und dient daher zur Gewichtsreduktion.

Störungen führen zu Depressionen

Das Endocannabinoid-System ist allerdings auch an der Steuerung von Emotionen beteiligt. Immer mehr zeichnet sich ab, dass neuropsychiatrische Erkrankungen in engem Zusammenhang mit Störungen im Endocannabinoid-System stehen. Es gilt als wahrscheinlich, dass sie an der Auslösung von Depressionen und Suizidgedanken beteiligt sind.

Erhöhte Suizidrate unter Rimonabant

Die FDA hat daher im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Rimonabant eine ausführliche Analyse der Studien in Bezug auf neurologische und psychiatrische Nebenwirkungen veranlasst. Nach einer verblindeten Auswertung der Rohdaten 13 abgeschlossener Studien mit rund 15.000 Patienten war die Suizidalität unter Rimonabant (20 mg/d) im Vergleich zu Placebo signifikant erhöht (Odds Ratio 2,0). Im gesamten Studienprogramm sind unter Rimonabant zwei vollendete Suizide bekannt geworden. Das relative Risiko für psychiatrische und neurologische Störungen wie Angst, Depression, Schwindel und Gedächtnisstörungen ist ebenfalls unter Rimonabant gestiegen.

Insgesamt traten in den klinischen Studien bei 26% der Teilnehmer unter Rimonabant psychiatrische Störungen auf, unter Placebo waren 14% der Teilnehmer davon betroffen. Depressionen wurden in der Rimonabant-Gruppe bei 9% der Patienten registriert, in der Placebo-Gruppe bei 5%. Etwa 50% der Teilnehmer sowohl aus der Rimonabant- als auch der Placebo-Gruppe schieden vorzeitig aus den Studien aus. Dabei gaben Rimonabant-Teilnehmer häufiger Angst, Depression und depressive Verstimmungen als Grund für den Studienabbruch an als Placebo-Patienten. Vor diesem Hintergrund könnte das Suizidrisiko unter Rimonabant noch deutlich höher ausfallen.

FDA entscheidet Ende Juli

Die Empfehlung des FDA-Gutachtergremiums, Rimonabant in den USA nicht zur Gewichtsreduktion zuzulassen, fiel überraschend eindeutig aus. Am 27. Juli wird die FDA endgültig über die Zulassung entscheiden. Es wird davon ausgegangen, dass sie der Empfehlung folgen wird.

Andere Risikobewertung durch EMEA

Auch der EMEA (European Agency for the Evaluation of Medical Products) war bei der Zulassung bewusst, dass unter Rimonabant neuropsychiatrische Nebenwirkungen auftreten können. Sie kam jedoch zu einer anderen Risikobewertung als das Gutachtergremium der FDA. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurden bislang 86 Berichte zu Rimonabant zugeleitet, 40 betrafen psychiatrische Komplikationen, darunter sechs Berichte zur Suizidalität. Nach Auskunft des BfArMs bewegt sich die Zahl der Meldungen im Rahmen der Erwartungen. Wie zu erfahren war, stand Rimonabant auf der Tagesordnung des Junitreffens des zuständigen Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) innerhalb der EMEA. Ob die CHMP zu einer anderen Beurteilung gekommen ist, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Quelle

FDA Briefing Document NDA 21-888 Zimulti (rimonabant) Tablets, 20 mg. www.fda.gov

FDA: Keine Zulassung für Rimonabant in den USA. aerzteblatt.de; 14. Juni 2007.

Suizidalität unter Rimonabant (Acomplia®) – Zulassung in den USA unwahrscheinlich. blitz-arzneitelegramm; 14. Juni 2007.

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Rimonabant (Acomplia®) ist bei uns zur Behandlung von Adipositas und Übergewicht bei Patienten mit Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder Dyslipidämie zugelassen. Da unter Rimonabant Depressionen auftreten können, wird bei Patienten mit einer unkontrollierten schweren psychiatrischen Erkrankung wie einer Major Depression von Rimonabant abgeraten. Auch Patienten, die mit Antidepressiva erhalten, sollten wegen mangelnder Erfahrung nicht mit Rimonabant behandelt werden.
Quelle: Rimonabant. Neue Arzneimittel – Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung; Januar 2007.

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