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Dermatologie
Tinea pedis und Onychomykose
Weit verbreitet ist auch die Mikrosporie durch Microsporum canis von Katzen sowie die Trichophytie durch Trichophyton mentagrophytes von Meerschweinchen und Kaninchen. Die Mikrosporie wird häufig aus dem Urlaub (südliches Europa) eingeschleppt. Auch Einwanderer bereichern das Spektrum der Erreger und der Krankheiten. Infektionen wie der Favus (T. schoenleinii) oder die Waisenhauskrankheit (M. audouinii) kehren nach Europa zurück. Aufgrund der hohen Aktualität und der Spitzenstellung von Fuß- und Nagelmykosen in der Selbstmedikation ist die vorliegende Arbeit zunächst dieser Thematik gewidmet.
Infektionen der Haut und der Nägel durch Pilzerreger sind meist eindeutig erkennbar und somit eine Blickdiagnose. Leichte bis mittelschwere Erkrankungen der Haut und der Nägel können stets lokal mit Präparaten aus der Selbstmedikation behandelt werden. Ausgedehnte Fälle der Tinea pedis und Nagelinfektionen mit einem Befall von mehr als zwei Drittel der Nageloberfläche bzw. Patienten mit mehr als drei erkrankten Nägeln gleichzeitig erhalten zusätzlich systemische Antimykotika.
In der Apotheke besteht keine Möglichkeit, den Erreger zu ermitteln. Da die Palette der Erreger aus Dermatophyten, Hefen und/oder Schimmelpilzen sehr weit ist, müssen in der Selbstmedikation Präparate mit hoher Wirksamkeit und breitem Wirkspektrum verwendet werden. Diesen Anforderungen genügen Bifonazol gegenüber Terbinafin (Cremes) und Ciclopirox gegenüber Amorolfin bei den Lacken. Die Wirkspektren der wichtigsten topischen Antimykotika sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Tinea pedis wird zu oft und lange verschwiegen
Dass man sich mit einem Dermatophyten infiziert hat, merkt man schnell an den typischen Symptomen: Es besteht ein Juckreiz (Ausnahme: Diabetiker!), die Haut ist rot, schuppt und sieht gelegentlich aus wie "gekochtes Fleisch". Etwa zwei Drittel der Fußpilzpatienten behandeln sich nicht. Bei vielen Patienten breitet sich die Infektion von den Zehenzwischenräumen auf Fußsohle, -rücken oder Ferse aus. Da Fußpilz hochgradig ansteckend ist, sind die Betroffenen damit Infektionsquellen für sich selbst und für andere. Das begünstigt die Ausbreitung der Infektion von Fuß bis Kopf und von Mensch zu Mensch. Bei Diabetikern besteht zudem die Gefahr von bakteriellen Komplikationen.
Im Bemühen, die Compliance der Patienten zu verbessern, wurde kürzlich eine Ein-Tages-Therapie mit einer Terbinafin-1%-Einzeldosisformulierung (Lamisil® Once) eingeführt. Da sie als "Revolution" ausgelobt wird und damit falsche Hoffnungen weckt, bedarf sie einer kritischen Beurteilung.
Prinzipiell könnten Ein-Tages-Behandlungen durch den Aufbau eines stabilen Depots funktionieren. Die Haut ist in dieser Hinsicht jedoch ein antagonistisches System. Sie wächst schnell und ist mit Schweiß gesättigt. Somit treibt sie Fremdkörper jeglicher Art permanent ab. Nicht wasserlösliche und nicht wasserfeste Substanzen wie Terbinafin sind dabei besonders empfindlich. Der Patient soll sich daher die Füße 24 Stunden nicht waschen. Das ist durchaus machbar. Doch kein Entkommen besteht gegenüber dem Schweiß, der bei den meisten Patienten bekanntlich der wichtigste Faktor für das Entstehen einer Fußmykose ist und reichlich produziert wird. Zu beachten sind auch die Besonderheiten der Erreger.
Einem Verwandlungskünstler gleich bildet Trichophyton rubrum, der häufigste Erreger, therapieresistente Sporen, die nur alle drei bis fünf Tage auskeimen. Aus all diesen Gründen sollte man grundsätzlich immer zu langfristigen Therapien raten, unabhängig von der Substanz. Eine Studie hat außerdem gezeigt, dass mehr als 50% aller Patienten, die in der Apotheke Rat suchen, erst in fortgeschrittenen Stadien kommen, mit Befall aller Zwischenräume, der Sohle und der Fußränder. In solchen Fällen sind einmalige Behandlungen fast immer erfolglos. Die Grenzen der Selbstmedikation sind erreicht:
- bei Nichtansprechen auf Präparate wie Bifonazol oder Terbinafin trotz täglicher Anwendung innerhalb von drei Wochen und
- wenn die Infektion bereits die Extremitäten, Leisten, Hände oder freie Haut des Oberkörpers befallen hat.
Eine Onychomykose ist langwierig zu behandeln
Von allen Pilzinfektionen ist die Erkrankung der Nägel die hartnäckigste und die am schwierigsten zu behandelnde. Die hohe Beratungskompetenz in den Apotheken ist gerade hier von besonderem Wert. Die Onychomykose ist häufig die Folge einer nicht behandelten Fußmykose. Besonders kleine Verletzungen des Nagelbetts begünstigen einen Pilzbefall der Nägel. Bei Sportlern (Fußball, Joggen, Tennis oder Tanz) kann sie aufgrund spezieller Umstände auch isoliert auftreten.
Einen Nagelpilz erkennt man zuerst am Verlust der Durchsichtigkeit der Nagelplatte. Der Erreger wächst entweder von vorne oder seitlich in den Nagel hinein. Manche Nägel zerfallen später, andere werden dick und verursachen Schmerzen beim Gehen. Die erkrankten Nägel sind oft unansehnlich und somit auch ein kosmetisches Problem.
Wird rechtzeitig behandelt, ist eine lokale Therapie in der Regel ausreichend. Voraussetzung für den Heilerfolg ist die Beseitigung der vom Pilz infizierten Nagelsubstanz. Es bestehen folgende Möglichkeiten:
• Extraktion des Nagels. Diese Methode ist abzulehnen, weil unklar ist, ob der Nagel wieder wächst und sich nicht sofort wieder neu infiziert.
• Laser. Dieses Verfahren bleibt erfahrenen Ärzten vorbehalten und bedarf einer vorherigen Anästhesie. Im Nachhinein entstehen Schmerzen. Komplikationen wie Nagelbettverengungen sind keine Seltenheit.
• Fräsen. Diese Methode gilt als Voraussetzung für eine erfolgreiche Lackbehandlung. Sie ist jedoch für den Kunden mit zusätzlichen Kosten verbunden. Häufig wird zudem nur oberflächlich abgetragen und nicht immer steril gearbeitet.
• Harnstoff 40% in Kombination mit Bifonazol. Diese Methode ist der Goldstandard der Selbstmedikation. Sie ist geeignet für Patienten, die selbst behandeln und Kosten sparen wollen. Der Harnstoff beseitigt die infizierte Nagelsubstanz chemisch. Unter Eigenkontrolle und Steuerung des Kunden kann damit so tief und gründlich wie möglich behandelt werden. Der Wirkstoff Bifonazol gelangt mit hoher Effizienz zum Infektionsort und erfasst aufgrund seines breiten Spektrums alle relevanten Erreger.
Die Zwei-Komponenten-Therapie vereint zwei Schritte in einem, die atraumatische Entfernung des Nagels und die antimykotische Therapie. Sie ist geeignet zur Behandlung einzelner Nägel mit einem Befallsgrad bis zu zwei Drittel des Nagels und von maximal drei Nägeln gleichzeitig.
Die Möglichkeiten der Selbstmedikation stoßen an ihre Grenzen, wenn ganze Nägel oder mehr als drei Nägel gleich‑ zeitig befallen sind. Bei diesen Patienten ist eine zusätzliche innere Therapie notwendig (siehe Tab. 2).
Da der Einsatz systemischer Antimykotika nicht ohne Sicherung der Diagnose und die genaue Bestimmung des Erregers erfolgen darf, ist sie eine ärztliche Aufgabe.
Von grundsätzlicher Bedeutung ist, dass die systemische Therapie nie ohne gleichzeitige topische Therapie erfolgen sollte. Der Grund hierfür liegt in den pharmakologischen Defiziten der systemischen Antimykotika. Itraconazol erreicht nur Heilungsraten von 40 (drei Zyklen) bis 60% (vier Zyklen). Jeder Kunde sollte auf diesen Umstand aufmerksam gemacht und dahingehend beraten werden. In schwierigen Fällen ist es ratsam, den Erreger "in die Zange" zu nehmen, von innen und von außen. Dabei schließen die topischen und systemischen Präparate einseitig bestehende Diffusionslücken. Wegen der besseren Resorption werden heute Fluconazol und Terbinafin gegenüber Itraconazol bevorzugt. Auch bei der Onychomykose kommt es darauf an, lang genug zu behandeln. Moderne Therapiekonzepte sehen vor, Fluconazol (150 mg), Terbinafin (250 mg) und Itraconazol (400 mg) mit wöchentlichen Einmalgaben bis zum vollständigen Herauswachsen eines gesunden Nagels einzusetzen. Dies dauert in der Regel ein Jahr.
Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. habil. Hans-Jürgen Tietz, Institut für Pilzkrankheiten Luisenstr. 50, 10117 Berlin tietz@institut-fuer-pilzkrankheiten.deTab. 1: Die häufigsten Erreger von Tinea pedis und Onychomykose sowie ihre Empfindlichkeit gegenüber Bifonazol, Terbinafin, Ciclopirox und Amorolfin. | ||||
Erreger |
topische Antimykotika |
|||
Bifonazol |
Terbinafin |
Ciclopirox |
Amorolfin |
|
T. rubrum |
+ |
+ |
+ |
+ |
T. interdigitale |
+ |
+ |
+ |
+ |
C. albicans |
+ |
+/-* |
+ |
-** |
S. brevicaulis |
+ |
+/-** |
+ |
- |
+ wirksam; - nicht wirksam
* Wirkung gegenüber C. albicans
nur in der Myzelphase, gegen andere Hefen nicht
** nur einige Stämme sind sensibel, gegenüber anderen Schimmelpilzen wie Aspergillen
unwirksam
|
- in Schwimmbad, Sauna oder Hotelzimmer Badeschuhe tragen
- hat ein Familienmitglied Fußpilz, auch zu Hause nicht barfuß laufen
- täglich Socken wechseln
- Schuhe immer mindestens einen Tag auslüften lassen
- bei Schuhen auf Luftdurchlässigkeit und ausreichende Weite achten
- täglich Füße waschen (pH-neutrale Syndets erhalten den schützenden Säuremantel der Haut)
- regelmäßige, schonende Nagelpflege, Nagelbett mit Fettcreme pflegen, Nagelhaut nicht verletzen
- Nagellack nicht mit Aceton entfernen (Aceton greift Nagelplatte an)
Tab. 2: Anwendung der drei aktuellen systemischen Antimykotika zur Therapie der Onychomykose in Abhängigkeit von der Erregerart. | |||
Fluconazol |
Terbinafin |
Itraconazol |
|
Spezies |
T. rubrum
C. albicans
|
T. rubrum T. mentagrophytes |
T. rubrum
C. albicans
S. brevicaulis
|
1. Woche täglich |
150 mg |
250 mg |
400 mg |
nachfolgend eine Dosis pro Woche bis zur vollständigen Heilung |
150 mg |
250 mg |
400 mg |
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