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EU-Verordnung
Strenge Regeln für Werbung mit "gesunden" Lebensmitteln
BERLIN (ks). Die Lebensmittelindustrie vermittelt den Verbrauchern gerne, dass ihre Produkte gesund und bedenkenlos zu genießen sind: Joghurt, der die Abwehrkräfte stärkt, fettarme Gummibonbons und Kekse mit besonders hohem Ballaststoffgehalt sind in Supermärkten allgegenwärtig. Doch künftig dürfen Hersteller nährwert- und gesundheitsbezogene Werbeaussagen nur noch nutzen, wenn sie wissenschaftlich belegt sind. Dies regelt eine seit dem 1. Juli unmittelbar und EU-weit geltende Verordnung. Ihre Vorgaben werden nach Ablauf einer Übergangsfrist im Jahr 2010 verbindlich.
Die EU will die Verbraucher besser vor irreführender Werbung im Bereich der Nahrungsmittel schützen. Daher müssen sich die Hersteller von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln ab sofort an die gesetzlichen Vorgaben der EU-Verordnung zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben ("Health and Nutriton Claims") halten. Dafür müssen sie sich gehörig umstellen. Während die Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen bislang weitgehend erlaubt war und erst verboten werden musste, wenn sie sich als falsch herausstellte, gilt nun ein umgekehrtes Prinzip: Gesundheitsbezogene Aussagen sowie Angaben über die Reduzierung von Krankheitsrisiken ("Calcium kann das Osteoporoserisiko senken") sind künftig nur noch zulässig, wenn sie zuvor in einer Art "Positivliste" erlaubt wurden. Diese Liste, die alle zulässigen und wissenschaftlich anerkannten Hinweise zu gesundheitlichen Nutzen von Lebensmitteln aufführen soll, wird derzeit von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) mit Unterstützung der Mitgliedstaaten erarbeitet. Nur wenn ein Hersteller mit wissenschaftlichen Studien nachweisen kann, dass sein Produkt Gesundheitsvorteile verspricht, erhält er die Zulassung, mit entsprechenden Aussagen werben zu dürfen.
Nicht zuletzt geht es dabei auch darum, die verschwimmende Grenze zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln wieder klarer zu ziehen. Hersteller von Produkten mit angeblich oder tatsächlich gesundheitsfördernden Wirkungen haben diese in der Vergangenheit vorzugsweise als Lebensmittel auf den Markt gebracht, um die strengen arzneimittelrechtlichen Vorgaben nicht erfüllen zu müssen. Diese Hersteller werden es künftig schwerer haben, ihre potenzielle Kundschaft mit verheißungsvollen Werbeaussagen zu umgarnen. Ausdrücklich verboten bleibt nach der Verordnung die Aussage, dass ein Lebensmittel zur Behandlung einer Krankheit geeignet ist.
Einheitliche Definitionen für Europa
Auch wenn die "Positivliste" noch in der Entstehung ist: Die Definitionen von 24 nährwertbezogenen Angaben – z. B. "fettarm", "zuckerarm" oder "ballaststoffreich" – sind in der EU-Verordnung bereits verbindlich festgelegt. So ist die Bezeichnung "fettarm" nur zulässig, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln weniger als 3 g Fett pro 100 g oder weniger als 1,5 g Fett pro 100 ml im Fall von flüssigen Lebensmitteln enthält (1,8 g Fett pro 100 ml bei teilentrahmter Milch). Die Angabe, ein Lebensmittel sei "zuckerarm", ist nur erlaubt, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln nicht mehr als 5 g Zucker pro 100 g oder im Fall von flüssigen Lebensmitteln 2,5 g Zucker pro 100 ml enthält.
Neu: Nährwertprofile
Darüber hinaus werden in den kommenden zwei Jahren als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben so genannte Nährwertprofile erarbeitet. Diese geben vor, welchen Gehalt an Fett, Zucker und Salz und anderen Nährstoffen ein Lebensmittel haben darf, wenn es mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden soll. So soll beispielsweise verhindert werden, dass Verbrauchern Joghurt als "fettarm" oder Bonbons als "vitaminreich" angepriesen werden, ihr hoher Zuckergehalt aber unter den Tisch gekehrt wird. Stehen die Nährwertprofile erst einmal, kann eine nährwert- und gesundheitsbezogene Werbung für ein Lebensmittel, das diesen Vorgaben nicht entspricht, ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt der Werbeaussage verboten werden.
Kennzeichnungist nicht alles
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) begrüßt die neue EU-Verordnung grundsätzlich, da sie dem Verbraucher eine Hilfestellung bei der Lebensmittelauswahl sein könne. Allerdings könne die umfangreiche Kennzeichnung allein keine Verbesserung des Ernährungsverhaltens bzw. des Lebensstils bewirken. Eine flächendeckende Verbraucheraufklärung und -bildung sei daher weiterhin erforderlich, heißt es bei der DGE.
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